Aussprache des Bundesrates
Bern, 26.11. 2003. Der Bund will sich bei der Bekämpfung der Netzwerkkriminalität verstärkt engagieren. Der Bundesrat hat am Mittwoch an einer Aussprache beschlossen, die strafrechtliche Verantwortlichkeit für illegale Internet-Inhalte speziell zu regeln und neue Ermittlungsmöglichkeiten auf Bundesebene vorzuschlagen. Das EJPD wird 2004 entsprechende Vorschläge in die Vernehmlassung schicken.
Im Herbst 2001 setzte
Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold,
Vorsteherin des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), die Expertengruppe
„Netzwerkkriminalität“ ein. Die Gruppe hatte den Auftrag zu prüfen, mit welchen
Mitteln Rechtsverletzungen, die im Internet begangen werden, verhindert resp.
geahndet werden können und wie die strafrechtliche Verantwortlichkeit im
Internet zu regeln sei. Bundesrätin Metzler-Arnold erteilte zudem einer aus Bund
und Kantonen, Polizei und Justiz zusammengesetzten Arbeitsgruppe „Genesis“ den
Auftrag, die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen der
landesweiten Operation gegen Kinderpornografie im Internet („Genesis“) im
Hinblick auf künftige Fälle zu analysieren und entsprechende
Verbesserungsvorschläge auszuarbeiten.
Differenzierte
Verantwortlichkeit der Provider
Aufgrund der Berichte beider
Gruppen hat der Bundesrat eine erste Aussprache geführt. Die Expertenkommission
„Netzwerkkriminalität“ schlägt in Anlehnung an die E-Commerce-Richtlinie der
Europäischen Union (EU) vor, das Strafgesetzbuch (StGB) mit einer neuen
speziellen Regelung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Internet zu
ergänzen. Der Autor und der Content-Provider (Inhaltsanbieter) sollen für die
von ihnen ausgehenden illegalen Internet-Inhalte strafrechtlich voll
verantwortlich sein. Der Hosting-Provider - er stellt seinen Kunden, den
Content-Providern, einen Internet-Server zur Verfügung, worauf sie eigene
Informationen anbieten können - soll für illegale Inhalte nur beschränkt
verantwortlich sein, z.B. wenn er von Dritten erhaltene Hinweise auf solche
Inhalte nicht an die Strafverfolgungsbehörden weiterleitet. Der Access-Provider
(Zugangsvermittler) soll hingegen für die illegal zirkulierenden Inhalte nicht
verantwortlich gemacht werden können.
Neue
Ermittlungsmöglichkeiten für den Bund
Die Expertengruppe
„Netzwerkkriminalität“ sowie die Arbeitsgruppe „Genesis“ erarbeiteten
verschiedene Vorschläge für eine effizientere Strafverfolgung in
kantonsübergreifenden und internationalen Fällen. Der Bundesrat unterstützt das
Modell der Arbeitsgruppe „Genesis“. Dieses gibt dem Bund bei der Verfolgung von
strafbaren Handlungen, die mittels elektronischer Kommunikationsnetze ganz oder
teilweise im Ausland oder in mehreren Kantonen verübt wurden, in der ersten
Verfahrensphase neue Ermittlungsmöglichkeiten. Der Bundesrat will aber darauf
verzichten, eine umfassende neue Bundeskompetenz bzw. Bundesgerichtsbarkeit nach
dem Vorbild der Effizienzvorlage im Bereich der Netzwerkkriminalität zu
schaffen. Die Strafverfolgungsbehörden des Bundes sollen lediglich in der ersten
Phase der Strafverfolgung Koordinationsfunktionen wahrnehmen und einzelne
dringend notwendige Ermittlungen anordnen können. Die kantonalen
Strafverfolgungskompetenzen sollen dabei jedoch erhalten
bleiben.
Vernehmlassungseröffnung
2004
Gestützt
auf die heutige Aussprache wird das EJPD dem Bundesrat einen Vorschlag für die
Umsetzung der beiden Berichte unterbreiten. Dieser wird dann mit den Berichten
als Dokumentation im Jahr 2004 in die Vernehmlassung
geschickt.
Weitere
Auskünfte:
Grace Schild Trappe, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 322 43 89