Bundesrat nimmt Kenntnis von den Vernehmlassungsergebnissen
Bern, 26.09.2003. Opfer von Straftaten sollen weiterhin eine Genugtuung erhalten. In der Vernehmlassung zur Totalrevision des Opferhilfegesetzes hat sich eine klare Mehrheit für die Beibehaltung der Genugtuung ausgesprochen. Diese soll jedoch plafoniert werden. Der Bundesrat hat am Mittwoch von den Ergebnissen der Vernehmlassung Kenntnis genommen und das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragt, eine Botschaft auszuarbeiten.
Die Totalrevision des 10jährigen Opferhilfegesetzes (OHG) orientiert sich stark am bisherigen Recht, das in zahlreichen Punkten ergänzt wird. Im Vordergrund steht die Überprüfung der opferhilferechtlichen Genugtuung, deren Abschaffung von einigen Kantonen verlangt worden war. Eine klare Mehrheit der insgesamt 85 Vernehmlassungsteilnehmer sprach sich für die Beibehaltung der Genugtuung aus. Auch der Vorschlag, diese zu plafonieren, wurde mehrheitlich begrüsst. Auf eine deutliche Ablehnung stiessen hingegen die vorgeschlagenen Maximalbeiträge von rund 70'000 CHF für Opfer und rund 36'000 CHF für Angehörige.
Opferhilfe nach einer Straftat im Ausland
Eine
gewisse Uneinigkeit herrschte in der Frage, ob Entschädigung und Genugtuung nach
einer Tat im Ausland weiterhin zu gewähren seien. Kreise, die den Opfern nahe
stehen, befürworteten die Beibehaltung des geltenden Rechtes. Die Gegner
argumentierten, dass das Übereinkommen des Europarates nur Leistungen für
Straftaten im Inland vorschreibe (Territorialitätsprinzip) und dass andere
europäische Staaten keine Leistungen für Taten im Ausland ausrichten. Auf breite
Zustimmung stiess dagegen der Vorschlag, Opfern von im Ausland begangenen
Straftaten Zugang zu Beratungsstellen zu gewähren.
Regelung für weitere Bereiche
Eine
Mehrheit der Antwortenden wünschte, dass das OHG die Kantone zur Bereitstellung
von genügend Frauenhäusern verpflichten soll. Die mehrheitlich ablehnenden
Kantone machten geltend, dass eine solche Bestimmung über die Opferhilfe hinaus
gehe und die Autonomie der Kantone tangiere. Die Frage, ob neue Bestimmungen für
Opfer von häuslicher Gewalt nötig wären, wurde kontrovers beurteilt. Eine
deutliche Mehrheit unterstützte den Vorschlag, keine neuen Sonderbestimmungen
für Opfer von Menschenhandel ins OHG einzuführen.
Keine neuen Abgeltungen
Die von
der Expertenkommission vorgeschlagenen neuen unbefristeten Abgeltungen des
Bundes an die Kantone für den Aufwand für die Beratungshilfe wurde von einer
grossen Mehrheit befürwortet. Das EJPD hatte allerdings bereits zu Beginn der
Vernehmlassung darauf aufmerksam gemacht, dass diese neuen Abgeltungen den
finanzpolitischen Rahmenbedingungen der Schuldenbremse sowie den Bestrebungen zu
einem neuen Finanzausgleich zuwiderlaufen. Der Bundesrat hat entschieden, auf
neue Abgeltungen zu verzichten und stattdessen das EJPD beauftragt, nach neuen
Lösungen für die Zusammenarbeit bzw. den Ausgleich unter den Kantonen zu suchen.
Vorderhand
weiterhin Prozessvorschriften im OHG
Da die
neue Schweizerische Strafprozessordnung (StPO) erst nach der Totalrevision des
OHG in Kraft treten dürfte, sollen die Bestimmungen zum Schutz des Opfers im
Strafverfahrens vorläufig weiterhin im OHG bleiben und erst später in die StPO
eingefügt werden.
Weitere
Auskünfte:
Luzius Mader, Vizedirektor Bundesamt für Justiz, Tel. 031 / 322 41 02