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Medienmitteilung

Gipfeltreffen Schweiz – EU: Politische Einigung in den bilateralen Verhandlungen

Anlässlich eines Gipfeltreffens am Mittwoch in Brüssel haben die Schweiz und die EU eine politische Einigung bei den Bilateralen II, in der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit sowie in weiteren bilateralen Fragen erzielt. Die Schweiz war durch Bundespräsident Joseph Deiss, Bundesrätin Micheline Calmy-Rey sowie Bundesrat Hans-Rudolf Merz vertreten. Empfangen wurde die schweizerische Delegation durch die gesamte EU-Kommission sowie durch die irische Vize-Premierministerin Mary Harney als Vertreterin der EU-Ratspräsidentschaft.

Bundespräsident Joseph Deiss würdigte die politische Einigung als bedeutenden Schritt zur Stärkung der Position der Schweiz in Europa. Wichtige Anliegen beider Seiten seien in einem ausgewogenen Gesamtresultat geregelt worden. Die Bilateralen II betreffen sowohl bedeutende wirtschaftliche Interessen (Nahrungsmittelindustrie, Finanzplatz, Tourismus) als auch die Zusammenarbeit in weiteren zentralen Politikbereichen wie innere Sicherheit, Asylwesen, Umwelt und Kultur. 

Bei der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit, so der Bundespräsident, werde durch die ausgehandelten Übergangsfristen eine kontrollierte Öffnung der Arbeitsmärkte gewährleistet. Gleichzeitig leiste die Schweiz weit gehende Kooperation bei der Zinsbesteuerung und verstärke den Kampf gegen Schmuggel, Abgabe- und Mehrwertsteuerdelikte.

Bundesrätin Calmy-Rey unterstrich ihrerseits die Wichtigkeit einer Stärkung der inneren Sicherheit und Entlastung des Asylwesens durch die Teilnahme der Schweiz an Schengen/Dublin. Zudem erhalte die Schweiz durch Schengen/Dublin die Garantie einer dauerhaften Sicherung des Bankgeheimnisses im Bereich der direkten Steuern. Auch EFD-Vorsteher Hans-Rudolf Merz begrüsste die Regelung der Rechts- und Amtshilfe in den Bilateralen II; durch die Abkommen insgesamt seien die Interessen des Finanzplatzes Schweiz gewahrt.

Die politische Einigung wurde in einer gemeinsamen Erklärung festgehalten. Diese umfasst die Lösungen der letzten offenen Punkte sowohl in den Bilateralen II als auch bei der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit (BilateraleI) auf die neuen EU-Mitgliedstaaten. Weitere Punkte der Erklärung betreffen die Beibehaltung der Zollfreiheit für Re-Exporte sowie die Weiterführung bisheriger Agrarpräferenzen für die neuen EU-Mitgliedsstaaten. Schliesslich begrüsst die EU in dem gemeinsamen Dokument die schweizerische Absicht, einen Beitrag an die soziale und wirtschaftliche Kohäsion der erweiterten EU zu leisten.

Garantie des Bankgeheimnisses

Die zentralen Punkte der politischen Einigung betreffen die Bilateralen II. Differenzen bestanden in der Schlussphase der Verhandlungen noch in den Dossiers Betrugsbekämpfung und Schengen/Dublin. In der nun gefundenen Einigung erhält die Schweiz in Schengen/ Dublin eine Garantie, dass das Bankgeheimnis im Bereich der direkten Steuern dauerhaft gewahrt bleibt.

Die Lösung im Bereich der Betrugsbekämpfung sieht vor, dass den EU-Behörden im Bereich indirekter Steuern (Zollabgaben, Mehrwertsteuer, Verbrauchssteuer wie beispielsweise auf Tabak und Alkohol) sowie im Bereich der Subventionen und des Beschaffungswesens die  gleiche Behandlung wie den schweizerischen Behörden gewährt wird. Das heisst, Zwangsmassnahmen (Zeugeneinvernahme, Beschlagnahmung, Einsicht in Bankkonten) werden im Rahmen von Rechts- und Amtshilfe unter den gleichen Voraussetzungen gewährt wie nach schweizerischem Recht in einem schweiz-internen Verfahren. Eine Zusammenarbeit wird somit auch bei grösseren Hinterziehungsfällen indirekter Steuern möglich. Auf dieser Basis kann nun der Abkommenstext bereinigt werden.

Im weiteren wird die Schweiz bei Geldwäscherei (im Bereich der indirekten Fiskalität) dann Rechtshilfe leisten, wenn das Geld aus einem Delikt stammt, das – wäre es in der Schweiz begangen worden – einen Abgabebetrug oder  einen  gewerbsmässigen Schmuggel nach schweizerischem Recht darstellen würde. Der Geldwäschereibegriff gemäss schweizerischem Strafgesetzbuch bleibt unverändert. Für die schweizerischen Finanzintermediäre entsteht keine neue Meldepflicht.

Übergangsfristen und Schutzklausel

In Bezug auf die Ausdehnung der Freizügigkeit kann die Schweiz gegenüber den neuen EU-Mitgliedsstaaten (ohne Malta und Zypern) arbeitsmarktliche Beschränkungen (Inländervorrang, Lohnkontrolle, Kontingente) bis am 30. April 2011 anwenden. Diese Übergangsfrist entspricht der EU-internen Regelung. Darüber hinaus gilt für die Schweiz die bis zum 31. Mai 2014 laufende Schutzklausel (Wiedereinführung von Kontingenten bei starker Zuwanderung) des bestehenden Freizügigkeitsabkommens.

Zusätzlich unterstellt die Schweiz auch Kurzaufenthalter bis vier Monate sowie Dienstleistungserbringer in gewissen Bereichen schweizerischen Restriktionen wie Inländervorrang, Lohnkontrolle und Qualifikationserfordernisse.

Schlussdokument zum Gipfel Schweiz-EU – Übersicht über die Verhandlungslösungen der letzten Fragen:

http://www.admin.ch/ch/d/cf/brennpunkt/annexe/bilaterale_II_rohstoff_052004.pdf

Bern, 19. Mai 2004

Für Rückfragen: Adrian Sollberger,

Chef Information des Integrationsbüros EDA/EVD

Tel. 0041 79 301 62 84

Urs Hammer, Schweizerische Mission bei der EU

Tel. 0032 2 286 13 29