Pilotversuch Assistenzbudget für Behinderte: Evaluation liegt vor

Bern, 21.12.2007 - Der Bundesrat hat vom Zwischenbericht zum Pilotversuch Assistenzbudget Kenntnis genommen. In diesem Projekt erhalten Behinderte, die eine intensive Betreuung benötigen, an Stelle einer pauschalen Hilflosenentschädigung der IV ein Budget in Abhängigkeit ihres Assistenzbedarfs. Damit soll ihnen ermöglicht werden, zu Hause statt in einem Heim zu leben. Sie kaufen die benötigten Assistenzdienstleistungen eigenständig ein. Die Evaluation des Pilotversuchs zeigt, dass das getestete Assistenzbudget einerseits aus der Sicht der Behinderten erfolgreich ist. Anderseits dürften im Falle der definitiven Einführung eines Assistenzbudgets angesichts der unerwarteten Mehrkosten Anpassungen unumgänglich sein. Der Bundesrat wird im Laufe des Jahres 2008 über das weitere Vorgehen entscheiden.

Der Pilotversuch Assistenzbudget wird seit dem 1.1.2006 in den Kantonen Basel-Stadt, St. Gallen und Wallis durchgeführt. Im Juni 2007 waren 221 Behinderte daran beteiligt. Ziel des Assistenzbudgets ist es, die Lebensqualität von Behinderten, die im Alltag die Hilfe Dritter benötigen, zu erhöhen. Sie sollen mehr Eigenverantwortung übernehmen und ihre Lebensführung vermehrt selber bestimmen können. Dank dem Assistenzbudget sollen die Behinderten zu Hause statt in einem Heim leben können, womit auch ihre soziale Integration gestärkt wird.

In den Versuch einbezogen wurden Bezüger/innen einer Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung, unter der Bedingung, dass sie während der Projektdauer nicht in einem Heim wohnen. Sie erhalten statt der pauschalen Hilflosenentschädigung ein Budget, das in Abhängigkeit des individuellen Assistenzbedarfes berechnet wird. Im Durchschnitt beträgt es 4'400 Franken pro Monat. Damit können die Behinderten die benötigte Pflege und Betreuung bei Personen oder Organisationen ihrer Wahl einkaufen und auch zeitlich möglichst optimal ihren individuellen Bedürfnissen anpassen.

Positive und negative Ergebnisse der Evaluation

Der Pilotversuch Assistenzbudget wurde wissenschaftlich evaluiert. Der Zwischenbericht, von dem der Bundesrat Kenntnis genommen hat, fasst den Verlauf des Projekts und die Ergebnisse aus sechs Teilstudien zusammen.

Die Evaluation zeigt einerseits auf, dass ein Assistenzbudget aus der Sicht der Behinderten das gesetzte Ziel erreicht. Insbesondere in den Bereichen Haushaltführung, Bildung, Arbeit, Freizeit und soziale Kontakte erlangen sie deutlich mehr Selbstbestimmung und Selbständigkeit. Angehörige können entlastet und Heimeintritte können verzögert oder verhindert werden.

Anderseits hat die Evaluation aber auch ergeben, dass mit dem Assistenzbudget die Kosten für die Betreuung der Behinderten insgesamt deutlich gestiegen sind. Die Ursache höherer Kosten liegt darin, dass es weniger Heimaustritte als erwartet gegeben hat und diese insgesamt nur zu geringfügigen Einsparungen führten. Damit konnten die – erwarteten – Mehrkosten für die schon vor dem Projekt zu Hause lebenden Teilnehmenden nicht kompensiert werden. Diese Personen erhalten mit dem Assistenzbudget Leistungen, die sie vorher nicht hatten oder die bisher unentgeltlich – häufig von Familienangehörigen – erbracht wurden.

Entgegen den Erwartungen könnte ein Assistenzbudget mit dem getesteten Modell nicht kostenneutral umgesetzt werden. Im Fall der definitiven Einführung eines Assistenzbudgets dürften daher Anpassungen am System unumgänglich sein.

Grundlagen für Entscheid über weiteres Vorgehen werden vorbereitet

Der Bundesrat hat den Pilotversuch Assistenzbudget um ein Jahr, bis Ende 2009, verlängert. Es werden aber keine neuen Teilnehmenden in den Versuch aufgenommen. Im Laufe des Jahres 2008 wird der Bundesrat auf der Basis von Vorschlägen des EDI über das weitere Vorgehen entscheiden. Ohne Verlängerung des Pilotversuchs wären die heute am Projekt teilnehmenden Personen gezwungen, noch vor dem bevorstehenden bundesrätlichen Entscheid im nächsten Jahr ihre Pflege und Betreuung für die Zeit nach 2008 neu zu organisieren, bis hin zur Suche nach einem Heimplatz.


Adresse für Rückfragen

031 322 84 20, Peter Eberhard, Projektleiter Pilotversuch Assistenzbudget, Geschäftsfeld Invalidenversicherung, Bundesamt für Sozialversicherungen



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