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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Aussprache des Bundesrates über die 5. IV-Revision


Im Rahmen einer Aussprache über die Ausrichtung der 5. IV-Revision hat der
Bundesrat beschlossen, die Massnahmen zur frühzeitigen Wiedereingliederung
in den Erwerbsprozess weiter zu intensivieren. Komplementär zu diesem Ausbau
des Hilfsangebotes der IV und um die Wirksamkeit dieser präventiven
Instrumente zu optimieren soll der Zugang zur IV-Rente an strengere
Bedingungen geknüpft werden. Statt der in der Vernehmlassungsvorlage
angestrebten Reduktion der Zahl der Neurenten um 10% dürfte eine Reduktion
um 20% erreicht werden. Die dafür anfänglich notwendige Investition wirkt
sich längerfristig nachhaltig aus. Die angepasste Revision erlaubt im
Schnitt der Jahre 2007 bis 2025 eine um 120 Mio. Franken stärkere Entlastung
der IV als noch in der Vernehmlassungsvorlage vom 24. September 2004
präsentiert (also 485 Mio. anstatt 365 Mio. Franken). Für eine rasche
Sanierung der IV bleibt eine Zusatzfinanzierung absolut notwendig, die der
Bundesrat nach wie vor über die Anhebung der MWST um 0,8 Punkte umsetzen
will.

Das Eidg. Departement des Innern (EDI) hat den Bundesrat über die
hauptsächlichen Ergebnisse der Ende 2004 abgeschlossenen Vernehmlassung zur
5. IV-Revision und zur Zusatzfinanzierung der IV informiert. Die Hauptziele
der Revision werden grundsätzlich unterstützt: Ausgabenreduktion durch eine
Senkung der Anzahl Neurenten, frühzeitige und verstärkte Massnahmen zur
Integration ins Erwerbsleben und ein Bündel von gezielten Sparmassnahmen.

Die Notwendigkeit einer Zusatzfinanzierung wird grossmehrheitlich anerkannt.
In diesem Rahmen wird der Erhöhung der Mehrwertsteuer (MWST) klar der Vorzug
gegenüber einer Erhöhung der Lohnbeiträge gegeben. Etliche Stellungnahmen
betonen, dass über die Zusatzfinanzierung nur in Kenntnis der effektiv zu
erwartenden Entlastungswirkung der 5. IV-Revision befunden werden soll.

Anpassungen der Revisionsvorlage

Früherfassung und Frühintervention: Das System zur Früherfassung und
Frühintervention soll flächendeckend eingeführt werden, statt nur mit Pilotv
ersuchen in verschiedenen Wirtschaftsregionen. Die Frühintervention sieht
eine freiwillige Anmeldung Betroffener durch diese selbst, durch die
Arbeitgeber oder durch Versicherungen vor. Um keine zusätzliche Struktur
aufzubauen, wird die Frühintervention in die Verantwortung der IV-Stellen
gegeben. Gegenüber der Vernehmlassungsvorlage mit Pilotprojekten entstehen
Mehrkosten, die allerdings durch Anpassungen bei den Integrationsmassnahmen
kompensiert werden.

Integrationsmassnahmen: Die in der Vernehmlassung vorgeschlagenen
zusätzlichen Massnahmen zur sozioprofessionellen Eingliederung sollen
eingeführt, auf Grund der Vernehmlassungsergebnisse aber gezielter im Rahmen
eines individuellen Eingliederungsplans und mit konkreter individueller
Zielsetzung angeordnet werden. Diese verstärkte Konzentration der
Integrationsbemühungen erlaubt gegenüber der Vernehmlassungsvorlage
Minderausgaben, welche die Mehrkosten der flächendeckenden Einführung der
Früherfassung und Frühintervention kompensieren und darüber hinaus sogar zu
Einsparungen führen. Die berufliche Reintegration (Früherfassung und
Frühintervention sowie Integrationsmassnahmen) erlaubt unter
Berücksichtigung der erwarteten Reduktion der Neurenten Einsparungen von 200
Mio. Franken pro Jahr im Schnitt der Jahre bis 2025.

