Stolburkrankheit der Kartoffel

Bern, 27.07.2007 - Warme Temperaturen fördern nicht nur die Verbreitung der Kartoffelvirosen, sondern auch das Vorkommen von Phytoplasmakrankheiten. Eine davon, die Stolburkrankheit, verursacht Ertragsverluste in den Kartoffelkulturen. Die Forscherinnen und Forscher von Agroscope Changins-Wädenswil ACW untersuchen den molekularen Nachweis und allfällige Bekämpfungsmassnahmen.

Ein Versuch mit Knollen, deren Keime schlecht ausgebildet waren, führte 2006 zu einer sehr unregelmässigen Nachkommenschaft. Eine mögliche Erklärung dafür war das Vorkommen der Stolburkrankheit der Kartoffel, welche von einem Phytoplasma verursacht wird. Die pathogenen Mikroorganismen sind den Bakterien ähnlich, besitzen aber keine feste Zellwand. Auf dem Feld entwickeln die befallenen Kartoffelpflanzen nach 20 bis 30 Inkubationstagen chlorotische Blätter. Die Blättchen verfärben sich vom Rand her und rollen sich löffelähnlich ein. Ihre Spitzen werden oft violett. Die jungen Blätter sind steif und die Stauden stehen aufrecht. 7 bis 10 Tage nach den ersten Symptomen beginnen die Stauden nach einer trockenen Fäulnis der Wurzeln zu welken und auszutrocknen. Die bereits geformten Knollen erschlaffen und werden gummiartig. Solche Knollen produzieren nach der Keimruhe fadenartige Keime und sind als Pflanzgut unbrauchbar. Die darauf folgende Kultur läuft Gefahr, mangelhaft zu werden und demzufolge neuen Befällen stärker ausgesetzt als eine kräftige und dichte Kultur. Die Krankheit kommt in warmen und trockenen Jahren häufiger vor, und ist in den kontinentalen und südlichen Ländern besser bekannt. Die Stolburkrankheit der Kartoffel weist verschiedene andere Merkmale auf. Die Knollen der befallenen Pflanzen vererben die Krankheit kaum ihrer Nachkommenschaft. Der Befall der Kartoffeln erfolgt ausschliesslich über Unkräuter wie Winde oder Brennnesseln und Zikaden. Hyalesthes obsoletus ist einer der meistgenannten Vektoren. Zwischen den Kartoffelpflanzen wurde hingegen keine Übertragung festgestellt. Die Krankheitsquelle ist also unabhängig von den Kartoffeln und ist dieselbe für andere Wirtspflanzen: Tomaten, Auberginen oder Reben. Bei letzteren verursacht dieser Phytoplasmatypus die Schwarzholzkrankheit.

Auswirkungen auf die Praxis
Dank molekularen Analysen von verdächtigen Kartoffelproben, die in der Schweiz geerntet wurden, sowie mehreren Versuchen im Gewächshaus und auf dem Feld in Changins konnten die erwähnten Eigenschaften überprüft werden. Das Stolbur-Phytoplasma verbreitet sich tatsächlich nicht über die Knollen. Das Risiko baldiger Versorgungsengpässe mit gesunden Pflanzgut ist demzufolge wenig ausgeprägt und viel kleiner als bei den Virosen. Gemäss der europäischen und schweizerischen Reglementierung der Pflanzgutproduktion zählt jedoch das Stolbur-Phytoplasma zu den gefährlichen Organismen. Sein Vorkommen in Pflanzkartoffelkulturen kann zur Zurückweisung eines Postens führen. Die Kontrollen der Bestände und die Beseitigung der kranken Pflanzen zahlen sich aus, da die Schäden bei der Produktion von Pflanz- und Konsumkartoffeln erheblich sein und mehr als 50 % des üblichen Ertrags ausmachen können. Die Kontrolle der Begleitflora, insbesondere der Winde, ist die beste Präventionsmassnahme. 


Adresse für Rückfragen

Paul Gugerli
Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, PF 1012, 1260 Nyon
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