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Nachrichtendienst und Südafrika: VBS-Chef Samuel Schmid leitet Administrativuntersuchung ein

3003 Bern, 2. November 2001

Medieninformation

Nachrichtendienst und Südafrika: VBS-Chef Samuel Schmid leitet
Administrativuntersuchung ein

 Eine interne Vorabklärung durch den Generalsekretär des Eidgenössischen
Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), Juan F.
Gut, hat keine Anhaltspunkte für eine Mithilfe der Schweiz oder des
schweizerischen Nachrichtendienstes beim Aufbau eines südafrikanischen
Chemiewaffenprojektes ergeben. Hingegen wird die Rechtskonformität gewisser
Aktenvernichtungen als fraglich beurteilt. Da Tiefe und Umfang dieser
Vorabklärung aus zeitlichen Gründen nur beschränkt sein konnten, hat
VBS-Chef Samuel Schmid am Freitag eine Administrativuntersuchung
eingeleitet, die mehrere Monate dauern dürfte; der oder die
Untersuchungsbeauftragte soll nächstens bestimmt werden. Aufgrund heutiger
Erkenntnisse geniesst der frühere Unterstabschef Nachrichtendienst,
Divisionär Peter Regli, weiterhin das Vertrauen des VBS.

Bundesrat Samuel Schmid hält fest, dass die Schweiz im Rahmen eines
gesamtheitlichen Sicherheitssystems einen funktionierenden und politisch
kontrollierten Nachrichtendienst braucht. Dieser Dienst sei für die
Landesregierung als Frühwarnsystem für verschiedenste Bedrohungen
unverzichtbar und habe in den letzten Wochen gute Arbeit geleistet. Da der
Kleinstaat Schweiz nur über beschränkte Mittel verfüge, sei er auf
Informationen von ausländischen Partnerorganisationen angewiesen.
Diesbezügliche Beziehungen zum Ausland bedingten gegenseitiges Vertrauen.
Sie seien im Landesinteresse und widersprächen nicht der Neutralität.

Mit den jahrelangen Diskussionen um den Nachrichtendienst sei die Schweiz,
wie die Beispiele USA und Grossbritannien zeigten, nicht alleine
konfrontiert. Es gelte deshalb, durch konsequente Aufarbeitung offener
Fragen dem neustrukturierten Nachrichtendienst optimale Arbeitsmöglichkeiten
zu schaffen.

Völkerrecht und Landesrecht sind zu beachten

Für den nachrichtendienstlichen Informationsaustausch gelten bestimmte
Spielregeln, wie Gewährung des Quellenschutzes, keine Weitergabe der
erhaltenen Informationen an Nachrichtendienste anderer Länder sowie die
Vernichtung der Informationsträger aus Partnerdiensten nach Verwertung der
Information. Wer sich nicht an diese ungeschriebenen Gesetze hält, ist
informationsmässig sehr rasch isoliert.

Auf der andern Seite ist die Pflege von partnerschaftlichen Beziehungen an
das Völkerrecht und an das einschlägige Landesrecht gebunden. Die
rechtsstaatlichen Grenzen sind einzuhalten. Schliesslich muss auch in den
geheimen Bereichen die historische Rechenschaftsablage möglich bleiben, da
Nachrichtendienste sonst zu einem Staat im Staat werden.

Die internen Vorabklärungen

Nachdem im Verlaufe des Sommers Mutmassungen gegen die Schweiz, den
Schweizer Nachrichtendienst und dessen früheren Chef, Divisionär Peter
Regli, laut geworden waren, beauftragte Bundesrat Schmid seinen
Generalsekretär Juan F. Gut im August mit einer Vorabklärung.

Der Hauptvorwurf bestand darin, dass die Schweiz in den Achziger- und
Neunzigerjahren Mithilfe beim Aufbau eines südafrikanischen
Chemiewaffenprogrammes geleistet habe. Dazu kamen Spekulationen über
vorgabenwidrigen Umgang mit Akten im Nachrichtendienst. Beide Themenbereiche
waren 1999 bereits Gegenstand von Untersuchungen der
Geschäftsprüfungsdelegation.

Im Rahmen dieser Vorabklärung wurden zahlreiche ehemalige oder noch
amtierende Verantwortungsträger im Nachrichtendienstbereich angehört und
eine Vielzahl von Akten gesichtet. Aus verschiedenen Gründen wurden die
Abklärungen nur innerhalb der Schweiz getroffen.

Keine Anhaltspunkte

Auch nach diesen neuen VBS-internen Abklärungen sind keine Anhaltspunkte zum
Vorschein gekommen, welche die behaupteten Mithilfevorwürfe an die Schweiz,
beziehungsweise an den Nachrichtendienst beim Aufbau eines südafrikanischen
Chemiewaffenprojektes stützen würden.

Hingegen wurden im Nachrichtendienstbereich, teilweise routinemässig, Akten
vernichtet, auch solche aus Partnerschaftsbeziehungen mit Südafrika. Die
Rechtskonformität gewisser Aktenvernichtungen ist in einer ersten
Beurteilung als eher fraglich zu beurteilen. Hier ist ein klarer
Handlungsbedarf erkannt worden. In den einschlägigen Gesetzen sind für
Nachrichtendienste keine Sonderregelungen vorgesehen. In Zusammenarbeit mit
dem Bundesarchiv sollen hier allfällige Lücken rasch geschlossen werden.

Administrativuntersuchung und historische Aufarbeitung

Bundesrat Samuel Schmid hat diese Vorabklärung zur Kenntnis genommen. Im
Sinne einer raschen und konsequenten Aufarbeitung hat er deshalb eine
Administrativuntersuchung eingeleitet.

Gegenstände der Untersuchung sollen auch die heute offenen Problemkreise
sein: Die Rechtskonformität der Aktenvernichtungen, Existenz und Inhalt
eines behaupteten Geheimabkommens, die Beschaffung zweier russischen
SA-18-Raketen usw. Untersuchungsgegenstände können über den
Nachrichtendienst hinaus weitere Verwaltungsstellen des VBS betreffen. Über
die genaue Formulierung des Auftrages zur Administrativuntersuchung und den
Namen des oder der Beauftragten wird das VBS zu gegebener Zeit informieren.

Für die künftige Beschaffung von ausländischen Informationen wird eine
Verfahrensausdehnung vorbehalten. Eine solche Informationsbeschaffung in
Südafrika soll indes nicht vor der Urteilsverkündung und -begründung des
zuständigen Gerichtes in der Strafsache Wouter Basson vorgenommen werden.

Schliesslich hat Bundesrat Schmid auch eine historische Aufarbeitung in
Aussicht gestellt. Sie soll jedoch erst nach Abschluss der
Administrativuntersuchung an die Hand genommen werden, damit konkurrierende
Untersuchungen vermieden werden. Mit einem historischen Bericht zu Handen
des Bundesrates ist kaum vor Ende 2003 zu rechnen. Die
Administrativuntersuchung sollte ohne ausserordentliche Entwicklungen Mitte
2002 abgeschlossen werden können.

EIDG. DEPARTEMENT FÜR VERTEIDIGUNG, BEVÖLKERUNGSSCHUTZ UND SPORT
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