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Krankenversicherung: Massnahmen- und Reformpaket von Bundesrat und EDI

Medienmitteilung      3. Juli 2002

Krankenversicherung:

Massnahmen- und Reformpaket von Bundesrat und EDI

Der Bundesrat und das Eidg. Departement des Innern haben ein Paket von
Massnahmen beschlossen, die sich - unter anderem - den kurzfristigen
Reformzielen verschreiben, die der Bundesrat an seiner KVG-Klausur vom 22.
Mai 2002 gesetzt hat.

An seiner Klausur vom 22. Mai 2002 hat der Bundesrat bestätigt, dass sich
das Krankenversicherungsgesetz (KVG) grundsätzlich bewährt hat. Er hat aber
seinen Willen bekräftigt, dass die kostendämpfenden Massnahmen verstärkt und
neue ergriffen werden müssen. Als generelles Ziel, das mit kurz-, mittel-
und langfristigen Massnahmen erreicht werden soll, setzte sich der Bundesrat
eine bessere Steuerung der Leistungsmengen und eine Verstärkung der
sogenannten Angemessenheit der Leistungen, d.h. eines effizienten Einsatzes
von Leistungen. Dabei, wie auch für die beschlossenen mittel- und
längerfristigen Reformschritte, legte der Bundesrat das Schwergewicht auf
die Optimierung des Systems, insbesondere durch positive ökonomische Anreize
respektive die Korrektur von ökonomischen Fehlanreizen. Das vorliegende
Massnahmenpaket illustriert deutlich Ausrichtung und Möglichkeiten zur
Umsetzung dieser Strategie in kurzfristiger Perspektive. Es gliedert sich in
Massnahmen, die hauptsächlich bei der Leistungsmenge ansetzen und solche,
die in erster Linie auf die Preise einwirken.

Kostensteuerung über die Menge konsumierter Gesundheitsleistungen

Leistungen nur nach vorgängiger Bewilligung durch Vertrauensarzt

Das Verfahren zur Überprüfung umstrittener ärztlicher Leistungen wurde in
den vergangenen Jahren deutlich intensiviert und standardisiert - ein
Optimierungsprozess, der weitergeführt wird. Ein Problem in Bezug auf die
Kosten stellen weniger die Preise und Tarife der ärztlichen Leistungen dar,
sondern hauptsächlich die Menge der konsumierten Leistungen und die
sogenannt unangemessen erbrachten Leistungen. In Bezug auf die
Leistungsmenge hat das EDI nun im Rahmen der Leistungsverordnung (KLV) für
sieben Behandlungen oder Behandlungsgebiete, die mit schwierigen
therapeutischen Entscheiden verbunden sind, als zwingende Massnahme im Sinne
des Bundesrates bestimmt, dass die Leistungen ab 1.7.02 nur mit der
vorgängigen Bewilligung des Vertrauensarztes der Krankenkasse und mit deren
Kostengutsprache übernommen werden. Dazu gehören beispielsweise die
kassenpflichtigen zahnärztlichen Behandlungen in Folge schwerer
Allgemeinerkrankungen oder spezielle chirurgische Eingriffe zur Behandlung
von Epilepsie. Die Palette von Behandlungen, die einer Bewilligungspflicht
unterstellt werden, wird in den kommenden Jahren nach sorgfältiger
Evaluation laufend erweitert werden. Schon bisher waren eine Reihe von
speziell kostspieligen oder schwierigen Eingriffen wie auch die Vergütung
von rund zehn kassenpflichtigen Medikamenten, von gewissen Analysen und
Behandlungsmitteln/-gegenständen an eine Zustimmung des Versicherers und
seiner vertrauensärztlichen Person gebunden. Auch im Gebiet der
kassenpflichtigen Medikamente, Analysen sowie Mittel und Gegenstände werden
nach fundierter Überprüfung in den kommenden Jahren weitere Produkte der
vertrauensärztlichen Bewilligungspflicht unterstellt werden.

