Volksabstimmung vom 8. Februar 2004
Bern, 18.11.2003. Das Strafgesetzbuch und die Volksinitiative „Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter“ verfolgen das gleiche Ziel. Doch im Ergebnis schützt das umfassende Sicherheitskonzept des revidierten Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches die Gesellschaft besser vor gefährlichen Straftätern als die unvollständige und mit Schwächen behaftete Volksinitiative, über die Volk und Stände am 8. Februar 2004 abstimmen.
Die am 3. Mai 2000 mit 194 390 gültigen Unterschriften eingereichte Volksinitiative verlangt, dass extrem gefährliche, nicht therapierbare Sexual- und Gewaltstraftäter lebenslang verwahrt werden und keinen Hafturlaub bekommen. Entlassungen sollen nur dann geprüft werden, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass der Täter geheilt werden kann und künftig für die Gesellschaft keine Gefahr mehr darstellt.
Umfassendes
Konzept statt punktuelle Forderungen
Die
punktuellen Forderungen der Initiative gehen kaum über die heutigen Regelungen
des Strafgesetzbuches hinaus. Zudem bringt die vom Parlament bereits
verabschiedete Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches eine Reihe
von Neuerungen, welche die Gesellschaft besser vor gefährlichen Straftätern
schützen. Das umfassende Konzept des Strafgesetzbuches gewährleistet mehr
Sicherheit als die unvollständige Initiative.
Alle
gefährlichen Täter verwahren
Alle
gefährlichen Täter, die schwere Straftaten begangen haben und rückfallgefährdet
sind, können gemäss Strafgesetzbuch - wenn nötig lebenslang - verwahrt werden.
Die Initiative erfasst nur eine Minderheit der gefährlichen Straftäter: Nur die
psychisch gestörten, jedoch nicht therapierbaren extrem gefährlichen Sexual- und
Gewaltstraftäter (gemäss Schätzungen von Fachleuten etwa 20 von den heute rund
100 verwahrten Tätern) könnten gemäss Initiative verwahrt werden. Einen
Hafturlaub schliesst das Strafgesetzbuch zudem nicht nur für verwahrte Täter
aus, wie dies die Initiative verlangt, sondern für alle gefährlichen Täter, bei
denen Flucht- oder Wiederholungsgefahr besteht.
Die
Entlassung gefährlicher Täter verhindern
Das neue
Strafgesetzbuch ermöglicht es den Gerichten, gegenüber Tätern, die sich erst im
Strafvollzug als gefährlich erweisen, nachträglich eine Therapie bzw. eine
Verwahrung anzuordnen, wenn die Therapie nicht zum Ziel führt. Gemäss Initiative
hat die Verwahrung im Grundurteil angeordnet zu werden. Erweist sich der Täter
im Strafvollzug als gefährlich, muss er trotzdem entlassen werden. Die
Initiative lässt es ferner zu, dass Täter aufgrund von neuen und damit noch
nicht bewährten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Therapien aus der
Verwahrung entlassen werden. Sie schliesst deshalb nicht aus, dass Straftäter
bereits aus der Verwahrung entlassen werden, bevor sie geheilt sind. Was danach
mit ihnen geschieht, dazu schweigt sich die Initiative aus.
Im
Gegensatz zur Initiative sieht das Strafgesetzbuch vor, dass ein therapierbarer
Täter in einer geschlossenen Einrichtung behandelt werden kann. Der
ungefährliche Täter wird zudem gemäss Strafgesetzbuch nie definitiv, sondern
immer mit einer Probezeit aus der Verwahrung oder aus einer Behandlung
entlassen. Während der Probezeit, die so oft als notwendig verlängert wird, kann
er nachträglich betreut und überwacht werden. Zudem genügt bereits der geringste
Hinweis darauf, dass der Täter neue Straftaten begehen könnte, damit er in die
Verwahrung zurückgenommen werden kann.
Anderseits
ist die Initiative vom menschenrechtlichen Standpunkt aus fragwürdig. Sie kann
dazu führen, dass Täter nicht aus der Verwahrung entlassen werden dürfen, obwohl
sie nachweislich (z.B. infolge Krankheit oder Alter) ungefährlich geworden sind
oder einer Therapie in einer gesicherten Einrichtung unterzogen werden
könnten.
Die
Volksinitiative ist unvollständig, unzweckmässig und bietet nur eine
Scheinsicherheit. Das revidierte Strafgesetzbuch ist die bessere Alternative.
Aus diesem Grund empfehlen Bundesrat und Parlament, die Volksinitiative
abzulehnen.
Weitere
Auskünfte:
Direktor
Heinrich Koller, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 / 322 41
01
Heinz
Sutter, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 / 322 41 04
Peter
Häfliger, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 / 322 41
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