Bundesrat und Kantone für Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens und
Verstärkung der flankierenden Massnahmen
Bundesrat und Kantone
haben am Montag die Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens auf die neuen
EU-Staaten sowie die Verstärkung der flankierenden Massnahmen zur Annahme
empfohlen. Die Abstimmung findet am 25. September statt. Der Bundesrat war durch
die Bundesräte Joseph Deiss, Micheline Calmy-Rey und Christoph Blocher
vertreten. Seitens der Kantone war der St. Galler Regierungsrat Josef Keller in
seiner Funktion als Präsident der Konferenz kantonaler
Volkswirtschaftsdirektoren anwesend.
Das eidgenössische Parlament hat im Dezember 2004 im gleichen
Bundesbeschluss die Ausdehnung des bestehenden Freizügigkeitsabkommens auf die
zehn neuen EU-Staaten sowie die Revision der flankierenden Massnahmen gegen
Lohn- und Sozialdumping mit deutlichem Mehr genehmigt. Gegen diesen
Bundesbeschluss wurde das Referendum ergriffen.
Durch ein Ja am 25. September würden die geregelten Rahmenbedingungen
für die Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz zu ihrem bei weitem wichtigsten
Partner, der EU, erweitert und gesichert, sagte der Bundesrat. Breite
Rekrutierungsmöglichkeiten für geeignete Arbeitskräfte würden das Wachstum
fördern und damit auch den Arbeitsplatz Schweiz stärken. Gleichzeitig
gewährleisten Schutzmassnahmen, dass die Öffnung nicht auf Kosten der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen. Bei einem Nein riskiere die Schweiz
dagegen eine entscheidende Verschlechterung des Wirtschaftsstandorts und damit
auch der Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die bilateralen
Beziehungen zur EU und ihren Mitgliedstaaten würden beeinträchtigt.
Das Abkommen über die Freizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU
von 1999 soll infolge der EU-Erweiterung vom 1. Mai 2004 auf die zehn neuen
EU-Staaten (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien,
Ungarn, Malta, Zypern) ausgedehnt werden. Von der EU-Erweiterung generell und
der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit im Speziellen kann die Schweiz einen
Wachstumsimpuls erwarten.
Kontrollierte Öffnung und
Arbeitnehmerschutz
Sicherheitsmassnahmen schützen vor allfälligen Risiken der
Arbeitsmarktöffnung: Die Freizügigkeit mit den neuen EU-Staaten wird
schrittweise und kontrolliert eingeführt. Bis 2011 gelten Kontingente,
Inländervorrang sowie vorgängige Lohn- und Arbeitskontrollen. Eine spezielle
Schutzklausel des Freizügigkeitsabkommens erlaubt bei starker Zuwanderung bis
2014, diese erneut zu beschränken. Zudem besteht 2009 eine weitere
Referendumsmöglichkeit, wenn das Parlament auf der Grundlage der gemachten
Erfahrungen entscheidet, ob das Freizügigkeitsabkommen weitergeführt werden
soll.
Zum besseren Schutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen werden die
flankierenden Massnahmen gegen Lohndumping im Hinblick auf die Ausdehnung des
Freizügigkeitsabkommen verstärkt. Zusätzliche Arbeitsmarktinspektoren sollen die
Arbeitsbedingungen kontrollieren, damit gegen den Missbrauch vorgegangen werden
kann. Gesamtarbeitsverträge mit den darin enthaltenen Mindestlöhnen können
erleichtert allgemeinverbindlich erklärt werden. Und bei Missbrauch werden
ausländische Arbeitgeber in Zukunft härter
bestraft.
Konsequenzen eines Nein
Lehnt
die Schweiz am 25. September die Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommen ab, würde
sie damit eine Ungleichbehandlung der neuen EU-Staaten schaffen. Dies könnte
dazu führen, dass die EU das
Abkommen kündigt.In diesem Fall würden aufgrund der sogenannten
Guillotine-Klausel automatisch auch alle übrigen bilateralen Abkommen I ausser
Kraft treten.
Ein
Verlust der Bilateralen I hätte für die Schweiz grosse wirtschaftliche und
politische Nachteile. Der Zugang zum EU-Binnenmarkt würde für unsere Unternehmen
erschwert und der Wirtschaftsstandort Schweiz geschwächt. Dies dürfte auch zu
einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen. In der Schweiz würde weniger
investiert, Unternehmen würden Arbeitsplätze vermehrt ins Ausland verlagern. Der
bewährte bilaterale Weg der schweizerischen Europapolitik wäre
gefährdet.
Bern, 4. Juli 2005
Auskunftspersonen:
Adrian Sollberger, Integrationsbüro EDA/EVD,
Tel. 031 322 26 40
Brigitte Hauser-Süss, Bundesamt für Migration (BFM),
Tel. 031 325 93 50
Rita Baldegger, Staatssekretariat für Wirtschaft (seco),
Tel. 031 323 37 90