Bern,
23.06.2004. Börsenkotierte Gesellschaften sollen Vergütungen und
Beteiligungen
der Mitglieder von Verwaltungsräten und der Geschäftsleitung offen legen.
Der
Bundesrat hat am Mittwoch die Botschaft zur entsprechenden Revision des
Obligationenrechts (OR) verabschiedet.
Das geltende
Aktienrecht enthält keine Vorschriften über die Pflicht
zur Offenlegung der Vergütungen an Mitglieder des Verwaltungsrates und der
Geschäftsleitung. Der Verwaltungsrat befindet heute
in der Regel selbst über die Entschädigung seiner Mitglieder, wobei von Gesetzes
wegen jegliche Transparenz fehlt. Dies führt zu Interessenkonflikten, da die
Verwaltungsratsmitglieder zugleich sich selber, aber auch die Gesellschaft als
ihre Gegenseite vertreten. Da bei Publikumsgesellschaften infolge der starken
Streuung des Aktienbesitzes die Aktionäre ihre Eigentumsinteressen nicht zu
schützen vermögen, hat der Gesetzgeber entsprechende Regeln
aufzustellen.
Die
im Rahmen der Selbstregulierung der Schweizer Börse erlassene Regelung
betreffend Transparenz der Bezüge genügt nach Auffassung des Bundesrates nicht.
Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Bedeutung der Transparenz liegt
es am Gesetzgeber, mit einer Revision des OR die fehlenden Normen im Aktienrecht
zu verankern und die erforderlichen Interessenabwägungen vorzunehmen.
Vergütungen
und Beteiligungen offen legen
Die Revision
verlangt, dass die Gesamtsumme der Vergütungen offen zu legen ist, die den
gegenwärtigen und früheren Mitgliedern des Verwaltungsrates und der
Geschäftsleitung sowie den ihnen nahe stehenden Personen ausgerichtet wird.
Zudem sollen die jedem einzelnen Mitglied des Verwaltungsrates geleisteten
Beiträge und die höchste auf ein Mitglied der Geschäftsleitung entfallende
Vergütung aufgeführt werden.
Der Bundesrat
sieht hingegen von einer Pflicht zur individuellen Offenlegung für sämtliche
Direktionsmitglieder ab. Die Gefahr eines Interessenkonfliktes besteht hier
nicht, da ihre Entschädigung nicht von ihnen selbst, sondern vom Verwaltungsrat
festgelegt wird.
Ebenso sind
allfällige Darlehen an die leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter offen zu
legen. Ausserdem sind auch die
Beteiligungen anzugeben, welche die Mitglieder des Verwaltungsrates und der
Geschäftsleitung sowie die ihnen nahe stehenden Personen an der Gesellschaft
halten.
Stärkung
der Position der Aktionärinnen und Aktionäre
Die
neuen Bestimmungen im OR sollen bei Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien
mehr Transparenz schaffen. Insbesondere die Aktionärinnen und Aktionäre erhalten
damit eine umfassendere Einsicht und können ihre Kontrollfunktion besser
wahrnehmen. Damit wird zu einem guten Funktionieren des
Kapitalmarktes beigetragen.
Die Schaffung von
Transparenz gehört zu den Anliegen von Corporate Governance. Darunter ist
die Gesamtheit der Grundsätze zu verstehen, welche die Leitung und die
Überwachung eines Unternehmens betreffen. Hierzu ist eine
weitere Revisionsvorlage in Vorbereitung. Wegen ihrer besonderen Dringlichkeit
wird die Frage der Transparenz bei Gesellschaften mit kotierten Aktien
vorgezogen und separat geregelt.
Weitere Auskünfte:
Adrian
Rapp, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 322 41 90