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Speaking Notes BR Couchepin

PRESSEMITTEILUNG / Bern, 23.9.2002

Speaking Notes BR Couchepin

Speaking note vom 23. September 2002

Wie Sie heute informiert wurden, wurde gestern das provisorische
Nachlassverfahren für die Swiss Dairy Food AG (SDF) bewilligt. Dies
hat ausserordentliche Folgen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
des Unternehmens wie auch für die Lieferanten. Ich denke dabei
speziell an die 7000 Milchproduzenten der SDF.

Obwohl ich überzeugt bin, dass man mit entsprechend frühzeitigen
Entscheiden die Restrukturierung ohne die Probleme mit denen wir heute
konfrontiert sind hätte durchführen können, muss ich feststellen, dass
es wohl die noch beste Lösung in der jetzigen Situation ist. Sie
erlaubt erstens eine unterbruchslose Milchverarbeitung und zweitens
gewinnt man damit Zeit um eine vernünftige Lösung für die Betriebe zu
finden.

In Sorge um die Schwierigkeiten für die Arbeitnehmer, Lieferanten und
Landwirte, ist es für den Bundesrat wichtig, eine unterbruchsfreie
Weiterführung der Betriebe im Rahmen des Nachlassverfahrens zu
ermöglichen.
Ohne Intervention des Bundes riskieren die Milchproduzenen praktisch
das Milchgeld für zwei Monate zu verlieren. Das würde viele unter
ihnen, die bereits in einer schwierigen Situation sind, vor unlösbare
Probleme stellen. Angesichts dieser grossen Bedeutung für die
Milchlieferanten, ist der Bundesrat bereit auf der Basis der
Agrargesetzgebung ( Art. 5 i.V.m. Art.13) einen grossen Teil des
Einkommensausfalls auszugleichen.

Der Bundesrat hat sich dazu entschlossen, weil er damit die
Auswirkungen des Nachlassverfahrens abdämpfen wollte. Aber ich betone,
dass seitens des Bundes weder Aufsichtspflichten noch irgendwelche
Betriebsgenehmigungsverfahren bestehen.

Trotzdem haben wir die Situation mit Aufmerksamkeit verfolgt. Wir
haben bei verschiedenen Gelegenheiten - und schon vor langer Zeit -
auf die Probleme aufmerksam gemacht.

Ich will Sie davon verschonen, all die Treffen aufzuführen, die in der
vergangenen Zeit stattfanden. Die ersten Kontakte gehen ins Jahr 2000
zurück und seit seit Bekanntgabe des Jahresabschlusses von 2001 traf
sich das BLW praktisch 14-täglich mit SDF-Verantwortlichen. Ich
erwähne nur folgende Etappen:

Am 17. Sept. 2000	hat Herr Bötsch in meinem Auftrag den VR-Präsidenten
kontaktiert, in der Meinung, man müsste entsprechende Massnahmen
anvisieren, da nach unserer Ansicht die SDF in einer aussichtslosen
Situation stünde. Dies wurde seitens der SDF als vorläufig nicht
opportun erachtet ...

Am 24. Mai 2002	habe ich den VR-Präsidenten empfangen, präsentiert
wurde die Vision „Futuro“
Am 6. Juni	informierte ich die Landwirtschaftsdelegation des
Bundesrates über die Situation, die Probleme und mögliche Folgen

Am 30. Juli	habe ich den VR-Präsidenten mit einer Delegation
empfangen; Liquiditätsprobleme
Am 7. August	habe ich anlässlich der PK in Sachen Milchmarkt und SDF
informiert und Massnahmen zur Stärkung der Liquidität der
Milchverwerter mit Käsehandel angekündigt. Diese Massnahmen hat der
Bundesrat in der Folge am 28. August beschlossen.Es handelte sich um
einen zusätzlichen Beitrag von 68 Millionen Franken zugunsten der
Milchwirtschaft (31 Millionen Franken für die Verlängerung der Frist
für die Rückzahlung von Darlehen zur Finanzierung der Käselager und 37
Millionen Franken im Budget 2003 für die Marktstützung).Als
Gegenleistung zu diesen Massnahmen habe ich die Partner der
Milchwirtschaft aufgefordert, ihren Beitrag zur Sanierung der
Situation zu leisten. Erstens sollten sich die Produzenten mit den
Branchenorganisationen und den Verarbeitern auf einen im Hinblick auf
die Marktsituation realistischen Milchpreis einigen. Zweitens habe ich
die Verarbeitungsbetriebe gebeten, sich auf eine Restrukturierung des
Käsesektors zu einigen. Dies zwecks Schaffung von Zukunftsperspektiven
speziell im Hinblick auf die Öffnung des europäischen Marktes.