Strengere Definition des Invaliditätsbegriffs für den Anspruch auf IV-Rente:
Die Wirkung der Früherfassung und der Frühintervention sowie der
Integrationsmassnahmen muss verstärkt werden, indem die Kriterien für den
Anspruch auf eine IV-Rente strenger ausgestaltet werden (neue
Revisionsmassnahme). Während also der Zugang zu Eingliederungsmassnahmen
deutlich erleichtert und gefördert wird, wird der Zugang zur IV-Rente
erschwert, indem die gesetzliche Definition des Invaliditätsbegriffs in
Bezug auf den Anspruch auf eine Rente eingeschränkt wird. Eine Rente soll
grundsätzlich nur zugesprochen werden, wenn Eingliederungsmassnahmen von
vornherein als erfolglos beurteilt werden oder solche Massnahmen trotz
Bemühen der versicherten Person nicht zum angestrebten Ziel führen.

Im Vernehmlassungsvorschlag hatte sich der Bundesrat zum Ziel gesetzt, die
Zahl der Neurenten um 10 Prozent im Vergleich zu 2003 zu verringern. Die nun
angepasste Revision der IV dürfte sogar eine Reduktion um 20 Prozent
ermöglichen.

Sparmassnahmen

Die Vernehmlassung förderte keine neuen Sparvorschläge zu Tage. Indessen
wird an den in der Vernehmlassung vorgeschlagenen Sparmassnahmen
festgehalten:

Zusatzrenten:

Die Zusatzrente beläuft sich auf 30% der Hauptrente. Mit der 4. IV-Revision
(seit 1.1.04 in Kraft) wurden die Zusatzrenten in der IV für Rentenbezüger,
die verheiratet sind, aufgehoben, da sie sich sozial nicht mehr genügend
rechtfertigen lassen. Davon sind die bereits laufenden Zusatzrenten
allerdings nicht betroffen. Durch die sofortige Aufhebung aller laufenden
Zusatzrenten können durchschnittlich 116 Mio. Franken pro Jahr eingespart
werden.

Karrierezuschlag:

Der Karrierezuschlag soll aufgehoben werden. Die Renten werden auf der
Grundlage des Erwerbseinkommens berechnet, welches durch die zuletzt ohne
gesundheitliche Einschränkung ausgeübte Tätigkeit erzielt worden ist. Diese
Massnahme führt bis ins Jahr 2025 zu jährlichen Einsparungen von
durchschnittlich 102 Millionen Franken.

Medizinische Massnahmen:

Medizinische Massnahmen - mit Ausnahme jener bei Geburtsgebrechen - sollen
durch die obligatorische Krankenversicherung finanziert werden. Mit der
Streichung von Artikel 12 IVG können die IV-Ausgaben um 69 Mio. Franken
gesenkt werden.

Anpassungen des IV-Taggeldsystem an jenes der Arbeitslosenversicherung,
Aufhebung der Mindestgarantie:

Das IV-Taggeldsystem wird folgendermassen angepasst: Das Kindergeld soll
gekürzt und die Mindestgarantie für Nichterwerbstätige aufgehoben werden. Am
aktuellen Taggeldansatz von 80% für alle Versicherten soll jedoch
festgehalten werden. Er wird nicht wie in der Vernehmlassung vorgesehen auf
70% gekürzt. Die Einsparungen reduzieren sich dadurch auf 21 (statt 34) Mio.
Franken.

Mindestbeitragsdauer:

Die Mindestbeitragsdauer in der IV soll von einem auf drei Jahre angehoben
werden. Damit kann eine nicht auszuschliessende vorsorgliche Anmeldung bei
der IV nach nur gerade einem Jahr Aufenthalt in der Schweiz vermieden
werden. Dies ermöglicht Einsparungen von rund 2 Mio. Franken.

Mit diesen Massnahmen können Einsparungen von 310 Millionen Franken erzielt
werden. Zusammen mit den 200 Millionen Franken, die die berufliche
Reintegration (Früherfassung und Frühintervention sowie
Integrationsmassnahmen) unter Berücksichtigung der erwarteten Reduktion der
Neurenten bringt, beträgt das Total der Einsparungen 510 Millionen Franken.

Weitere Revisionspunkte

Erhöhung der IV-Lohnbeiträge:

Als Kompensation der Minderausgaben in der beruflichen Vorsorge und damit
der finanziellen Entlastung der Wirtschaft auf Grund der erwarteten
Reduktion der Neurenten werden die Lohnbeiträge für die IV um 1 Lohnpromille
auf 1,5 Prozent erhöht, was zu jährlichen Mehreinnahmen von 300 Mio. Franken
führt.

