Doppelstrategie gegen Zwangsprostitution an der UEFA EURO 2008

Bern, 26.01.2007 - Mit einer Doppelstrategie sollen Polizei und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) der Zwangsprostitution im Umfeld der UEFA EURO 2008 entgegentre-ten: Die Polizei mit Kontrollen, die NGOs mit Präventions- und Sensibilisierungsarbeit. Dies empfiehlt die Koordinationsstelle gegen Menschenhandel und Menschenschmuggel (KSMM) nach einer Auswertung des Geschehens im Umfeld der Fussball-WM 2006 in Deutschland. Der Bund ist bereit, Kampagnen der NGOs mit einer Anschubfinanzierung von 100'000 Franken zu unterstützen.

Die Auswertung der Erfahrungen, die während der WM in Deutschland gemacht wurden, erstellte die KSMM im Auftrag der Projektorganisation Öffentliche Hand UEFA EURO 2008. Sie zeigt, dass der befürchtete Anstieg des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung (Zwangsprostitution) ausblieb. Während im Vorfeld von möglicherweise bis zu 40'000 ausländischen Frauen die Rede war, die während der WM zur Prostitution in Deutschland gezwungen würden, wurden schliesslich 26 Menschenhandelsopfer festgestellt. Lediglich bei fünf dieser Opfer besteht nach offiziellen Erkenntnissen ein direkter Zusammenhang mit der WM. 25 der 26 Opfer waren weiblichen Geschlechts, keines jünger als 18 Jahre.

Auch in der legalen Prostitution konnten Polizei und NGOs keinen Anstieg beobachten - im Gegenteil: An einzelnen Orten sank die Nachfrage, an den meisten Orten blieb der Gesamtumsatz im Sexgewerbe stabil.

Polizeipräsenz und Kampagnen ausschlaggebend

Für das Ausbleiben der befürchteten Zunahme dürften nach Einschätzung der deutschen Stellen und der KSMM verschiedene Faktoren ausschlaggebend gewesen sein:

  • Die Polizeipräsenz, die Menschenhändler, Prostituierte und Freier gleichermassen abgeschreckt haben dürfte;
  • die Informations- und Aufklärungskampagnen, die dazu geführt haben dürften, dass Freier aus Furcht, einer Zwangsprostituierten zu begegnen, auf Sexdienstleistungen verzichteten;
  • nicht zuletzt aber auch die Tatsache, dass WM-Spiele als Gesellschaftsanlass mit Freunden, Freundin, Frau oder der ganzen Familien besucht wurden; potentielle Kunden hatten so kaum Gelegenheit, unbemerkt Sexdienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Die Auswertung des Geschehens in Deutschland lässt insgesamt den Schluss zu, dass hinsichtlich (Zwangs-)Prostitution die zu erwartende Lage an der EURO 08 in der Schweiz nicht zu dramatisieren ist. Nichtsdestotrotz es ist möglich, dass es vereinzelt zu Fällen von Zwangsprostitution kommt. Nach Ansicht der KSMM ist daher die Durchführung von öffentlichen Präventionskampagnen vor und während der EURO 08 in der Schweiz sinnvoll.

Anschubfinanzierung durch Projektorganisation Öffentliche Hand

Die KSMM empfiehlt Kampagnen, die von der Zivilgesellschaft unter Einbezug von Opferschutzorganisationen und in Abstimmung mit der Fussballseite durchgeführt werden. Werden entsprechende Konzepte eingegeben, so wird die Projektorganisation Öffentliche Hand UEFA EURO 2008 mit Unterstützung der Geschäftsstelle der KSMM prüfen, ob eine Anschubfinanzierung aus Gelder des Bundes erfolgen kann. Dafür stehen der Projektorganisation 100'000 Franken zur Verfügung.

Die Planung dieser Präventionskampagnen, aber auch der Massnahmen der Polizei, muss umgehend in Angriff genommen werden, damit Aufgaben und Funktionen der verschiedenen Akteure koordiniert werden können. Werden Fälle von Menschenhandel festgestellt, sei dies vor oder während der EURO 08, so ist eine enge Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden, Migrationsämter und in diesem Bereich tätigen NGOs anzustreben - im Sinne der Kooperationsmechanismen, die von der KSMM in einem Leitfaden festgehalten werden, der 2005 gemeinsam mit den Beteiligten erstellt wurde.

Der Bericht «Zwangsprostitution und Menschenhandel anlässlich der WM 2006 und Empfehlungen für öffentliche Präventionskampagnen vor und während der UEFA EURO 2008 in der Schweiz» (vorerst nur in deutscher Sprache) und der Leitfaden «Kooperationsmechanismen gegen Menschenhandel» sind im Internet abrufbar unter: http://www.fedpol.admin.ch/fedpol/de/home/themen/kriminalitaet/menschenhandel.html.

 


Adresse für Rückfragen

Guido Balmer, Bundesamt für Polizei,
031 324 13 91, guido.balmer@fedpol.admin.ch

Christoph Neuhaus, Projektorganisation Öffentliche Hand UEFA EURO 2008,
079 678 97 23, christoph.neuhaus@baspo.admin.ch



Herausgeber

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement
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