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Strafprozessrecht wird vereinheitlicht

Botschaft ans Parlament bis Ende 2004

Bern, 02.07.2003. Der Bundesrat hat am Mittwoch das EJPD beauftragt, die
Entwürfe zur Schaffung eines schweizerischen Strafprozesses zu überarbeiten
und bis Ende 2004 eine Botschaft ans Parlament auszuarbeiten. Die
Vorentwürfe zu einer schweizerischen Strafprozessordnung und zu einem
Bundesgesetz über das schweizerische Jugendstrafverfahren sind in der
Vernehmlassung grundsätzlich begrüsst worden.

Die neue Strafprozessordnung (StPO), welche die 26 kantonalen
Strafprozessordnungen und den Bundesstrafprozess ersetzt, soll die Effizienz
der Strafverfolgung verbessern sowie die Rechtssicherheit und
Rechtsgleichheit erhöhen. In der Vernehmlassung (Juni 2001 bis Februar 2002)
setzte sich die Idee einer schweizerisch einheitlichen Strafprozessordnung
durch. Die 110 Stellungnahmen bewerteten den Vorentwurf - ungeachtet der
Kritik an verschiedenen Vorschlägen - grundsätzlich als taugliche Grundlage
für die weiteren Arbeiten.

Effizientes und rechtsstaatliches Staatsanwaltschaftsmodell

Eine Mehrheit sprach sich für das dem Vorentwurf StPO zu Grunde liegende
Staatsanwaltschaftsmodell aus. Dieses Modell verzichtet auf den
Untersuchungsrichter. Es bietet damit den Vorzug, dass im Vorverfahren kein
Handwechsel mehr vom Untersuchungsrichter zum Staatsanwalt stattfindet.
Somit entfällt ein grosser zeitlicher und personeller Aufwand. Obwohl das
Staatsanwaltschaftsmodell heute erst in einzelnen Kantonen praktiziert wird,
sprachen sich auch die Kantone mehrheitlich (15 : 11) für dieses Modell aus.
Der Bundesrat hält auch deshalb an diesem modernen, effizienten und
rechtsstaatlichen Strafverfolgungsmodell fest. Die damit verbundene
Machtkonzentration bei der Staatsanwaltschaft wird durch verschiedene
Massnahmen, darunter die Einrichtung eines Zwangsmassnahmengerichts und die
Ausgestaltung der Verteidigungsrechte, kompensiert.

Neu: Anwalt der ersten Stunde

Zahlreiche im Vorentwurf vorgeschlagene Neuerungen wurden mehrheitlich
positiv aufgenommen und werden beibehalten:
? Anwalt der ersten Stunde: Beschuldigte, die von der Polizei vorläufig
festgenommen werden, können sofort frei mit ihrer Verteidigung verkehren,
die auch bei Einvernahmen anwesend sein kann. Dieses Konzept nimmt ein
Anliegen verschiedener internationaler Menschenrechtsausschüsse auf.
? Abgekürztes Verfahren: Beschuldigte sowie die Staatsanwaltschaft erhalten
die Möglichkeit, in gewissem Umfang Absprachen über Schuldspruch und Strafe
zu treffen. Dank dieser abgeänderten Form eines "plea bargaining" kann das
Verfahren abgekürzt werden. Neu sollen auch Vergleichs- und
Mediationsverfahren möglich sein.
? Auf Vorschlag der Expertenkommission für die Revision des
Opferhilfegesetzes werden Sonderregeln zu Gunsten der Opfer in die neue
Strafprozessordnung eingefügt, welche die Vorschriften zum Strafverfahren im
Opferhilfegesetz ersetzen.
? Das Rechtsmittelsystem wird durch die Beschränkung auf Beschwerde,
Berufung und Revision vereinfacht; auf eine zusätzliche
Nichtigkeitsbeschwerde wird verzichtet.

Zwangsmassnahmengericht redimensionieren - Gesetz straffen

Die Einführung des Zwangsmassnahmengerichts wurde zwar mehrheitlich als
notwendiges Gegengewicht zur Staatsanwaltschaft begrüsst. Eine Mehrheit
sprach sich allerdings für eine Beschränkung seiner Zuständigkeit auf die
Anordnung der Haft und weiterer Zwangsmassnahmen aus. Für die Behandlung von
Beschwerden gegen Verfügungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft soll
dagegen ausschliesslich die Beschwerdeinstanz zuständig sein. Die
Möglichkeit, als erstinstanzliches Gericht ein Einzelgericht vorzusehen,
fand breite Zustimmung. Seine Kompetenzen, die gleichzeitig als zu weit und
zu eng beurteilt wurden, sollen jedoch überdacht werden. Zudem wird der
Umfang und die Regelungsdichte des über 500 Artikel umfassenden Vorentwurfs
StPO bei der Überarbeitung nach Möglichkeit vereinfacht und gestrafft.

Jugendstrafprozess als eigenes Gesetz

Gut aufgenommen wurde das Konzept, für den Jugendstrafprozess ein eigenes
Gesetz zu schaffen, das ausschliesslich jene Regeln enthält, die von der
StPO abweichen. Auch das vorgeschlagene Jugendrichtermodell wurde
mehrheitlich gutgeheissen. Angesichts der geäusserten Bedenken soll es aber
den Kantonen frei gestellt werden, ob der Jugendrichter, der die
Untersuchung führt, anschliessend auch Mitglied des Jugendgerichts sein
kann.

Weitere Auskünfte:
Frank Schürmann, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 / 322 41 50