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Das Walfangübereinkommen - die Walfangkommission

PRESSEMITTEILUNG / Bern, 10.7.2001

Das Walfangübereinkommen - die Walfangkommission

Das ”Internationale Übereinkommen zur Regelung des Walfangs” ist, wie
es sein Titel besagt, keine internationale Naturschutzkonvention,
sondern eigentlich ein Jagdgesetz. Es will die Erhaltung der
Walbestände sichern und sie vor übermässiger Jagd schützen. In der
Vergangenheit stark dezimierte Bestände sollen sich soweit erholen
können, dass ein geregelter Walfang wieder möglich ist. Nicht
dezimierte Bestände sollen nachhaltig genutzt werden. Das 1946
abgeschlossene Übereinkommen will auch eine ”geordnete Entwicklung der
Walfangindustrie” ermöglichen.
Für den kommerziellen Walfang gilt allerdings seit 1986 ein
befristetes Moratorium. Eine eventuelle Aufhebung oder Teilaufhebung
des Moratoriums ist an definierte Bedingungen gebunden (ausreichende
Bestandesgrösse, strenge Managementsvorschriften, Kontrollmassnahmen).
Eine generelle Aufhebung des Moratoriums steht jedoch gegenwärtig
nicht zur Diskussion. Der indische Ozean und die südlichen Meere in
der Antarktis wurden auf bestimmte Zeit zu Schutzzonen erklärt. Über
andere Schutzgebiete (Südatlantik, Südpazifik) wird diskutiert.
Die Internationale Walfangkommission (IWC) besteht aus je einem
Mitglied der Vertragsstaaten. Zu ihren Aufgaben gehört es, Richtlinien
für den Walfang und die Fanggeräte, sowie Fangquoten festzulegen. Sie
regt auch wissenschaftliche Untersuchungen über Wale an und
organisiert sie und sie verarbeitet und verbreitet die Ergebnisse
solcher Untersuchungen.
Von rund 140 Küstenstaaten sind heute nur 39 Mitglieder der IWC.
Dazu kommen zwei Binnenländer, nämlich Österreich und die Schweiz.
Sechs Mitgliedstaaten haben kein Stimmrecht wegen des Rückstandes
ihrer Beitragszahlungen.
Über hundert Küstenstaaten, die teilweise auch Wale jagen, sind nicht
IWC Mitglieder und folglich nicht an die Beschlüsse der IWC gebunden.
 Der Walfang der Ureinwohner zur Selbstversorgung
Die IWC kennt zwei Walfangkategorien: Den kommerziellen Walfang
(gegenwärtig gilt ein Moratorium) und den Walfang der Ureinwohner zur
Selbstversorgung. Wesentliches Element der zweiten Kategorie ist, dass
das Walfleisch an Ort der menschlichen Ernährung dient. Dies schliesst
allerdings nicht aus, dass es an lokalen Märkten feilgeboten und
verkauft wird. Sowohl den Inuits (Eskimos) an der Ost- und Westküste
Grönlands und Alaskas wie auch den Aleuten und Tschuktschen Sibiriens,
den Makah-Indianern im Westen der USA und den Eingeborenen von St.
Vincent sind bisher solche Jahresquoten gewährt worden (Westgrönland:
19 Finn- und 175 Zwergwale, Ostgrönland: 12 Zwergwale,
Alaska/Sibirien: 56 Grönlandwale, Sibirien/USA: 124 Grauwale, St.
Vincent: 2 Buckelwale).
An der Tagung ist im Rahmen der regelmässigen jährlichen Überprüfung
erneut über diese Quoten zu befinden. Bei der Beschlussfassung sind
die Bedürfnisse der Menschen jener Regionen primär zu berücksichtigen.
Die Schweiz hat jedoch immer die Ansicht vertreten, dass auch diese
Walfangkategorie einem modernen, auf wissenschaftlichen Grundlagen
abgestützten und die Erhaltung der Walbestände ebenfalls
berücksichtigenden Management unterworfen werden sollte. Sie begrüsst
und unterstützt deshalb das Projekt des wissenschaftlichen Komitees
der IWC zur Ausarbeitung eines ”Aboriginal Subsistence Whaling
Scheme”.
