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WTO-GATS - service public: Bundesrat Pascal Couchepin antwortet auf die Bedenken

PRESSEMITTEILUNG / Berne, 31.7.2001

WTO-GATS - service public: Bundesrat Pascal Couchepin antwortet auf
die Bedenken

Die von verschiedenen Organisationen am 26. Juni 2001 lancierte Aktion
„GATS-WTO - service public“ hat Bundesrat Pascal Couchepin bis zum 31.
Juli 2001 knapp 4000 Postkarten, Mails und Briefe beschert. Ihre
Absender fordern, grundlegende öffentliche Dienstleistungen dürften
nicht den WTO-Regeln unterstellt werden und bereits eingegangene
Verpflichtungen in Zusammenhang mit dem GATS (General Agreement on
Trade in Services) seien rückgängig zu machen.

Der Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements hat
alle Schreiben mit lesbarem Absender persönlich beantwortet. Er legte
Wert darauf, die Missverständnisse zu klären, welche zu den Bedenken
der NGO's geführt hatten. Insbesondere weist er in seinem
Antwortschreiben darauf hin, dass jeder Staat auch als WTO-Mitglied
das Recht habe, autonom im Bereich der Dienstleistungen Vorschriften
zu erlassen.

Auch wenn sich ein Staat verpflichtet hat, Marktzutritt und/oder
Inländergleichbehandlung in einzelnen Dienstleistungsbranchen zu
gewähren, ist er dennoch frei, die interne Regulierung selbst zu
gestalten. Das GATS will lediglich rein protektionistische Massnahmen
verhindern. Eine gesetzliche Vorschrift, die verlangt, dass „service
public“-Leistungen sichergestellt werden, ist nicht WTO-widrig.

Der Bundesrat wird im Oktober über das Verhandlungsmandat für die
WTO-Ministerkonferenz von Doha beschliessen und die Öffentlichkeit bei
dieser Gelegenheit über seine Absichten orientieren.

Zusatzerklärungen:

Wohlstand bringt Frieden:
Das multinationale Handelssystem, welches Ende des 19. Jahrhunderts
errichtet wurde, zerbrach anfangs 20. Jahrhundert an totalitären
Gesinnungen. Europa musste zuerst den 1. und 2. Weltkrieg erleben,
bevor es reif war, zusammen mit Amerika internationale Strukturen zu
schaffen, die künftig eine demokratische und freiheitliche Ordnung
stützen sollten. Aus diesem Geist heraus wurden auch die Bretton Woods
Institutionen mit Internationalem Währungsfonds, Weltbank und dem 1947
in Kraft getretenen GATT (General Agreement on Trade Tariffs and
Trade) nach dem 2. Weltkrieg geboren. Gerade für einen Kleinstaat wie
die Schweiz ist diese offene Weltwirtschaftsordnung, die auf
international respektierten Regeln beruht, das Tor zu wirtschaftlichem
Reichtum und sozialem Frieden.

Mit Gründung der WTO wird der Welthandel regelorientierter
Die Zeit für einen neuen Quantensprung war mit Ende der Uruguay-Runde
reif. 1994 konnte in Marrakesch die Uruguay-Runde mit der
Unterzeichnung des WTO-Vertrages, des Vertrages zur schrittweisen
Liberalisierung des Dienstleistungshandels (GATS, General Agreement on
Trade in Services), des Abkommens zum Schutz des geistigen Eigentums
(TRIPS, Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property
Rights) sowie des aufdatierten Allgemeinen Abkommens GATT 94
abgeschlossen werden. Aus dem Vertragswerk GATT entstand die
Welthandelsorganisation (WTO, World Trade Organisation) mit Sitz in
Genf, welche am 1. Januar 1995 in Kraft trat (Beitritt Schweiz: 1.
Juli 1995).

Die Schweiz verdient jeden zweiten Franken im Ausland - dank der WTO:
Die Verflechtung der Handelströme schafft nach dem Gesetz der
komparativen Kostenvorteile Wohlstand. Genau darin liegt das Ziel der
Abkommen unter dem Dach der WTO. Der internationale Handel soll
gefördert werden, indem die Staaten auf unnötige Handelsbeschränkungen
verzichten. Das ganze WTO-Regelwerk lässt die Staaten ihre interne
Regulierung weitgehend frei gestalten. Lediglich interne Regeln, die
in Protektionismus münden, sind ausgeschlossen. Wie wichtig der
Welthandel und damit die WTO für die Schweiz sind, zeigen auch Fakten
anschaulich: Jeden zweiten Franken verdient die Schweiz im Ausland.