Gezielte Förderung "angemessener" Behandlungen

Ein besonders grosses Sparpotenzial steckt in Massnahmen, die darauf
abzielen, an sich unbestrittene Behandlungen in jenen Fällen von der
Finanzierung durch die Krankenversicherung auszuschliessen, in denen sie
sogenannt unangemessen sind, also voraussichtlich keine Wirkung haben
werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine eigentlich taugliche
Behandlung zu früh, übermässig oder medizinisch unbegründet ergriffen wird.
Die "Angemessenheit" von Behandlungen kann am ehesten mit
partnerschaftlichen Massnahmen gefördert werden. Im Sinne des
mittelfristigen bundesrätlichen Auftrags hat das EDI entsprechende Projekte
in die Wege geleitet. Dazu gehört die Ausarbeitung eines Projektes zur
systematischen Dokumentation und Evaluation von bestehenden und neuen
Leistungen oder die Erarbeitung von Expertensystemen und Guidelines.

Bedürfnisabhängige Zulassungbeschränkung für neue Leistungserbringer

Mit einer neuen Verordnung hat der Bundesrat die Regeln einer
bedürfnisabhängigen Zulassungsbeschränkung für neue Leistungserbringer
festgelegt. Er hat die Verordnung auf den 4. Juli 2002 in Kraft gesetzt.
Diese gilt bis zum Inkrafttreten einer sie ersetzenden Regelung im Bereich
der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zu Lasten der
obligatorischen Krankenpflegeversicherung, längstens aber bis zum 3. Juli
2005. Angesichts des Anstiegs der Anzahl der Gesuche erachtet es die
Sanitätsdirektorenkonferenz als nicht haltbar, mit der Inkraftsetzung länger
zuzuwarten. Mit dem Zulassungsstopp erfüllt der Bundesrat einen
Parlamentsauftrag. Im KVG wird seit 2001 festgehalten, dass für den Fall
einer unhaltbaren Zunahme von Praxiseröffnungen eine solche "Notbremse"
installiert werden soll. Das Parlament sah diese als präventive Massnahme,
begleitend zur Personenfreizügigkeit im Rahmen der Bilateralen Verträge mit
der EU vor. Die Verordnung hält fest, dass der Bundesrat auf nationaler
Ebene die Zulassungsbeschränkung beschliesst, während die Kantone sie
vollziehen. Jeder Kanton kann aber begründete Ausnahmen für bestimmte
Kategorien und Fachrichtungen oder Regionen vorsehen, bis hin zur
begründeten gänzlichen (vorläufigen) Nichtanwendung. Somit können die
Kantone ihren Verfassungsauftrag, die medizinische Versorgungssicherheit zu
gewährleisten, wahrnehmen. Bei seinen Entscheiden muss der Kanton die
Situation in den Nachbarkantonen berücksichtigen. In Anhängen zur Verordnung
sind pro Kanton für die verschiedenen ärztlichen Fachrichtungen und anderen
betroffenen Gesundheitsberufe mit eigener Praxis, die in der
Grundversicherung abrechnen dürfen, Versorgungsdichten als Richtwert
festgehalten. Diese entsprechen weitestgehend dem Ist-Zustand auf Grund der
verfügbaren Daten. Sollten aufgrund konkreter Hinweise noch einzelne
Korrekturen des Anhangs notwendig sein, würde der Bundesrat diese im August
aufgrund eines Antrags des EDI beschliessen.

Kostensteuerung über die Preise der Gesundheitsleistungen

Medikamente: Länderkorb für Preisvergleich erweitert, Beschleunigung von
Wirtschaftlichkeitsüberprüfung und Aufnahmeverfahren

