4. MINISTERKONFERENZ ZUM SCHUTZ DER WÄLDER IN EUROPA, WIEN 28.–30.4.03 Alle profitieren vom Wald – alle sollen Verantwortung tragen

Bern, 24.04.2003 - Der Wald schützt vor Naturgefahren, bietet Erholung, speichert Kohlenstoff, liefert erneuerbaren Rohstoff, filtert Trinkwasser und schafft Arbeitsplätze. Für das Wohl der Gesellschaft werden diese Leistungen immer wichtiger. Sie werden aber nur zum Teil abgegolten, und Erzeugnisse des Waldes werden durch nicht erneuerbare Produkte konkurrenziert. Die Schweiz setzt sich an der 4. Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa für die langfristige Sicherung aller Waldleistungen ein. Zu diesem Zweck erneuert die Schweiz ihr verpflichtendes Engagement für nachhaltige Waldentwicklung und fordert die dafür notwendige Mitwirkung anderer Politik- und Wirtschaftssektoren.

1990 wurde die ‚Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa‘ ins Leben gerufen. Dieser Prozess ist auf gesamteuropäischer Ebene zur wichtigsten Plattform für die Waldpolitik geworden. Zuoberst auf der Prioritätenliste der bislang drei Konferenzen stand nebst dem Schutz der Wälder die Förderung einer nachhaltigen Waldentwicklung in Europa (siehe Kasten). Die vierte Waldministerkonferenz, die vom 28. bis 30. April 2003 in Wien stattfindet, hält an diesen Zielen fest und setzt sich mit den aktuellen und neuen Herausforderungen des Waldsektors auseinander. Dieser bewegt sich in einem starken Spannungsfeld.

Einerseits werden die Leistungen der Wälder für die Gesellschaft immer wichtiger:

  • Der Wald bietet Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten, Erholungsraum, Schutz vor Steinschlag und Lawinen, Bau- und Energieholz sowie Einkommen und Arbeitsplätze;
  • ein beträchtlicher Teil des naturreinen Trinkwassers stammt aus dem Wald, und bei Hochwasser wirkt dieser als Wasserspeicher;
  • Wald und Holz speichern Kohlenstoff, leisten damit einen Beitrag zur Klimastabilisierung und bieten zudem den einzigen nachwachsenden Rohstoff in der Schweiz.

Anderseits sind die Forstbetriebe in der Schweiz unter Druck:

  • Den steigenden Anforderungen an den Wald stehen gegenüber: rückläufige Holzpreise, steigende Arbeitskosten, gekürzte Subventionen und Konkurrenz durch billige, nicht erneuerbare Produkte. Zudem steigt der Holzvorrat laufend an: Zur Zeit wächst jährlich rund doppelt so viel Holz nach, wie geerntet wird.
  • Die wirtschaftliche Lage der Forstbetriebe in der Schweiz und damit die langfristige Sicherstellung vieler Waldleistungen ist eine Herausforderung. Mit Rationalisierungen und Strukturverbesserungen können die Forstbetriebe ihre wirtschaftliche Situation zwar verbessern. Zu einer Trendwende reichen diese Anstrengungen jedoch nicht.

Zusammenarbeit mit anderen Wirtschafts- und Politiksektoren

Damit der Waldsektor eine nachhaltige Waldentwicklung langfristig sichern kann, braucht er zusehends Synergien mit anderen Wirtschafts- und Politiksektoren: Institutionelle Anleger zum Beispiel, helfen mit ihrem Engagement für mehrgeschossige Holzhäuser Holzvorräte abbauen und Kohlenstoff speichern (Faktenblatt 1, pdf 15kB). Deshalb hat die Schweiz in der Vorbereitung zur 4. Waldministerkonferenz den sektorübergreifenden Aspekt in die zu verabschiedende Wiener Deklaration und Resolutionen eingebracht (Faktenblatt 2, pdf 20kB). Der Ansatz ist auch in den Titel der Deklaration eingeflossen (Common benefits – shared responsabilities).

Waldprogramm Schweiz

In der Schweiz wiederum werden die Wiener Deklaration und die Resolutionen unter anderem im Rahmen des Waldprogramms Schweiz (WAP) aufgegriffen. Hier wird Zusammenarbeit zwischen dem Wald- und den anderen Politik- und Wirtschaftssektoren momentan angegangen. Das WAP ist ein politisches Handlungsprogramm, welches bis Ende 2003 in einem partizipativen und sektorübegreifenden Prozess konkrete Ziele, Strategien und Massnahmen des Bundes für die nächsten 10 bis 15 Jahre erarbeitet und definiert. Das WAP soll die ökonomischen, ökologischen und sozialen Ansprüche an den Wald erkennen und berücksichtigen. Hauptziel ist die Sicherstellung einer nachhaltigen Waldentwicklung und als Voraussetzung dazu die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für eine effiziente Wald- und Holzwirtschaft.

 

Stand der nachhaltigen Waldentwicklung in Europa und der Schweiz

An der 2. Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa1993 in Helsinki einigten sich die Minister erstmals auf eine Definition für nachhaltige Waldentwicklung. Sie lautet:
„Nachhaltige Bewirtschaftung bedeutet die Betreuung und Nutzung von Wäldern und Waldflächen auf eine Weise und in einem Ausmass, das deren biologische Vielfalt, Produktivität, Verjüngungsfähigkeit und Vitalität erhält sowie deren Potenzial, jetzt und in der Zukunft die entsprechenden ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Funktionen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu erfüllen, ohne anderen Ökosystemen Schaden zuzufügen.“

Aufgrund dieser Definition entstanden sechs gesamteuropäisch gültige Nachhaltigkeitskriterien, die auch in der Schweiz angewandt werden und die Grundstruktur für das laufende Waldprogramm Schweiz (WAP) bilden.

Zustand der Wälder Europas wird positiv bewertet

Mit Blick auf die Waldministerkonferenz in Wien wurde ein Bericht über die nachhaltige Entwicklung der Wälder in Europa basierend auf den Kriterien erstellt. Die Beurteilung der Wälder Europas fällt grundsätzlich positiv aus. Im Gegensatz zu anderen Regionen der Welt nahm die Waldfläche in Europa im Zeitraum zwischen 1990 und 2000 um rund 1% zu. Lediglich 3% der Wälder Europas sind Plantagen. Für den Schutz und die Erhaltung der Biodiversität und Landschaftsvielfalt sind unberührte Wälder (25%) sowie geschützte Waldflächen (12%) von besonderer Bedeutung.

Insgesamt 46% der Landfläche Europas sind mit Wald bedeckt. Europas Wälder machen rund einen Viertel der weltweiten Waldfläche aus.

Nachhaltigkeit der schweizer Waldpolitik unter der Lupe

1998 liess die Schweiz als erstes Land durch international anerkannte Experten die Nachhaltigkeit der schweizerischen Waldpolitik ebenfalls nach den Nachhaltigkeitskriterien strukturiert überprüfen. Als Stärken hoben die Experten die strenge Walderhaltungspolitik, den konsequenten naturnahen Waldbau und die Instrumente zur Erhaltung der Schutzfunktion des Waldes hervor. Als verbesserungswürdig wurden unter anderem die Wirtschaftlichkeit der Forstbetriebe, die fehlende Verjüngung im Gebirgswald und der Mangel an ausgewiesenen Waldreservaten eingestuft.



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Bundesamt für Umwelt BAFU
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