Weiterhin wird sich die Schweiz wie bisher dafür einsetzen, dass bei
der Waljagd durch die Ureinwohner Waffen eingesetzt werden, welche
eine rasche und möglichst schmerzlose Tötung der Wale ermöglichen. Das
ist heute noch nicht immer der Fall.
 Der kommerzielle Walfang durch Norwegen
Im Jahre 1993 hat die norwegische Regierung, die Wiederaufnahme einer
kommerziellen Walfangaktivität vor der norwegischen Küste beschlossen.
Die Quote wurde vorerst auf 226 Zwergwale festgelegt, ist jedoch
inzwischen mehrmals geändert worden und liegt heute bei 549
Zwergwalen.
Die Schweiz hat sich an der IWC von allem Anfang an gegen diese
einseitige Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs ausgesprochen und
Resolutionen unterstützt, welche Norwegen ersuchen, diese Tätigkeit
wieder einzustellen.
Allerdings ist anzumerken, dass der Walfang durch Norwegen nicht im
Widerspruch zu den Bestimmungen des Walfangübereinkommens steht:
Norwegen hat seinerzeit einen Vorbehalt gegen den Moratoriumsbeschluss
eingereicht und ist deshalb nicht an diesen Beschluss gebunden.
Aufgrund eines weiteren Vorbehalts im Rahmen von CITES * kann Norwegen
Fleisch und Fett, das aus dieser Walfangaktivität stammt,  legal nach
Japan oder Island exportieren.

*	CITES = Übereinkommen über den internationalen Handel mit
gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen
 Der wissenschaftliche Walfang durch Japan
Jeder Mitgliedstaat der IWC kann seinen Staatsangehörigen durch eine
Spezialbewilligung erlauben, zu wissenschaftlichen Zwecken Wale in
beschränkter Anzahl zu erlegen und zu verarbeiten.
Die Mitgliedstaaten der IWC entscheiden also unabhängig und
selbständig über den Fang und die Verarbeitung von Walen zu
wissenschaftlichen Zwecken.
Sie haben die Kommission über jede derart erteilte Spezialbewilligung
zu unterrichten.
Die IWC hat über den wissenschaftlichen Walfang nicht Beschluss zu
fassen; sie kann solche Projekte weder gutheissen noch verurteilen,
weder bewilligen noch verbieten.
Gelegentlich nimmt sie in Form von unverbindlichen Resolutionen zu
einzelnen Projekten Stellung. Japan organisiert nicht nur aufwendige
jährliche Walzählungen, sondern erlegt in einem Langzeitprojekt
alljährlich auch über 400 Zwergwale in der Antarktis und rund 100
Zwergwale sowie, seit dem Jahr 2000, 50 Bryde-Wale und 10 Pottwale im
Pazifik. Es werden eine Reihe von Proben entnommen und
wissenschaftliche Daten erhoben. Die Forschungsergebnisse werden
regelmässig veröffentlicht. Das Fleisch wird auf dem Inlandmarkt
verkauft. Da Japan einen Vorbehalt gegen den Beschluss der Schutzzone
in der Antarktis eingereicht hat, handelt dieser IWC Mitgliedstaat
nicht gegen die Bestimmungen des Übereinkommens.
Die Schweiz hat sich immer dafür eingesetzt, dass wissenschaftliche
Untersuchungen an Walen nach Möglichkeit mit nicht letalen Methoden
durchgeführt werden sollten.
Bedingt der Forschungszweck ausnahmsweise dennoch die Tötung von
Tieren, so vertritt die Schweiz die Ansicht, dass, entsprechend
unserer Tierschutzgesetzgebung, zur Erreichung des Forschungsziels die
kleinste notwendige Anzahl Tiere einzusetzen ist.
Die Schweiz unterstützte auch Resolutionen, welche Japan ersuchen, den
wissenschaftlichen Walfang im antarktischen Schutzgebiet zu beenden
und ihn nicht noch auf weitere Walarten (Bryde-Wale, Pottwale) im
Pazifik auszudehnen.
