Schweiz beurteilt Entscheid der Europäischen Kommission als unbegründet - Keine Verletzung des Freihandelsabkommens durch kantonale Steuerbestimmungen

Bern, 13.02.2007 - Die Schweiz qualifiziert den Entscheid der Europäischen Kommission, in welchem diese eine Verletzung des Freihandelsabkommens Schweiz-EG von 1972 durch bestimmte kantonale Massnahmen zur Unternehmensbesteuerung feststellt, als unbegründet. Zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) besteht keine vertragliche Regelung zur Angleichung der Unternehmensbesteuerung. Insofern sind auch keine Verstösse gegen irgendwelche Abmachungen möglich. Dies gilt insbesondere für das Freihandelsabkommen.

Die Europäische Kommission hat die Schweiz am 13. Februar 2007 über ihren unilateralen Entscheid informiert, wonach sie gewisse Besteuerungsmodalitäten, welche die Kantone bei bestimmten Unternehmenstypen (Holdinggesellschaften, Verwaltungsgesellschaften, gemischte Gesellschaften) aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben (Steuerharmonisierungsgesetz) anwenden, als staatliche Beihilfe erachte. Nach Auffassung der Kommission verfälschten diese Besteuerungsmodalitäten auf Stufe der Kantons- und Gemeindesteuern den Wettbewerb und beeinträchtigten den Warenhandel in einer Weise, die mit dem Freihandelsabkommen (FHA) von 1972 nicht vereinbar sei.

Mit ihrem Anliegen, die Besteuerungsmodalitäten auf Kantons- und Gemeindeebene für bestimmte Unternehmenstypen zu überprüfen, ist die Europäische Kommission erstmals im September 2005 an die Schweiz herangetreten. Sie machte schon damals deutlich, dass sie diese Besteuerungsmodalitäten möglicherweise als staatliche Beihilfen betrachte, die mit dem Freihandelsabkommen von 1972 nicht vereinbar seien. Bereits mit Schreiben vom 9. März 2006 hatte die Schweiz der Kommission ihre rechtlichen Argumente ausführlich dargelegt. Am 13. März 2006 verlangte die Kommission dann die Einberufung eines ausserordentlichen gemischten Ausschusses. In der Folge tauschten die Parteien ihre Standpunkte aus. Gleichwohl hielt die Kommission auch in der Sitzung des gemischten Ausschusses vom 14. Dezember 2006 an ihrer Beurteilung fest. Bis heute ist die Kommission nicht auf die Argumente der Schweiz eingegangen.

Die Argumente der Schweiz

Die Schweiz weist den Vorwurf der Kommission als unbegründet zurück. Im Wesentlichen führt sie folgende Argumente an:

  • Es gibt keine vertragliche Regelung zwischen der Schweiz und der EU, welche die Schweiz verpflichten würde, ihre Unternehmensbesteuerung an jene der EU-Mitgliedstaaten anzugleichen. Insofern sind auch keine Verstösse gegen irgendwelche Abmachungen möglich.
  • Dies gilt insbesondere für das FHA: Dieses regelt ausschliesslich den Handel mit bestimmten Waren und bietet keine ausreichende Grundlage für eine Beurteilung der Unternehmensbesteuerung unter dem Aspekt der Wettbewerbsverfälschung.
  • Die Schweiz ist nicht Teil des EU-Binnenmarkts. Entsprechend sind weder die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags - u.a. Regeln über die staatlichen Beihilfen - noch der unter den Mitgliedstaaten vereinbarte Verhaltenskodex zur Unternehmensbesteuerung (Code of Conduct) auf die Schweiz anwendbar.
  • Die kritisierten kantonalen Massnahmen zur Unternehmensbesteuerung stellen keine Diskriminierung der inländischen Gesellschaften und keine Vorzugsbehandlung ausländischer Konzerne dar: Sie sind nicht selektiv, sondern stehen allen wirtschaftlichen Akteuren offen - unbesehen von deren Nationalität oder deren Produktions- oder Wirtschaftszweig.
  • Eine Beeinträchtigung des bilateralen Warenhandels zwischen der Schweiz und der EU durch die kritisierten Steuerbestimmungen ist schon darum nicht möglich, weil die genannten Unternehmenstypen in der Schweiz gar keine warenverkehrsorientierte Geschäftstätigkeit oder (im Fall der Gemischten Gesellschaften) lediglich eine untergeordnete ausüben dürfen, wobei im letzteren Fall Einkünfte aus schweizerischer Geschäftstätigkeit ordentlich besteuert werden.

Attraktivität des Standorts Schweiz wahren

Der Standortwettbewerb ist eine Tatsache. Auch innerhalb der EU sind die Steuerbelastungen sehr unterschiedlich, und es finden Standortverschiebungen von Unternehmen zwischen den EU-Staaten statt. Wie alle Staaten bemüht sich auch die Schweiz, einen attraktiven Wirtschaftsstandort mit vorteilhaften Bedingungen zu bieten. Die Unternehmensbesteuerung ist dabei ein wichtiger Faktor, aber bei weitem nicht der einzige Grund für die Attraktivität der Schweiz. Moderne Infrastrukturen, flexible, mehrsprachige und gut qualifizierte Arbeitsmärkte, starke Forschungs- und Entwicklungskapazitäten, der soziale Friede sowie ein gut ausgebautes Netz von Doppelbesteuerungsabkommen mit den wichtigsten Wirtschaftspartnern u.a. sind ebenfalls wichtig bei Investitions- und Standortentscheiden. Die Schweiz wird dafür sorgen, dass die Attraktivität des Standortes für schweizerische wie ausländische Unternehmen erhalten bleibt oder verbessert werden kann.


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