Bern, 05.05.2024 - Botschaft von Bundespräsidentin Viola Amherd anlässlich des Europatages, Sonntag, 5. Mai 2024.

Der diesjährige Europatag markiert ein Jubiläum: Seit genau 75 Jahren gibt es den Europarat. Dessen Gründung steht für den im Rückblick betrachtet erfolgreichen Versuch, unseren Kontinent nach seiner Verwüstung im Zweiten Weltkrieg wieder aufzurichten. Auch dank des Europarates konnten Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Europa neu etabliert und stärker verankert werden. Sein Wirken braucht es heute angesichts der zunehmenden autoritären Strömungen mindestens so dringend wie bis anhin.

Entsprechend engagiert sich die Schweiz im Europarat. Unser Land war zwar bei der Gründung am 5. Mai 1949 noch nicht dabei, ist ihm aber doch schon recht bald, im Jahr 1963, beigetreten. Mit ihrer Kandidatur für das Amt des Europarat-Generalsekretärs bekräftigt die Schweiz, dass sie für die Institution und damit auch für ein regelbasiertes, demokratisches und friedliches Europa einstehen will. Auch in den Beziehungen der Schweiz zum Europarat verzeichnen wir ein Jubiläum, denn vor bald 50 Jahren – am 28. November 1974 – hat die Schweiz die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ratifiziert. Über die Einhaltung der Konvention wacht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg. Die EMRK gewährleistet Grundrechte wie das Recht auf Leben, das Folterverbot oder das Recht auf ein faires Verfahren. Darüber hinaus bietet sie einen gerichtlichen Kontrollmechanismus an. Wer eine Verletzung seiner durch die Konvention geschützten Rechte geltend macht, kann sich nach dem nationalen Instanzenzug an den Gerichtshof in Strassburg wenden. So ist in Europa ein Raum entstanden, in dem die Rechte von vielen Millionen Menschen geschützt sind. Kürzlich sorgte der EGMR mit einem Urteil zur Schweizer Klimapolitik für Aufsehen. Derzeit prüft der Bund, welche Erkenntnisse aus dem Urteil gezogen werden müssen. Entscheidender als einzelne Urteile sind mittel- und langfristig die Rechte, die jedem einzelnen Menschen in der Schweiz zukommen sowie der Wert der Rechtsstaatlichkeit auf der kontinentalen Ebene.  

Unser Kontinent gehört zu den kleinsten, sein Anteil an der Weltbevölkerung ist rückläufig, ebenso sein Anteil an der Weltwirtschaft. Sicherheit und Wohlstand sind zudem durch den russischen Krieg gegen die Ukraine besonders bedroht. Wenn wir als Europäerinnen und Europäer den Anspruch haben, dass unser politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Modell einflussreich bleibt und weltweit inspirieren kann, müssen wir unbedingt an den Lehren festhalten, die wir aus der Vergangenheit gezogen haben. Das bedeutet, die von Europa massgeblich mitgeprägten Werte engagiert zu verteidigen: die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und den sozialen Ausgleich. Auf dem Gipfel von Reykjavík 2023 haben die Länder des Europarates diese Kernaufgabe bekräftigt, die Auswirkungen von neuen Technologien auf demokratische Prozesse erörtert und der Organisation mit ihren Beschlüssen neuen politischen Elan verliehen – gerade rechtzeitig vor dem Jubiläum. Damit ist der heutige Tag mit einem Blick zurück und einem Blick nach vorn auch Anlass für Selbstbewusstsein und Optimismus: Noch aus den schwierigsten Lagen kann Zukunftsträchtiges entstehen, das hat die Gründung des Europarates 1949 bewiesen.  


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