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Sterilisation soll gesetzlich geregelt werden

 Sterilisation soll gesetzlich geregelt werden

Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht und Gesetzesentwurf der Kommission
für Rechtsfragen des Nationalrates

Bern, 03.09.2003. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen, die Sterilisation
gesetzlich zu regeln. Hingegen spricht er sich gegen eine Entschädigung der
Opfer von Zwangssterilisationen durch den Bund aus. Dies hält er in seiner
Stellungnahme zu einem Bericht und Gesetzesentwurf der Kommission für
Rechtsfragen des Nationalrates fest.

Der Bundesrat stellt in seiner am Mittwoch verabschiedeten Stellungnahme zum
Entwurf der Kommission verschiedene Änderungen betreffend die Altersgrenze
und die Sterilisation Urteilsunfähiger zur Diskussion. Zudem regt er an, der
Entwicklung der Mikrochirurgie und der damit verbundenen verbesserten
Möglichkeit der Refertilisierung verstärkt Rechnung zu tragen.

Während die Kommissionsmehrheit die Grenze für Sterilisationen auf 16 Jahre
senken will, schlägt der Bundesrat vor, grundsätzlich an der im
Vernehmlassungsentwurf vorgesehenen Altersgrenze von 18 Jahren festzuhalten.
Selbst jungen Volljährigen wird vielfach die Reife fehlen, um den Eingriff
in seiner vollen Tragweite zu erfassen. Dagegen rechtfertigt die spezifische
Situation einer Person mit einer schweren geistigen Behinderung, die keine
Aussicht hat, jemals die Urteilsfähigkeit zu erlangen, das mögliche
Sterilisationsalter im Sinne des Kommissionsantrags bei 16 Jahren
festzulegen.

Strenge Voraussetzungen, aber kein faktisches Verbot

Vor dem Hintergrund missbräuchlicher Sterilisationen in der Vergangenheit
erscheint es auch dem Bundesrat richtig, dass die Sterilisation einer
dauernd urteilsunfähigen Person nur in Ausnahmefällen und unter strengen
Voraussetzungen zulässig sein soll und in deren Interesse liegen muss.
Unbestritten ist insbesondere der Vorrang anderer Verhütungsmittel. Nicht zu
überzeugen vermag aber das Konzept der Kommission, wonach eine Sterilisation
bereits unzulässig sein soll, wenn die betroffene Person aus Angst vor dem
medizinischen Eingriff Ablehnung äussert, können doch eine Schwangerschaft
und die Geburt noch belastender für sie sein.

Unterschiedliche Behandlung von Opfern nicht gerechtfertigt

Die Entschädigung der Opfer von Zwangssterilisationen und -kastrationen
lehnt der Bundesrat aus verschiedenen Gründen ab. Er hat Vorbehalte
gegenüber einer Lösung, die zwar an das Opferhilfegesetz (OHG) anlehnt,
Entschädigungen aber auch für Konstellationen vorsieht, die das OHG nicht
deckt, weil die Ereignisse vor dem Inkrafttreten des OHG eingetreten sind
oder keinen Straftatbestand erfüllen. Eine unterschiedliche Behandlung von
Opfern einer Zwangssterilisation gegenüber anderen Opferkategorien lässt
sich gemäss Bundesrat kaum rechtfertigen und widerspricht dem
Gleichbehandlungsgrundsatz.

Zuständigkeit der Kantone

Anders als bei der Aktion "Kinder der Landstrasse" steht im Falle der
Zwangssterilisationen nicht fest, dass der Bund die praktizierenden Ärzte
und Anstalten moralisch, politisch und finanziell unterstützt hat. Daher ist
mit Blick auf den Entwurf für eine Neugestaltung des Finanzausgleichs und
der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen auch keine finanzielle Beteiligung
des Bundes an allfällige Entschädigungen durch Gemeinden oder Kantone
angezeigt. Denn damit würde das Prinzip, dass das entscheidende Gemeinwesen
auch alle Konsequenzen seines Entscheids trage, umgestossen.

Weitere Auskünfte:

Hermann Schmid, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 322 40 87

(neue Regelung)

Monique Cossali, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 / 322 47 89 (Entschädigung
der Opfer von Zwangssterilisationen)