Reform für effizientere Organisation des öffentlichen Verkehrs

Bern, 19.12.2003 - Das attraktive und leistungsfähige Bahnsystem der Schweiz soll gesichert und künftig einfacher und effizienter organisiert werden. Hierzu hat der Bundesrat die Bahnreform 2 in die Vernehmlassung geschickt. Im Zentrum stehen das Finanzierungssystem der Infrastruktur und die Regelung der Sicherheitsdienste. Die rechtliche Trennung von Verkehr und Infrastruktur steht nicht zur Diskussion. Im weitern setzt sich der Bundesrat zusammen mit den Kantonen für eine aktive Begleitung des bereits laufenden Konsolidierungsprozesses der Bahnlandschaft Schweiz ein. Damit sollen der anhaltende Spardruck aufgefangen und die Wettbewerbsfähigkeit verstärkt werden.

Übergeordnetes Ziel sämtlicher Reformen bleibt es, der Schweiz durch Effizienzsteigerung ein attraktives und leistungsfähiges Bahnsystem zu sichern, dies mit einem verbesserten Kosten-Nutzen-Verhältnis für die öffentliche Hand.

1999 trat die Bahnreform 1 in Kraft. Sie brachte eine Marktöffnung im Güterverkehr und die Verselbständigung der SBB. Bereits 1996 hatte das revidierte Eisenbahngesetz das Bestellprinzip und die Möglichkeit für Ausschreibungen im Regionalverkehr eingeführt. Mit der Bahnreform 2 soll nun der Infrastrukturbereich noch effizienter organisiert werden, so dass das Angebot auf dem hohen Niveau erhalten werden kann, ohne die öffentlichen Hand zusätzlich zu belasten.

Der Bundesrat hat die Vorlage bis am 30. April 2004 in die Vernehmlassung geschickt. Die Botschaft an das Parlament ist in der zweiten Jahreshälfte 2004 vorgesehen.



Grund- und Ergänzungsnetz

Im Zentrum der Bahnreform 2 steht der Infrastrukturbereich. Das Finanzierungssystem soll vereinfacht und effizienter gemacht werden – und zwar haushaltneutral für Bund und Kantone.

Im Vordergrund steht dabei die Einführung von Leistungsvereinbarungen auch für die Privatbahnen, dies an Stelle der bisherigen Einzelobjekt-Finanzierung. Damit wird dieses mit der Bahnreform 1 für die SBB eingeführte Instrument auch auf die übrigen Schienennetzbetreiber ausgedehnt.

Die zweite Neuerung bringt eine klare Aufteilung der Verantwortlichkeiten von Bund und Kantonen für das Schienennetz nach funktionalen Kriterien. Das 5365 km umfassende Schweizer Schienennetz ist zu 55 % in Besitz der SBB und damit in alleiniger Finanzierungsverantwortung des Bundes. Der Bund ist ebenfalls für die BLS-Strecken Thun – Spiez – Brig und – Interlaken, den Grenchenbergtunnel sowie die Basler Hafenbahnen zuständig. Die übrigen Privatbahnstrecken werden heute gemeinsam von Bund und Kantonen finanziert, die Tramstrecken von den Kantonen (und Städten) allein.

Diese Aufgabenaufteilung beruht auf historischen Zufälligkeiten und entspricht nicht der Bedeutung der Strecken für den Verkehr. Nicht alle SBB-Strecken etwa sind tatsächlich von nationaler Bedeutung. Neu soll das Schienennetz unabhängig von den Trägern in ein Grundnetz (in alleiniger Zuständigkeit des Bundes) und ein Ergänzungsnetz (in alleiniger Zuständigkeit der Kantone) aufgeteilt werden. In der Vernehmlassung werden zwei Varianten zur Diskussion gestellt: ein kleines oder ein grosses Grundnetz mit entsprechenden Auswirkungen auf das Ergänzungsnetz.

Sicherheitsdienst (Bahnpolizei)

Der öffentliche Verkehr wird von der zunehmenden Kriminalität und Gewaltbereitschaft nicht verschont und ist auch mit allerlei Erscheinungen der Drogenproblematik konfrontiert. Die Fahrgäste sind mit der Sicherheit auf den Bahnhöfen und in den Zügen nicht mehr zufrieden. Hinzu kommen Übergriffe auf das Personal sowie Sachbeschädigungen und Vandalismus.

Im Rahmen der Bahnreform soll das Bahnpolizeirecht neu geregt werden, um die Sicherheit in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu verbessern. Dabei wird am bewährten Zusammenspiel von Bahnpolizei und kantonalen und städtischen Polizeikorps festgehalten. Die Transportunternehmungen – neu sind nicht mehr nur die Bahnen eingeschlossen – werden verpflichtet, Massnahmen zu treffen, um die Reisenden auch während der Fahrt so weit wie möglich vor strafbaren Handlungen und Belästigungen zu schützen.

Alle Transportunternehmungen müssen sich nach einer Analyse der Bedrohung auf ihrem Netz für eine von zwei Arten des Sicherheitsdienstes entscheiden. Entweder wird eine Transportpolizei mit ausschliesslich sicherheitspolizeilichen Aufgaben eingeführt oder aber besonders ausgebildetes Betriebs- oder Fahrpersonal übernimmt diese Aufgaben in Doppelfunktion.

Aufgrund der Risiken eines Einsatzes von Schusswaffen in öffentlichen Verkehrsmitteln sollen Bahnpolizistinnen und -polizisten nicht mit Schusswaffen ausgerüstet werden. Als Bewaffnung stehen jedoch Schlagstöcke und Tränengasschutzsprays zur Diskussion. Neu sollen auch strafbare Handlungen gegen Angestellte des öffentlichen Verkehrs von Amtes wegen verfolgt werden.

Weiterhin integrierte Bahnen

Weitere Themen der Bahnreform 2 sind die Sicherstellung des diskriminierungsfreien Zugangs zum Schienennetz sowie Optimierungen der Bahnreform 1 (z.B. die Vereinfachung des Bestellverfahrens im regionalen Personenverkehr). Bei der Ausschreibung von Regionalverkehrsleistungen soll der Arbeitsnehmerschutz gewährleistet sein. Und schliesslich ist der Bund bereit, die Bahnen zu entschulden analog der Entschuldung der SBB im Rahmen der Bahnreform 1. Dies aber nur unter der Voraussetzung, dass die Kantone mitmachen und die Bahnen bei der Konsolidierung der Bahnlandschaft mitziehen.

Die Vorlage ist mit dem europäischen Recht kompatibel, zielt sie doch auch darauf ab, die Entwicklung des EU-Rechts seit dem Abschluss des Landverkehrsabkommens in Schweizer Recht umzusetzen, insbesondere das so genannte „Eisenbahn-Paket“. Zentrales Anliegen sind die Systemanpassungen zur Sicherstellung des diskriminierungsfreien Netzzugangs (insbesondere die Verstärkung der Rolle der Schiedskommission).

Mit der Bahnreform 2 nicht zur Diskussion gestellt werden die rechtliche Trennung von Verkehr und Infrastruktur und eine weitere Marktöffnung. Die Bahnen sollen integrierte Unternehmungen bleiben, d.h. Infrastruktur und Verkehr verbleiben unter einem Dach.



Adresse für Rückfragen

Bundesamt für Verkehr, Information und Informatik, 031 322 36 43


Herausgeber

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
https://www.uvek.admin.ch/uvek/de/home.html

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-14702.html