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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Eidg.Volksinitiative: 'Volkssouveränität statt Behördenpropaganda'

Ausführungen von Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz

3003 Bern, 10. November 2004

Das Thema, zu dem ich mich hier äussern möchte, betrifft die Initiative "Volkssouveränität statt Behördenpropaganda". Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung seinen Willen bekräftigt, sich im Vorfeld eidgenössischer Volksabstimmungen auch künftig aktiv zu engagieren. Er hat deshalb beschlossen, die sogenannte „Maulkorb-Initiative“ ohne Gegenentwurf zur Ablehnung zu empfehlen. Zugleich hat er die Bundeskanzlei beauftragt, bis im Mai 2005 die Botschaft ans Parlament in diesem Sinn vorzubereiten.

Die Frage des Engagements des Bundesrates im Vorfeld von eidgenössischen Volksabstimmungen hat in den letzten Jahren verschiedentlich zu Diskussionen Anlass gegeben. So hatte der Bundesrat schon im Jahr 2001 einen Bericht der Konferenz der Informationsdienste KID zur Kenntnis genommen und die darin enthaltenen Empfehlungen als Leitplanken für seine künftigen Tätigkeiten vor Volksabstimmungen definiert. Heute nun hat der Bundesrat seine Haltung ganz klar bestätigt.

Die Grundlage für sein diesbezügliches Wirken findet sich in der Bundesverfassung. Artikel 174 beschreibt den Bundesrat als oberste leitende und vollziehende Behörde des Bundes. In Artikel 180 heisst es – ich zitiere: Er bestimmt die Ziele und Mittel seiner Regierungspolitik, er plant und koordiniert seine staatlichen Tätigkeiten und – das ist hier besonders wichtig – er  informiert die Öffentlichkeit rechtzeitig und umfassend über seine Tätigkeit.

Der Bundesrat hat folglich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, sich in der politischen Diskussion zu engagieren und seine Haltung offen kund zu tun. Laut Regierungs- und Verwaltungsorganisations-Gesetz RVOG muss er für eine einheitliche, frühzeitige und kontinuierliche Information des Parlaments, der Kantone und der Öffentlichkeit sorgen.

In der politischen Auseinandersetzung setzt sich der Bundesrat dafür ein, Mehrheiten im Parlament, bei den Parteien und Kantonen, aber auch beim den Sozialpartnern zu finden.

Dass er nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens auf seinen Informationsauftrag verzichten und sich im Hinblick auf einen Volksentscheid aus der politischen Debatte heraushalten soll, kann und darf keinesfalls zu einem Element in unserem demokratischen System werden!

Zu den Aufgaben des Bundesrates gehört es auch, seine Meinung und die Gründe für oder gegen eine Vorlage aktiv zu kommunizieren. Gerade bei umstrittenen Vorlagen hat der mündige Bürger und die mündige Bürgerin ein Anrecht zu erfahren, welche Haltung die Landesregierung vertritt.

Die Tätigkeiten des Bundesrates haben sich natürlich innerhalb klar umrissener Leitlinien zu bewegen. So bestehen etablierte Grundsätze zur behördlichen Information, die breit anerkannt sind und sowohl vom Bundesrat als auch von der Verwaltung eingehalten werden. Ich nenne die Kontinuität, die Transparenz, die Sachlichkeit und die Verhältnismässigkeit.

Diese Grundsätze sind in verschiedenen Dokumenten festgehalten und vom Bundesrat wiederholt bekräftigt worden – so auch heute. Eine gesetzliche Normierung seines Informationsauftrags lehnt der Bundesrat ab. Schon Montesquieu hat gesagt: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, KEIN Gesetz zu machen. Die Propaganda-Diskussion bei umstrittenen Geschäften würde ohnehin nicht eingedämmt werden können.

In diesem Sinn empfiehlt der Bundesrat nicht nur die Ablehnung der eidgenössischen Volksinitiative „Volkssouveränität statt Behördenpropaganda“. Er wird auch weiterhin gegen die zur Zeit in der ständerätlichen Kommission befindliche Motion der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats plädieren, die eine gesetzliche Regelung der Tätigkeit des Bundesrates vor eidgenössischen Volksabstimmungen verlangt.