Kürzung des Bundesbeitrages an die IV auf 36,5 Prozent (begrenzt auf 10
Jahre):

Die Senkung des Bundesbeitrages an die IV von 37,5 auf 36,5 Prozent der
IV-Ausgaben beschloss der Bundesrat im Zusammenhang mit seinen Entscheiden
zum Entlastungsprogramm 2004, das momentan im Parlament
(Nationalratskommission) zur Diskussion steht. Der Bundesrat hält aber klar
daran fest, dass diese Senkung nur unter zwei Bedingungen erfolgen soll: Die
IV-Lohnbeiträge werden um 0,1 Prozentpunkte von 1,4 auf 1,5 Prozent
angehoben und die Mehrwertsteuer wird um 0,8 Prozentpunkte erhöht. Dies
ergibt im Schnitt der Jahre bis 2025 Mindereinnahmen von 70 Mio. Franken.

Finanzielle Auswirkungen der 5. IV-Revision

Da die öffentliche Hand 50% der IV-Ausgaben finanziert, halbieren sich die
oben erwähnten Einsparungen von 510 Mio. Fr. und schlagen sich als
Mindereinnahmen auf der Einnahmeseite (50% von 510 Mio. Franken = 255 Mio.
Franken) in der IV-Rechnung nieder.

Berücksichtigt man die Mehreinnahmen der Beitragserhöhung (300 Mio. Fr.),
die Mindereinnahmen durch die Kürzung des Bundesbeitrages (-70 Mio. Fr.)
sowie die Mindereinnahmen durch die reduzierte Finanzierung aus der
öffentlichen Hand (-255 Mio. Fr.) und rechnet sie auf mit den durch die
Sparmassnahmen erzielten Einsparungen (510 Mio. Fr.), so ergibt sich für den
Finanzhaushalt der IV durch die 5. IV-Revision bis ins Jahr 2025 eine
durchschnittliche jährliche Entlastung von rund 485 Mio. Franken. Die
Vernehmlassungsvorlage sah eine Entlastung um 365 Mio. Franken vor.

Zusatzfinanzierung über die Mehrwertsteuer

Eine Zusatzfinanzierung der IV parallel zu den strukturellen
Revisionsmassnahmen und den Sparmassnahmen ist absolut notwendig. Die
Zusatzfinanzierung soll ausschliesslich durch eine Erhöhung der
Mehrwertsteuer erfolgen. Diese Ansicht teilt auch der Grossteil der
Vernehmlassungsteilnehmenden. Der Bundesrat geht nach wie vor von einer
Anhebung der MWST um 0,8 Prozentpunkte auf 2008 aus. Mit den vereinten
Anstrengungen aus Zusatzfinanzierung und den Revisionsmassnahmen würde die
IV ab 2009 nicht mehr defizitär arbeiten und ihre Schulden würden von
gegenwärtig über 6 Mia. Franken bis 2025 auf 737 Mio. Franken sinken.

Sollte der Anteil des Bundes am Nationalbankgold zur Tilgung der IV-Schuld
verwendet werden (Annahme: Transfer ohne Zinsen auf Ende 2009), so würde
eine Anhebung der MWST um 0,7 Punkte auf 2008 genügen. Die IV würde ab 2010
nicht mehr defizitär arbeiten und ihre Schulden würden bis Ende 2025 auf 20
Mio. Franken sinken.

Zeitplan

Der Bundesrat will den Vernehmlassungsbericht und die Botschaften zur 5.
IV-Revision und zur Zusatzfinanzierung noch vor der Sommerpause
verabschieden. Das Parlament könnte mit der Beratung somit in der
Wintersession '05 beginnen. Angestrebt wird, die Revision auf 1.1.2007 in
Kraft zu setzen, die Zusatzfinanzierung auf 1.1.2008.

EIDG. DEPARTEMENT DES INNERN
Presse- und Informationsdienst

Auskunft:            031 / 322 46 40

                        Yves Rossier, Direktor

                        Bundesamt für Sozialversicherung

                        031 / 322 91 32

                        Alard Du Bois-Reymond, Vizedirektor

                        Leiter Geschäftsfeld Invalidenversicherung

                        Bundesamt für Sozialversicherung

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www.bsv.admin.ch