Mehr Sicherheit für gefährliche Güter auf der Schiene

Bern, 27.06.2002 - Ab 2003 soll Gefahrengut auf der Schiene noch sicherer transportiert werden; untragbar hohe Risiken werden schrittweise bis 2010 eliminiert. Eine entsprechende Erklärung haben heute Umwelt- und Verkehrsminister Moritz Leuenberger, Benedikt Weibel, Vorsitzender der Geschäftsleitung SBB, sowie Beat Moser, Direktor der Gesellschaft für chemische Industrie SGCI, unterschrieben. Die vorgesehenen Massnahmen umfassen freiwillige Vorkehrungen seitens Chemie und SBB sowie gesetzliche Anpassungen zur Erhöhung der Sicherheit.

Ziel des heute unterzeichneten Massnahmenpakets ist es, diejenigen Risiken beim Gefahrenguttransport auf der Schiene zukünftig möglichst auszuschliessen, die als untragbar hoch eingeschätzt werden. Dies trifft auf 34 Kilometer der Schweizer Bahnstrecken zu (siehe Kasten): Die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls ist hier zwar klein, mögliche Schäden an Mensch und Umwelt sind aber als sehr hoch einzustufen. Das Paket zur Erhöhung der Sicherheit ist im Auftrag des UVEK unter der Leitung des BUWAL erarbeitet worden, zusammen mit Vertretern von Bundesbehörden (Bundesamt für Verkehr, BAV, und Bundesamt für Strassen, ASTRA), den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) sowie der Schweizerischen Gesellschaft für chemische Industrie (SGCI).

Freiwillige Massnahmen und gesetzliche Anpassungen

Erste Massnahmen werden so rasch wie möglich ergriffen: Ab dem 1. Januar des nächsten Jahres verzichtet die schweizerische chemische Industrie eigenverantwortlich auf den regelmässigen Binnentransport von Chlor in Kesselwagen, unter anderem zwischen der Nordwestschweiz und dem Wallis. Allein dadurch wird der Chlortransport in der Schweiz um etwa 25 Prozent reduziert. Ebenfalls bis am 1. Januar 2003 rüsten die SBB freiwillig 623 bei ihr eingestellte Kesselwagen mit Entgleisungsdetektoren aus.

Die gesetzlichen Massnahmen umfassen betriebliche Sonderbehandlungen, verbesserte Kesselwagen sowie Verbote (vgl. gemeinsame Erklärung). Für die beiden toxischen Gase Chlor und Schwefeldioxid werden die Risiken schrittweise reduziert: Ab Anfang 2006 dürfen die erwähnten Gefahrenstoffe nur noch unter verschärften Voraussetzungen (Sonderfahrten oder spezielle Kesselwagen) transportiert werden, ab Anfang 2010 sind ausnahmslos spezielle Kesselwagen einzusetzen, die deutlich sicherer sind. Im weiteren wird sich die Schweiz auch auf internationaler Ebene für die sicherheitstechnische Verbesserung von Kesselwagen einsetzen. Ein Verbot betrifft Phosgen: Der äusserst giftige chemische Ausgangsstoff wird zurzeit nicht in Kesselwagen transportiert, sondern in Kleinmengen; diese Praxis soll bis spätestens 1. Januar 2004 gesetzlich verankert werden.

Die Gesamtinvestitionen zur Durchführung der Massnahmen belaufen sich auf etwa 7 Mio. Franken; dabei geht es um die Beschaffung von Entgleisungsdetektoren durch die SBB sowie von sichereren Kesselwagen durch die schweizerische Gütertransport-Wirtschaft.

Hohes Sicherheitsniveau wird nochmals verbessert

Die gemeinsame Erklärung von SGCI, SBB und UVEK listet die erwähnten Massnahmen detailliert auf. Sie hält zudem fest: Das Sicherheitsniveau beim Gefahrenguttransport auf der Schiene ist im internationalen Vergleich bereits heute sehr hoch - durch die gemeinsamen Anstrengungen kann es aber noch weiter verbessert werden. Die Erklärung sieht auch die Erarbeitung eines Controllings vor sowie von Sanktionsmechanismen.

Im weiteren sollen flankierende Massnahmen verhindern, dass sich der Transport von Chlor und Schwefeldioxid auf die Strasse verlagert. In grossen Mengen werden diese heute ausschliesslich in Kesselwagen auf der Schiene transportiert, wo das Unfallrisiko tiefer ist. Deshalb ist vorgesehen, bis Anfang 2004 den Strassentransport der erwähnten druckverflüssigten Gase sowie von Phosgen in Transportbehältern von mehr als 1000 kg Nettogewicht zu verbieten.

Auf 34 Schienenkilometer ist das Risiko "untragbar" hoch 

Der Transport gefährlicher Güter unterliegt der Störfallverordnung (StFV) vom 1.4.1991 - eine Konsequenz des Unfalls von Schweizerhalle bei Basel 1986. Ihr Ziel ist es, Bevölkerung und Umwelt vor schweren Schädigungen durch Störfälle zu schützen. Per August 2001 hatte das BUWAL die auf der StFV basierenden Richtlinien für Verkehrswege erlassen, auf denen Gefahrengut transportiert wird. Damit sind gesamtschweizerisch gültige Kriterien geschaffen worden, um die vorhandenen Risiken einheitlich beurteilen zu können. Diese "Beurteilungskriterien II zur Störfallverordnung" unterscheiden drei Risikoklassen: 1. Untragbar. 2. Übergangsbereich.
3. Tragbar.

Mit dem vorliegenden Massnahmenpaket sollen die untragbar hohen Risiken unter die kritische Schwelle und damit in den Übergangsbereich gesenkt werden. Am risikoreichsten sind jene Strecken, auf denen grosse Mengen von Gefahrengut durch dicht besiedeltes Gebiet transportiert werden. Die aktualisierte Risikoübersicht zeigt, dass noch 34 Kilometer der Bahnstrecken ein untragbar hohes Risiko aufweisen – eine erste summarische Risikoeinschätzung war von 135 Streckenkilometern ausgegangen. Hauptgrund für diesen Unterschied: Verbessertes Zahlenmaterial belegt, dass es in den letzten Jahren zu einem Rückgang von Unfällen gekommen ist -  dank verschiedenen Massnahmen wie z.B. Zugskontrolleinrichtungen. Zudem liegen heute präzisere Daten zur Art und Menge der transportierten gefährlichen Güter vor.



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Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
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