Seattle - Sturm im Wasserglas:
Die letzte WTO Ministerkonferenz in Seattle Ende November 1999 wurde
als Rückschlag für die WTO empfunden. Unter den Mitgliedern fehlte der
Konsens für die Themen der künftigen Verhandlungen. Allerdings darf ob
dem Misserfolg in Seattle nicht vergessen werden, dass das bisher
Erreichte in der WTO schon sehr weit geht, und die Umsetzung der
entsprechenden Abkommen noch nicht überall restlos erfolgt ist.
Sichtbar für alle wurde der Misserfolg in Seattle insbesondere
deshalb, weil die WTO immer mehr zum Symbol der negativen Folgen der
Globalisierung geworden ist. Die WTO wird als Sündenbock für die
Missstände dieser Welt von den Globalisierungsgegnern bekämpft. Die
Globalisierung gibt es allerdings auch ohne WTO.  Deren positiv wie
auch negativ empfundene Auswirkungen ebenfalls. Ohne WTO würden sich
die Probleme eher noch verschärfen, weil das Forum fehlen würde, in
welchem die Staaten regelorientiert über Probleme diskutieren können.
Die WTO versucht, Antworten auf die Herausforderungen der
Globalisierung auszuarbeiten; sie kann aber nur so gute Antworten
liefern, wie ihre Mitglieder zu erarbeiten bereit sind, und sie muss
dazu verhandeln können.

Durchbruch in Doha im November 2001?
Im November 2001 findet nun in Doha, Katar, die vierte WTO
Ministerkonferenz statt. Bis heute ist unklar, ob in Doha ein
Durchbruch erzielt und eine umfassende Verhandlungsrunde lanciert
werden kann. Es ist auch möglich, dass Verhandlungen zwar in einzelnen
Bereichen lanciert werden, dass aber in anderen Bereichen die Zeit für
Verhandlungen noch nicht reif ist. Sicher werden die schon laufenden
Verhandlungen in den Bereichen Landwirtschaft, Dienstleistungen, Abbau
von Zöllen weitergeführt und die Probleme, welche einige
Entwicklungsländer mit der Umsetzung einzelner WTO-Abkommen haben,
müssen lösungsorientiert angesprochen werden. Schliesslich wird es
auch darum gehen sicherzustellen, dass sich die WTO im Einklang mit
anderen Abkommen, wie beispielsweise den Unweltabkommen, entwickelt.

Auch die Dienstleistungen stehen auf dem Verhandlungsprogramm. Die
Schweiz ist diesbezüglich bereits heute weitgehend ein offener Markt.
Keine Verpflichtungen hat sie bis heute in den Sektoren Energie,
Gesundheit, Film und Audiovision und Post übernommen. Sie ist frei,
künftig Verpflichtungen in diesen Bereichen zu übernehmen oder nicht
bzw. die Übernahme von allfälligen Verpflichtungen den eigenen
Verhältnissen anzupassen und zu beschränken.

Ist der Service Public in Gefahr?
Als Service Public gilt eine bestimmte  Dienstleistung, welche ein
politisch definiertes, gesellschaftliches Bedürfnis befriedigen soll.
Sinn und Zweck des Service Public sind in der Schweiz insbesondere
Raumordnungspolitik zur Stärkung des Lebensraumes und des
Wirtschaftsstandortes, nationaler Zusammenhalt und Identität,
Nicht-Diskriminierung oder Teilhabe von Behinderten am sozialen und
politischen Leben. Das Dienstleistungsabkommen GATS schreibt seinen
Mitgliedern nicht vor, ob sie Service Public Dienstleistungen zu
erfüllen haben oder ob nicht und welchen Zwecken diese dienen müssen
oder gar, wie diese beschaffen sein müssen. Die Mitglieder sind
grundsätzlich frei, Service Public Dienstleistungen zu bestimmen und
zu organisieren.

Das GATS lässt Service Public Dienstleistungen durchaus zu: I.
Dienstleistungen in Ausübung hoheitlicher Autorität vom Gegenstand des
GATS aus. II. Die GATS-Mitglieder sind auch in den Sektoren, wo sie
Verpflichtungen übernommen haben, frei, ihre interne Regulierung und
somit auch ihre Service Public Dienstleistungen zu gestalten. Das GATS
will lediglich rein protektionistische Massnahmen verhindern und
schreibt zu diesem Zwecke vor, dass die internen Regulierungen
vernünftig, objektiv und unparteiisch sein müssen. III.
Dienstleistungssektoren, die dem internationalen Handel geöffnet
werden, müssen einzeln in die nationale Verpflichtungsliste
eingetragen werden. IV. Auch in Sektoren, wo Verpflichtungen
übernommen werden, können Einschränkungen, welche die nationale
Regulierung und Situation erfordern, angebracht werden.

Zum Schluss
Das GATT hatte sich während fast einem halben Jahrhundert bewährt. Der
Übergang 1995 vom GATT zur WTO und die einhergehende Erweiterung des
internationalen offenen Wirtschaftssystems auf Dienstleistungen und
geistige Eigentumsrechte wie auch die zunehmende Verrechtlichung mit
den seit 1995 in Kraft getretenen Abkommen waren ein grosser Schritt
für den internationalen Handel und damit auch für die Wohlfahrt der
Mitglieder und ihrer Bürgerinnen und Bürger. Für Länder ohne Rohstoffe
wie die Schweiz ist die Stärkung der offenen Weltwirtschaftsordnung
und der WTO von grösstem Interesse.

Auskünfte:
Katja Mäder, Pressesprecherin EVD, Tel. 031/322 39 60 / Dominique
Martin, seco, Tel. 031/324 08 28