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Gewissenskonflikte bei der Ausübung von Gesundheitsberufen

Arbeitsgruppe empfiehlt die Schaffung von Mustern für innerbetriebliche Regelungen

Bern, 23.05.2002. Wie häufig es bei der Ausübung von Gesundheitsberufen zu Gewissenskonflikten kommt, ist nicht bekannt. Es ist allerdings anzunehmen, dass sich Gewissenskonflikte in praktisch allen Bereichen der Medizin ergeben können. Eine vom EJPD eingesetzte Arbeitsgruppe empfiehlt deshalb, Muster für innerbetriebliche Regelungen zu schaffen, um solche Konflikte zu vermeiden bzw. zu bewältigen. Das EJPD hat den Bundesrat über den Bericht der Arbeitsgruppe informiert. Es prüft derzeit, wie die Empfehlungen der Arbeitsgruppe umzusetzen sind.

Die im letzten Frühjahr vom Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) eingesetzte Arbeitsgruppe "Rechte des medizinischen Personals" hatte den Auftrag, die "Problematik der Verweigerung einer Mitwirkung bei medizinischen Eingriffen aus Gewissensgründen" zu untersuchen und einen allfälligen Handlungsbedarf abzuklären. Der von Luzius Mader, Vizedirektor im Bundesamt für Justiz, geleiteten Arbeitsgruppe gehörten u.a. Vertreterinnen und Vertreter von Gesundheitsberufen, der Wissenschaft und der Gesundheitsbehörden aus der ganzen Schweiz an. Gestützt auf ihre Abklärungen empfiehlt die Arbeitsgruppe in ihrem Bericht an das EJPD, derzeit auf gesetzgeberische Massnahmen des Bundes zu verzichten. Hingegen besteht ein Handlungsbedarf auf der betrieblich-organisatorischen Ebene (Spitäler, Pflegeinstitutionen usw.). Das EJPD hat den Bundesrat über den Bericht informiert und prüft zurzeit, wie die Empfehlungen der Arbeitsgruppe umgesetzt werden können.

Keine gesicherten Daten

Da Statistiken sowie wegleitende Urteile fehlen, kann die Arbeitsgruppe in ihrem Bericht keine Aussagen machen, in wie vielen Fällen es in den letzten Jahren Gewissenskonflikte bei der Ausübung von Gesundheitsberufen gab. Es ist auch kaum bekannt, wie diese Konflikte bewältigt worden sind und welche rechtlichen und faktischen Folgen sie hatten. Solche Konflikte können aber in praktisch allen medizinischen Sachbereichen und Fachgebieten auftreten. Die weitaus konfliktträchtigsten Gebiete sind der Bereich der Intensivmedizin und der lebenserhaltenden Massnahmen im Vorfeld des nahen Todes eines Patienten (z.B. Geriatrie, Unfallmedizin, Onkologie) und der Bereich der Langzeitpflege (z.B. Pflege Schwerstbehinderter). Weitere Problembereiche sind die Geburtshilfe (z.B. Schwangerschaftsabbruch, medizinisch unterstützte Fortpflanzung) sowie die medizinische Genetik und die Organentnahme zu Transplantationszwecken.

Betroffene sollen Regeln selbst erarbeiten

Die Arbeitsgruppe empfiehlt, im Rahmen eines Projektes für die Betriebe Muster als Grundlage für innerbetriebliche Regelungen zu erarbeiten. Es wird derzeit geprüft, welche Institution ein solches Projekt initiieren, koordinieren und finanzieren könnte. Die Betriebe selbst bzw. ihre Trägerorganisationen könnten dann gestützt auf die Musterregelung Regelungen entwickeln und erlassen, die auf ihre Aufgaben zugeschnitten sind. Diese sollen Gewissenskonflikte im Gesundheitswesen nach Möglichkeit vermeiden und bewältigen helfen.

Kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf

Zurzeit besteht für den Bund nach Ansicht der Arbeitsgruppe kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Personen, die bei der Ausübung eines Gesundheitsberufes vertraglich oder gesetzlich zu bestimmten Handlungen verpflichtet sind, können im Falle eines Gewissenskonfliktes diese Handlungen unter Berufung auf die verfassungsrechtlich garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit verweigern. Im Privatrecht wird der Schutz der Persönlichkeit durch die einschlägigen Bestimmungen im Zivilgesetzbuch und Obligationenrecht auch im Bereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit sichergestellt.

Weitere Auskünfte:

Vizedirektor Luzius Mader, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 322 41 02