Europapolitik: Weiteres Vorgehen - Botschaft zur Weiterführung und Ausdehnung der Freizügigkeit verabschiedet; Mandat zu Agrar- und Lebensmittelbereich sowie Gesundheit beschlossen

Bern, 14.03.2008 - Der Bundesrat hat das weitere Vorgehen in der Europapolitik festgelegt: Priorität hat die konsequente Umsetzung der bestehenden bilateralen Abkommen. Im Zentrum stehen dabei die Entscheide über die Weiterführung des Freizügigkeitsabkommens nach 2009 bzw. über die Ausdehnung dieses Abkommens auf Bulgarien und Rumänien. Der Bundesrat hat heute die entsprechende Botschaft ans Parlament verabschiedet. Zudem hat er in verschiedenen weiteren Themenfeldern ein besonderes Interesse an einer vertieften Zusammenarbeit mit der EU festgestellt: Im Agrar- und Lebensmittelbereich sowie im Bereich Gesundheit wurde - unter Vorbehalt der Konsultation der parlamentarischen Kommissionen und der Kantone - ein Verhandlungsmandat verabschiedet. Und in vier weiteren Bereichen sollen die Vorbereitungen fortgesetzt werden (Emissionshandel, Satellitennavigation Galileo, Zusammenarbeit mit der Europäischen Verteidigungsagentur sowie Friedensförderung).

Die Umsetzung und laufende Anpassung des bestehenden bilateralen Vertragswerkes ist erste Priorität der schweizerischen Europapolitik. Im Vordergrund stehen dabei die Weiterführung bzw. Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens Schweiz-EU. Durch das Abkommen werden der gegenseitige Zugang zum Arbeitsmarkt sowie die Wohnsitznahme von EU-Staatsangehörigen in der Schweiz und von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern in der EU erleichtert. Das Abkommen verbessert die Rekrutierungsmöglichkeiten für die Unternehmen und trägt wesentlich zum Wirtschaftswachstum bei. Dadurch werden Arbeitsplätze gesichert und geschaffen. Mit der konsequenten Weiterführung und Ausdehnung des Abkommens festigt die Schweiz zudem ihre bilateralen Beziehungen zur EU und damit den erleichterten Zugang zum EU-Binnenmarkt von 490 Millionen Konsumenten und Konsumentinnen.

Die Kantone sowie eine überwiegende Mehrheit der Parteien und Verbände teilen die grundsätzlich positive Einschätzung des Bundesrats, wie aus den Vernehmlassungen zur Weiterführung der Freizügigkeit bzw. zu deren Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien hervorging. Der Bundesrat hat darum heute beide Vorlagen in einer gemeinsamen Botschaft dem Parlament überwiesen und empfiehlt diese zur Annahme.

Verhandlungsmandat für Agrar- und Lebensmittelbereich sowie Gesundheit

In bestimmten weiteren Bereichen will der Bundesrat die Zusammenarbeit mit der EU vertiefen. Im Bereich Strom sollen die laufenden Verhandlungen über eine Regelung des Stromtransits und -handels mit dem Ziel einer Stärkung der Versorgungssicherheit im liberalisierten Umfeld fortgesetzt werden. Für den Freihandel im Agrar- und Lebensmittelbereich (FHAL) sowie für den Gesundheitsbereich wurde heute ein gemeinsames Verhandlungsmandat verabschiedet. Diese Bereiche überschneiden sich beim Thema Lebensmittelsicherheit und müssen darum in enger Koordination verhandelt werden. Das Mandat wird nun in einem nächsten Schritt den zuständigen parlamentarischen Kommissionen sowie den Kantonen zur Konsultation vorgelegt.

  • Im Agrar- und Lebensmittelbereich sollen sowohl die tarifären (Zölle, Kontingente) als auch nicht-tarifären Handelshemmnisse (wie Produktvorschriften) abgebaut werden und zwar nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in den vor- und nachgelagerten Stufen der Produktionskette (Produktionsmittel, Verarbeitung, Nahrungsmittelindustrie und Handel). Von dieser Öffnung werden sinkende Konsumentenpreise sowie ein Wachstumseffekt in Milliardenhöhe erwartet. Die schweizerischen Landwirte würden dank sinkender Produktionskosten und verbessertem Marktzugang international wettbewerbsfähiger. Um den Druck zu Strukturanpassungen abzudämpfen, würde diese Öffnung schrittweise eingeführt und von Unterstützungsmassnahmen begleitet.
  • Bei der Gesundheit steht die verstärkte Zusammenarbeit (namentlich auch bei der Krisenbewältigung) in den Bereichen Bekämpfung übertragbarerer Krankheiten, allgemeine Gesundheitsbelange, Lebensmittelsicherheit und allgemeine Produktsicherheit im Zentrum. Die Schweiz könnte sich an den entsprechenden Agenturen, Frühwarnsystemen und Programmen der EU gleichberechtigt beteiligen.

Weitere Dossiers

In vier weiteren prioritären Bereichen bestehen beidseitige Interessen an einer verstärkten Zusammenarbeit. In diesen sollen die Vorbereitungen fortgesetzt werden. Dies betrifft

  • den Emissionshandel mit CO2-Zertifikaten: Die Emissionshandelsysteme der EU und der Schweiz könnten durch ein Abkommen verknüpft und die Emissionsrechte für Treibhausgase gegenseitig anerkannt werden. Das „Emission Trading Scheme" der EU hat sich als weltweit grösster Markt für Emissionsrechte etabliert und gilt als wichtiges Instrument in der internationalen Zusammenarbeit gegen den Klimawandel.
  • die Beteiligung am Satellitennavigationssystem Galileo: Dieses soll eine zuverlässigere und präzisere Navigation als das amerikanische GPS gewährleisten und damit die faktische Abhängigkeit von dem durch das US-Militär kontrollierten System beenden. Die Verfügbarkeit der Daten wäre damit sowohl in Friedens- als auch in Krisenzeiten gesichert.
  • die technische Zusammenarbeit mit der Europäischen Verteidigungsagentur: Durch eine administrative Vereinbarung erhielte die Schweiz Zugang zur multilateralen Rüstungszusammenarbeit in Europa. Das betrifft in erster Linie den Informationsaustausch, aber auch ad hoc-Beteiligungen an Programmen und Projekten bspw. zu Forschung und Entwicklung. Eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit entsteht dadurch nicht.
  • ein Rahmenabkommen zur Beteiligung an Friedensförderungseinsätzen: Die Schweiz beteiligt sich seit 2003 an einzelnen zivilen und militärischen Friedensförderungseinsätzen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Durch ein Rahmenabkommen könnten die allgemeinen Modalitäten festgelegt und dadurch der administrative Aufwand für künftige Operationen reduziert werden. Dies hätte keinen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit der Schweiz in Bezug auf solche Einsätze.

Eine formelle Verknüpfung der Themen im Rahmen eines Verhandlungspakets ist nicht beabsichtigt. Die Schweiz wird aber weiterhin und auch in Bezug auf diese neuen Dossiers einen koordinierten Ansatz verfolgen. Dadurch sollen das Interessengleichgewicht gewährleistet bzw. allfällige nachteilige Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Themen vermieden werden.



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