Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens zu den
bilateralen Abkommen II Schweiz-EU
Der Bundesrat hat am
Mittwoch beschlossen, das Vernehmlassungsverfahren zu den bilateralen Abkommen
II Schweiz - EU zu eröffnen. Das eidgenössische Departement für auswärtige
Angelegenheiten (EDA) sowie das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD)
wurden beauftragt, das Verfahren bei den Kantonen, dem Bundesgericht, den
politischen Parteien sowie bei interessierten Organisationen einzuleiten.
Ende der Vernehmlassung ist
der 10. September 2004, für die Kantone wurde die Frist bis zum 17. September
verlängert. Nach der Vernehmlassung werden die Abkommen von der Schweiz und der
EU unterzeichnet und können anschliessend ab Herbst dem Parlament in separaten
Genehmigungsbeschlüssen, aber einer Sammelbotschaft unterbreitet werden.
Ab 17. Juni 2002 wurde in
insgesamt zehn Dossiers der Bilateralen II parallel verhandelt. Das Dossier
Dienstleistungen wurde angesichts der Vielzahl offener Punkte im März 2003 in
gegenseitigem Einvernehmen zwischen der Schweiz und der EU von den Bilateralen
II abgekoppelt. Am 19. Mai 2004 wurden die Verhandlungen politisch abgeschlossen
und am 25. Juni 2004 die Abkommen paraphiert.
Acht der neun
Verhandlungsergebnisse der Bilateralen II sind Abkommen (verarbeitete
Landwirtschaftsprodukte, Statistik, Ruhegehälter, Umwelt, Medien,
Schengen/Dublin, Betrugsbekämpfung, Zinsbesteuerung) und müssen vom Parlament
genehmigt werden. Beim neunten Verhandlungsergebnis (EU-Programme
Bildung/Berufsbildung/Jugend) handelt es sich um eine Absichtserklärung. Der
Bundesrat beantragt dem Parlament, sieben der Abkommen (ausser jenem über
verarbeitete Landwirtschaftsprodukte) dem fakultativen Referendum zu
unterstellen.
Nicht erfüllt sind dagegen
die verfassungsmässigen Voraussetzungen für das obligatorische
Staatsvertragsreferendum. Für dieses müsste ein Beitritt zu einer Organisation
für kollektive Sicherheit oder zu einer supranationalen Gemeinschaft vorliegen.
Auch beim Assoziationsabkommen zu Schengen/Dublin ist das nicht der Fall. Jede
Übernahme von künftigem Schengen-Recht durch die Schweiz ist erst nach Abschluss
eines neuen völkerrechtlichen Vertrags möglich. Für diesen bedarf es erneut der
Zustimmung der Schweiz gemäss den schweizerischen Genehmigungsverfahren
(Bundesrat, Parlament, Referendum). Es findet somit keine
Souveränitätsübertragung statt.
Die Bilateralen II bringen
Lösungen für konkrete gegenseitige Anliegen der Schweiz und der EU. Es geht in
diesen Dossiers sowohl um wirtschaftliche Interessen der Schweiz (beispielsweise
der Nahrungsmittelindustrie, des Finanzplatzes oder des Tourismus) als auch um
eine verstärkte Zusammenarbeit in Politikbereichen wie innere Sicherheit und
Asylpolitik sowie Umwelt, Statistik, Kultur und Bildung.
Bern, 30. Juni
2004
Auskunft:
Adrian Sollberger,
Integrationsbüro EDA/EVD; Tel. 031 322 26 40
Die
Vernehmlassungsunterlagen finden Sie auf www.europa.admin.ch
Die einzelnen Dossiers der Bilateralen
II
Schengen/Dublin
Schengen erleichtert den
freien grenzüberschreitenden Reiseverkehr durch den Abbau systematischer
Personenkontrollen an der Grenze. An der Schweizer Grenze werden aber auch bei
einer Schengen-Mitgliedschaft weiterhin Zollkontrollen sowie Personenkontrollen
aufgrund eines polizeilichen Anfangsverdachts durchgeführt werden. Dazu kommen
mobile Kontrollen im grenznahen Bereich. Die innere Sicherheit wird im Rahmen
von Schengen durch die verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit von
Polizei und Justiz gegen das internationale Verbrechen und den Terrorismus
verbessert; u.a. durch das computergestützte europaweite Fahndungssystem
SIS.
Dublin regelt die
Zuständigkeit für Asylgesuche gemäss präzisen Kriterien. Asylsuchende haben das
Recht auf ein Gesuch in dem für sie zuständigen Staat. Dank der
Fingerabdruck-Datenbank Eurodac können Zweitgesuchsteller eindeutig
identifiziert und ins zuständige Land zurückgewiesen
werden.
Zinsbesteuerung
Die Schweiz erhebt
zugunsten der EU-Staaten einen Steuerrückbehalt, der schrittweise bis 35%
angehoben wird. Dieser Steuerrückbehalt betrifft ausschliesslich Zinserträge von
natürlichen Personen mit Steuersitz in der EU.
Betrugsbekämpfung
Die Zusammenarbeit zwischen
der Schweiz und der EU gegen Schmuggel und andere Deliktformen im indirekten
Steuerbereich (Zoll, Mehrwertsteuer, Verbrauchssteuer), im Bereich Subventionen
sowie beim öffentlichen Beschaffungswesen wird intensiviert und
ausgebaut.
Verarbeitete Landwirtschaftsprodukte
Für eine breite Palette
von Produkten der Nahrungsmittelindustrie (wie Schokolade, Biskuits, Suppen,
Saucen, Teigwaren, löslicher Kaffee etc.) werden Zölle und Exportsubventionen
abgebaut.
Umwelt
Die
Schweiz wird Mitglied der Europäischen Umweltagentur, einem wichtigen Instrument
der europäischen Zusammenarbeit im Umweltbereich.
Statistik
Die
statistische Datenerhebung wird harmonisiert. Ziel ist der Zugang zu einer
breiten Basis vergleichbarer, gesicherter statistischer Daten als Grundlage für
Entscheide in Politik und Wirtschaft.
Media
Schweizer Filmschaffende erhalten vollberechtigten Zugang zu den
Förderungsprogrammen MEDIA der EU zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des
europäischen Films.
Ruhegehälter
Die
Doppelbesteuerung von ehemaligen EU-Beamten mit Wohnsitz in der Schweiz wird
aufgehoben.