 Der irische Kompromiss-Vorschlag
Einige Delegationen in der IWC vertreten die Ansicht, Wale seien
grundsätzlich nicht kommerziell zu bejagen. Andere Delegationen
äussern legitime Interessen an einer nachhaltigen Nutzung bestimmter
Walbestände. Diese unvereinbaren Standpunkte verhindern
Verhandlungsfortschritte und machen es der IWC schwer, die ihr
auferlegten Aufgaben zu erfüllen. Insbesondere muss sie die
Walfangtätigkeit auf den Weltmeeren passiv zur Kenntnis nehmen,
anstatt sie regeln und kontrollieren zu können. Diese unfruchtbare
Pattsituation war für die IWC eine Zerreissprobe. Irland hat deshalb
1997 einen Kompromiss-Vorschlag mit folgendem Inhalt zur Diskussion
gestellt:
 Das Bewirtschaftungsschema (RMS) ist fertigzustellen und
anzunehmen. Diese modernen Managementvorschriften würden
gegebenenfalls die nachhaltige Nutzung bestimmter Walbestände und die
Überwachung eventueller kommerzieller Walfangtätigkeit unter strenger
Kontrolle sicherstellen. Gleichzeitig sichern sie die Erhaltung der
Walpopulationen.
 Sofern die IWC zukünftig Fangquoten für bestimmte Walbestände
festlegen sollte, so hat dies unter Berücksichtigung der Bestimmungen
des RMS zu geschehen und darf nur die Küstenzonen von Mitgliedstaaten
betreffen, welche heute bereits Walfang betreiben. Für alle übrigen
Regionen der Weltmeere gilt gleichzeitig ein Fangverbot (Nullquote).
 Das Fleisch, das aus solcher Walfangtätigkeit anfällt, ist
lokal zu konsumieren, darf also nicht international gehandelt werden.
 Wissenschaftliche Forschungsprojekte, welche auf dem Fang von
Walen beruhen, sind auf einen noch festzulegenden Zeitpunkt zu
beenden. Danach dürfen Wale nur noch ausnahmsweise und in Einzelfällen
und erst nach Zustimmung des wissenschaftlichen Komitees zu
wissenschaftlichen Zwecken gefangen werden.
Die vier Punkte gelten als Einheit und sind nicht unabhängig
voneinander zu betrachten. Allen Beteiligten war klar, dass die
Verwirklichung dieses Projekts nur im Konsens und nicht als
Mehrheitsbeschluss möglich wäre; dazu müsste sich alle
IWC-Mitgliedstaaten bereit erklären, die erforderlichen
Verpflichtungen einzugehen. Anfänglich war grundsätzlich die
Bereitschaft vorhanden sich an den Diskussionen zu beteiligen;
inzwischen sind Interesse und Engagement ziemlich abgeflaut und es
steht noch nicht fest, ob in London wiederum über den Vorschlag
gesprochen werden soll.
Die Schweiz hat ursprünglich in diesem Prozess - auf Einladung Irlands
- eine wichtige kritisch/konstruktiv mitarbeitende, vermittelnde und
koordinierende Rolle
 gespielt und ist gewillt, dies im Interesse des Ganzen auch weiterhin
zu tun. Dies ist nur deshalb möglich, weil sich die Schweiz immer
bemüht hat, die Bestimmungen des Übereinkommens zu respektieren, ihre
Entscheide auf wissenschaftlichen Grundlagen abzustützen und eine
Politik zu vertreten, die keine Doppelstandards enthält. Die Schweiz
gilt deshalb als vertrauenswürdiger, glaubwürdiger und geachteter
Gesprächspartner.

 Kleinwale
Es gibt in den Meeren und einigen Flüssen etwa 90 verschiedene
Walarten. Davon sind einige (z.B. verschiedene Flussdelphine,
Nordkaper) heute sehr selten geworden, während andere in grösserer
Zahl vorkommen (z. B. Zwergwale, Pottwale, Grauwale, Grindwale). Im
operativen Teil zum Walfangübereinkommen, dem sogenannten "schedule"
sind jedoch nur 21 Arten namentlich aufgeführt, darunter alle
Bartenwale und zehn Zahnwalarten. Dies haben manche
IWC-Mitgliedstaaten dahingehend interpretiert, dass die Bestimmungen
des Übereinkommens auf die übrigen rund 70 Arten - sog.
