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Die Schweiz will das Protokoll Nr. 14 zur Menschenrechtskonvention (EMRK) ratifizieren

 

Bern, 04.03.2005. Der massive Anstieg der Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte droht dessen Wirksamkeit in Frage zu stellen. Deshalb soll die Arbeit des Gerichtshofes vereinfacht und beschleunigt werden. Der Bundesrat hat am Freitag das Protokoll Nr. 14 zur Menschenrechtskonvention gutgeheissen, das für bestimmte Beschwerden vereinfachte Verfahren einführt.

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg befindet sich in einer alarmierenden Situation. Ende 2004 waren rund 80 000 Beschwerden hängig; für das laufende Jahr werden über 50 000 neue Beschwerden erwartet. Als Hauptursachen der Beschwerdeflut gelten einerseits die unzulässigen Beschwerden (über 90 Prozent aller Beschwerden) sowie andrerseits die offensichtlich begründeten Beschwerden, namentlich Tausende von repetitiven Beschwerden, die den gleichen Gegenstand betreffen (z.B. die Dauer innerstaatlicher Gerichtsverfahren).

 

Führende Rolle der Schweiz

Das unter Leitung der Schweiz ausgearbeitete Protokoll Nr. 14 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sieht eine Reihe von Massnahmen vor, um diese Beschwerden möglichst wirksam aussondern und bearbeiten zu können.

 

·         Ein Einzelrichter kann neu eine Beschwerde für unzulässig erklären, wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann (z.B. wenn die Beschwerdefrist nicht eingehalten wurde).

 

·         Bei offensichtlich begründeten Beschwerden kann ein Ausschuss mit drei Richtern in einem summarischen Verfahren urteilen, ob die EMRK verletzt wurde - sofern er sich auf eine gefestigte Rechtsprechung des Gerichtshofs stützen kann (z.B. bei Wiederholungsfällen).

 

·         Ein neues Zulässigkeitskriterium ermächtigt den Gerichtshof, eine Beschwerde für unzulässig zu erklären, wenn dem Beschwerdeführer kein erheblicher Nachteil entstanden ist. Ausgenommen sind Beschwerden, die trotz ihrer Belanglosigkeit wichtige Auslegungs- und Anwendungsfragen der EMRK aufwerfen oder die noch von keinem innerstaatlichen Gericht geprüft worden ist.

 

Den Vollzug der Urteile sichern

Eine weitere Ursache für die Überlastung des Gerichtshofes ist auf den Nichtvollzug von Urteilen zurückzuführen. Dies gilt insbesondere, wenn die festgestellte Verletzung ein Problem betrifft, das sich hundert- oder tausendfach wiederholen könnte. Deshalb erhält das Ministerkomitee des Europarates die Möglichkeit, beim Gerichtshof gegen den Staat zu klagen, der sich weigert, ein Urteil des Gerichtshofes zu vollziehen. Die Einleitung eines Säumnisverfahrens bedarf eines Beschlusses mit Zweidrittelsmehrheit und dürfte nur ausnahmsweise zum Zuge kommen. Es handelt sich um ein Druckmittel, um den Vollzug der Urteile des Gerichtshofes zu sichern.

 

Weitere Auskünfte:

Vizedirektor Philippe Boillat, Bundesamt für Justiz, Tel. 031  322 41 40