Bundesrat und EDI haben im Bereich der Überprüfung der Kassenpflichtigkeit
von Medikamenten auf den 1.7.02 Massnahmen beschlossen, die auf den vom EDI
einberufenen Runden Tisch zum Thema Medikamentenkosten (Juli 2001)
zurückgehen und sich dem bundesrätlichen Ziel der verstärkten
Kostenkontrolle verschreiben. Nach intensiven Abklärungen mit den
interessierten Verbänden, der Wettbewerbskommission und dem Preisüberwacher
wurde beschlossen, neben Deutschland, Dänemark und den Niederlanden auch
Grossbritannien als Vergleichsland bei der Festlegung des Vergütungspreises
eines Medikamentes hinzuzuziehen. Die weiteren grossen Nachbarländer der
Schweiz (Frankreich, Italien, Österreich) werden subsidiär in den Vergleich
einbezogen. Neu kann ein Gesuch um Aufnahme in die Liste der
kassenpflichtigen Medikamente bereits eingereicht werden, wenn im Rahmen des
Marktzulassungsverfahrens bei Swissmedic eine entsprechende Voranzeige
vorliegt. Der bei der Aufnahme in die Liste festgelegte Vergütungspreis wird
neu innert 24 Monaten bereits wieder überprüft - zusätzlich zur bisherigen
Überprüfung nach Ablauf des Patentschutzes (spätestens nach 15 Jahren). Wird
dabei festgestellt, dass der Preis zu hoch war, muss das betroffene
Pharmaunternehmen die entsprechenden Einnahmenüberschüsse zu Gunsten der
Versicherten zurückerstatten.

Leitlinien für transparente Erfassung von Kosten und Leistungen in Spitälern
und Pflegeheimen

Mit dem Erlass der Verordnung über die Kostenermittlung und die
Leistungserfassung (VKL) gibt der Bundesrat den Spitälern und Pflegeheimen
einheitliche Rahmenbedingungen für ihre Kostenrechnung und
Leistungsstatistik vor. Denn das KVG verpflichtet die Spitäler und
Pflegeheime, ihre Kosten und Leistungen so zu erfassen, dass der Teil der
Kosten, der zu Lasten der Grundversicherung geht, transparent ausgewiesen
werden kann. Kostentransparenz auf der Basis einheitlicher
Erfassungsgrundlagen ist eine wesentliche Bedingung für eine letztendliche
bessere Vergleichbarkeit und somit Kostensteuerung. Bei Erreichen der
Kostentransparenz im Pflegebereich dürfte ohne begleitende Massnahmen
allerdings kurzfristig ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf in der
Krankenversicherung ausgelöst werden.

Neue Pflichtleistungen per 1.7.02 und 1.1.03

Auf den 1. Juli 2002 hat das EDI sieben neue Leistungen für kassenpflichtig
erklärt (u.a. Meningokokken- und Tuberkulose-Impfung; in Evaluation:
radiologisch und ultraschallgesteuerte minimal invasive Eingriffe an der
weiblichen Brust). 16 weitere Anträge wurden nach gründlicher Überprüfung
entweder abschliessend abgelehnt oder als noch ungenügend fundiert abgelehnt
mit der Absicht, sie nach Vorliegen genügend aussagekräftiger Resultate
erneut zu überprüfen ("Nein - in Evaluation"). Die Mehrkosten und die
Kosteneinsparungen durch die neuen Leistungen heben sich praktisch auf. Auf
den 1. Januar 2003 ist die Aufnahme weiterer neuer Leistungen vorgesehen,
welche Mehrkosten von rund 6,5 Mio. Franken mit sich bringen werden.

                        EIDG. DEPARTEMENT DES INNERN

                        Presse- und Informationsdienst

Auskünfte:                        Tel. 031 / 322 90 04

                        Fritz Britt, Vizedirektor

                        Leiter Direktionsbereich Krankheit und Unfall

                        Bundesamt für Sozialversicherung

Beilagen:

-   Faktenblatt Zustimmung Vertrauensarzt / "Angemessenheit" (*)

-   Faktenblatt Aufnahme neuer Pflichtleistungen ab 1.7.2002 (*)

-   Faktenblatt Zulassungsbeschränkung (+ Verordnungstext / Erläuterungen)

-   Faktenblatt Medikamente / Aufnahme in Spezialitätenliste /
Preisvergleich / Länderkorb (+ Verordnungstext / Erläuterungen) (*)

-   Faktenblatt Kostenermittlung und Leistungserfassung in Spitälern und
Pflegeheimen (+ Verordnungstext)

(*)                   Verordnungstext KLV (betrifft sowohl die Themen
"Leistungen" als auch "Medikamente")

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