Am 18. September	habe ich eine Delegation der SDF AG empfangen. Diese
hat mich informiert, dass ein Nachlassverfahren den einzigen Ausweg
darstellt.

Am 19. September,	letzten Donnerstag, habe ich die
Landwirtschaftsdelegation des Bundesrates zur Diskussion eines
Massnahmenpakets eingeladen.

Am 20. September,	letzten Freitag, habe ich den Gesamtbundesrat
informiert und die grundsätzliche Zustimmung zu den Massnahmen
erhalten.

Trotz der jüngsten dramatischen Entwicklungen behält der Bundesrat
seine bisherigen Ziele bei: Die Sicherstellung ohne Unterbruch der
Milchübernahme und -verarbeitung sowie die Vermeidung der Liquiditäts-
und Einkommensprobleme bei den Produzenten.

Unsere Sorge gilt auch den Beschäftigten der Swiss Dairy Food. Wir
haben nur zugestimmt, eine spezielle Anstrengung zugunsten der
Landwirtinnen und Landwirte zu machen, unter der Bedingung, dass die
Löhne der Beschäftigten während der Nachlassstundung ohne Unterbruch
garantiert sind.
Kommen wir nun zu den vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen:

•	Was die direkt von der Nachlassstundung der SDF betroffenen
Produzenten betrifft, schlägt der Bundesrat vor, die Milchzahlungen
der Monate August und September 2002, in der Höhe von 80 bis 90
Prozent des von der Swiss Dairy Food geschuldeten Betrags (73
Millionen Franken), sicherzustellen. Der Betrag wird in zwei Tranchen
bis Ende des Jahres ausbezahlt. Als Gegenleistung müssen die
Produzenten ihre Forderungen an den Bund abtreten, der sie im
Liquidationsverfahren verwerten wird.
Die in den letzten Monaten bei Swiss Dairy Food aufgetretenen
Schwierigkeiten haben zu einer Verschärfung der Lage auf dem gesamten
Milchsektor geführt. Neben den im August ergriffenen Massnahmen
beabsichtigt der Bundesrat ab sofort, weitere Massnahmen zu ergreifen,
um die Krise nachhaltig zu lösen.

1.	Durch einen dringlichen Bundesratsbeschluss, der nächsten Dezember
dem Parlament unterbreitet werden soll, schlägt der Bundesrat vor,
dass die Branche über die im Milchjahr 2003/04 zu produzierende Menge
selbst entscheiden soll. Diese Massnahme erfordert das Einverständnis
der Schweizer Milchproduzenten (SMP), der Milchindustrie und der
wichtigsten Sortenorganisationen im Käsebereich. Im Falle eines
Einverständnisses könnte der Bundesrat die von der Branche getroffenen
Mengenbeschlüsse allgemeinverbindlich erklären. Ab 2004/05 wird die
Massnahme erweitert, um eine differenzierte Verwaltung der Mengen nach
dem Verarbeitungskanal zu ermöglichen.

2.	Verzichten die Produzenten freiwillig, im Verlaufe des Milchjahres
2002/03 einen Teil der Quoten zu produzieren, werden sie diese Menge
auf das Folgejahr übertragen können.

3.	Wir nehmen die Entscheidungen des Vorstandes der Schweizer
Milchproduzenten zur Kenntnis, namentlich seine Absicht, den Fonds zum
Abbau der Käse- und Milchpulverlager mit einem Solidaritätsbeitrag von
2 Rappen pro Kilogramm zu speisen. Wir sind bereit, die Anwendung
dieser Massnahme auf die Produzenten auszudehnen, welche nicht
Mitglieder der SMP sind.

4.	Die so erhobenen Beträge werden nur langsam aufgrund der
Milcheinlieferungen in die Kassen einfliessen. Es muss aber rasch
gehandelt werden. Der Bundesrat ist folglich bereit, den SMP einen
Kredit von maximal 30 Millionen Franken für 6 Monate zu gewähren, um
ihnen zu erlauben, die Massnahmen zum Abbau der Lager umzusetzen. Dies
sobald die Entscheidungen von der Delegiertenversammlung der SMP
genehmigt worden sind.