”Kleinwalarten” - nicht anwendbar seien.
Die Schweiz hat immer die Meinung vertreten, dass das
Walfangübereinkommen für alle 90 Walarten Geltung haben soll.
Zur Klärung der Frage ist eine spezielle interne Arbeitsgruppe
eingesetzt worden. Sie kam 1995 zum Schluss, dass die IWC in Bezug auf
Kleinwale fortan nur berechtigt sei, wissenschaftliche Informationen
zu sammeln und zu verarbeiten, nicht aber das Management zu regeln
(”scientific advice, but no managment advice”). Damit hat sich die IWC
für Fragen des Schutzes und der Nutzung der sogenannten Kleinwale, zu
denen z. B. auch der Narwal, der Weisswal (Beluga), der Schweinswal,
oder der Grosse Tümmler gehören, als nicht zuständig erklärt.
Aus Angaben, welche die IWC-Mitgliedstaaten freiwillig liefern, kann
ersehen werden, dass sie alljährlich etwa 40'000 Kleinwale jagen oder
als sogenannte ”unerwünschte Beifänge” registrieren. Auch viele
Vertreter ”grosser” Walarten verenden in den Netzen als ”Beifang”.
Wenn man bedenkt, dass weltweit noch viele Individuen dazu kommen, die
von Nicht-IWC-Staaten gejagt oder als Beifänge getötet werden, so wird
ersichtlich, dass hier ein Problem vorliegt, das dringend einer Lösung
bedarf. Es ist indes fraglich, ob diese Lösung innerhalb der IWC
gefunden werden kann. Dies gilt übrigens auch für andere globale
Probleme (z. B. Umweltbelastung der Meere, Verdünnung der
Ozonschicht), deren Lösung den Rahmen des Walfangübereinkommens und
die Möglichkeiten der IWC bei weitem sprengen.
Die Schweiz ist aber bereit, auch Lösungsvorschläge, die innerhalb der
IWC ausgearbeitet werden, zu unterstützen.
 Die Gefährdung von Walen durch die Umwelt
Den kommerziellen Walfang in grossem Stil, wie er in der Vergangenheit
ausgeübt wurde, gibt es heute nicht mehr und alle Zeichen sprechen
dafür, dass er Vergangenheit bleiben wird. Wale, insbesondere die
grossen Arten, sind also heute nicht primär durch den kommerziellen
Walfang gefährdet, sondern durch negative Einwirkungen aus ihrer
Umwelt. Dazu gehören die Belastung der Meere mit Schadstoffen, die
globale Erwärmung durch die Anreicherung der Atmosphäre mit CO2, die
Verdünnung der Ozonschicht und Lärmimmissionen. Der wissenschaftliche
Ausschuss der IWC organisiert Tagungen zu dieser Problematik, regt zu
Forschungsprojekten an, unterstützt die Forschung auf diesem Gebiet
und sammelt und verbreitet alle möglichen Informationen zu diesem
Thema. Er hat aber weder das Mandat, noch ist er personell oder
finanziell in der Lage selber grössere Forschungsvorhaben zu
realisieren. Er ist auf die Forschungstätigkeit und die Unterstützung
anderer Institutionen und Organisationen angewiesen.
Die Schweiz unterstützt Resolutionen, welche ein Engagement der IWC in
dieser Thematik fordern.
Die Einflussmöglichkeiten der IWC zur Behebung dieser Umweltgefahren
sind allerdings bescheiden, hat sie doch in diesem Bereich kaum
Regelungskompetenz. Der Schutz der Wale - ja von Tieren und Pflanzen
generell - vor Einflüssen, die mit der Bejagung nicht in Verbindung
stehen, hat deshalb im Rahmen anderer internationaler Konventionen und
Gremien zu geschehen, die sich allgemein mit dem Schutz der Biosphäre
und der Atmosphäre befassen.