5.	Eine analoge Massnahme wird zurzeit für den Buttersektor
diskutiert.
Wie Sie sehen, ist der Bundesrat sich der schwierigen Lage bewusst und
trägt der Tatsache Rechnung, dass die Milchwirtschaft sich in einer
sehr schwierigen Übergangssituation zwischen einer bis 1999 fast
planwirtschaftlichen Marktordnung und einer freieren, marktnäheren
Ordnung, wie sie in anderen Wirtschaftssektoren existiert, befindet.
Ich halte fest, dass man sich in dieser Branche weitgehend geweigert
hat, die vorlaufenden Signale der aktuellen Schwierigkeiten zur
Kenntnis zu nehmen. Erst in der Krise zu handeln stellt kein gutes
Zeugnis aus. Allerdings bietet jede Krise auch Chancen, wenn die
betroffenen Akteure sich rational verhalten.

Verschiedene Lehren können aus den aktuellen Schwierigkeiten gezogen
werden:

•	Die Schweizer Milchwirtschaft existiert nicht in der Isolation,
sondern ist je länger desto mehr in den offenen Markt integriert;
•	Ohne gesunde, innovative und effiziente Unternehmen gibt es keine
Zukunft für die Schweizer Milchwirtschaft;
•	Ein System, welches vom Staat die Fixierung von Produktionsrechten
verlangt, während der Absatz und die Preise auf dem Markt geregelt
werden, gehört der Vergangenheit an;
•	Schlussendlich: Lager aufbauen und Produktionsstätten betreiben ohne
marktkonforme Preisstrategie zu definieren kann den ganzen Sektor
nachhaltig destabilisieren.
Wir sind zuversichtlich, dass aufgrund dieser Lehren die Partner der
Milchwirtschaft zusammen mit dem Bund eine solidere Basis für die
Zukunft schaffen werden.

Anhang
Am 17. Sept. 2000	hat Herr Bötsch in meinem Auftrag den VR-Präsidenten
kontaktiert, in der Meinung, man müsste entsprechende Massnahmen
anvisieren, da nach unserer Ansicht die SDF in einer aussichtslosen
Situation stünde. Dies wurde seitens der SDF als vorläufig nicht
opportun erachtet ...

Im Laufe des Jahres 2001 	Hatte das BLW diverse Kontakte zu
GL-Mitglieder der SDF und immer wieder gab es Diskussionen über die
wirtschaftliche Situation

Am 8. April 2002	hat das BLW mit dem Management eine Aussprache zur
wirtschaftlichen Situation der SDF geführt

Am 24. Mai 2002	habe ich den VR-Präsidenten empfangen, präsentiert
wurde die Vision „Futuro“

Am 3. Juni	hatte das Departement einen weiteren Termin in
Ostermundigen mit dem VR-Präsidenten + CEO

Am 6. Juni	informierte ich die Landwirtschaftsdelegation des
Bundesrates über die Situation, die Probleme und mögliche Folgen

Am 12. Juni	Hatte das BLW telefonischen Kontakt mit dem CEO

Am 26. Juni	hatte das BLW mit dem CEO ein Treffen; abzeichnende
Liquidationsprobleme

Am 10. Juli	hatte das BLW mit dem CEO und weiteren GL-Mitgliedern eine
Besprechung, Forderung nach spezifischer Unterstützung

Am 25. Juli	hatte das BLW telefonischen Kontakt mit der SDF

Am 30. Juli	habe ich den VR-Präsidenten mit einer Delegation
empfangen; Liquiditätsprobleme

Am 7. August	habe ich anlässlich der PK in Sachen Milchmarkt und SDF
informiert und Massnahmen zur Stärkung der Liquidität der
Milchverwerter mit Käsehandel angekündigt

Am 8. August 	hatte das BLW mit dem CEO ein Treffen, Forderung nach
einem Darlehen

Am 6. September	Hatte das BLW mit dem CEO ein Treffen

Am 18. September	habe ich eine Delegation der SDF AG empfangen. Diese
hat mich informiert, dass ein Nachlassverfahren den einzigen Ausweg
darstellt.

Am 19. September,	letzten Donnerstag, habe ich die
Landwirtschaftsdelegation des Bundesrates zur Diskussion eines
Massnahmenpakets eingeladen.

Am 20. September,	letzten Freitag, habe ich den Gesamtbundesrat
informiert und die grundsätzliche Zustimmung zu den Massnahmen
erhalten.

Auskünfte:
Robin Tickle, +41 079 211 62 28