Auch in diesen anderen internationalen Foren spielt die Schweiz eine
aktive Rolle und geht - wie auch auf nationaler Ebene - oft mit gutem
Beispiel voran.
 Schutzgebiete
Im Rahmen des Managements von Wildtieren haben Schutzgebiete die
Funktion, den betreffenden Arten gewisse Rückzugsmöglichkeiten zur
Verfügung zu stellen, in denen die Bestände gesichert werden können
und von denen aus eventuell auch die Gebiete im Umfeld der Schutzzonen
besiedelt werden. Wie die Erfahrungen mit manchen Nationalparks
zeigen, wird unter Umständen ein gewisses Management (z. B.
Hegeabschüsse) auch in den Schutzgebieten erforderlich.
Im Jahre 1979 beschloss die IWC die Einrichtung eines
Walschutzgebietes im Indischen Ozean. Es wurde vorerst auf 10 Jahre
befristet. Im Schutzgebiet war zwar jeglicher Walfang, sei es von
Fangschiffen oder Fangstationen aus, verboten, aber dies betraf nur
die 21 im Anhang zum Übereinkommen genannten Arten. Verbindlich ist
der Beschluss auch nur für die IWC Mitgliedstaaten. Nach wie vor wird
in diesem Schutzgebiet Fischfang betrieben und werden in den
Fischnetzen - absichtlich oder unabsichtlich - auch Wale gefangen.
Ebenso wenig verhindert der Schutzstatus die Belastung dieses Ozeans
mit Schadstoffen etc.
Im Jahre 1986 trat, das weltweite Moratorium für den kommerziellen
Walfang in Kraft. Wale dürfen demnach auf allen Weltmeeren nicht mehr
kommerziell gejagt werden. Norwegen und die Russische Föderation sind
allerdings aufgrund ihrer Vorbehalte nicht an diesen Beschluss
gebunden.
Dennoch wurde 1992 ein Vorschlag für ein weiteres Walschutzgebiet in
den südlichen Meeren um die Antarktis eingebracht. Die Schweiz leitete
eine Arbeitsgruppe zur weiteren Entwicklung dieses Vorschlags und 1994
wurde das zweite Schutzgebiet in den antarktischen Gewässern
beschlossen. Japan ist - was die Zwergwale anbelangt - aufgrund seines
Vorbehaltes nicht an den Beschluss gebunden.
Nun stehen erneut zwei Vorschläge, für die Einrichtung von
Walschutzzonen im Südpazifik und im Südatlantik zur Diskussion, obwohl
das weltweite Moratorium immer noch und wohl noch lange in Kraft ist
und obwohl die Walopulationen in jenen Gebieten weder unmittelbar noch
in naher Zukunft gefährdet sind (s.a. Abschnitt über das Revidierte
Bewirtschaftungsschema RMS). In Anbetracht der Sachlage fällt es
schwer, eine Notwendigkeit für die Einrichtung zusätzlicher
Schutzzonen zu erkennen, umso mehr, als auch der wissenschaftliche
Ausschuss sich über den konkreten Nutzen nicht einig ist.
Die Schweiz unterstützt die Einrichtung von Schutzzonen dann, wenn
dies wissenschaftlich begründet wird und wenn alle betroffenen
Anrainerstaaten die Einrichtung der Schutzzone ebenfalls unterstützen.
Grundsätzlich wäre zu wünschen, dass Beschlüsse für die Einrichtung
von Schutzzonen im Konsens angenommen werden könnten. Die Gefahr
besteht sonst, dass gewisse IWC Mitgliedstaaten einen Vorbehalt
einlegen und somit nicht an den Beschluss gebunden sind.
 Das revidierte Bewirtschaftungsschema (RMS)
Im Jahre 1982 beschloss die IWC eine Unterbrechung des kommerziellen
Walfangs ab 1986 (= „Moratorium“). Gleichzeitig wurde beschlossen,
eine gründliche Evaluation aller Walbestände im Hinblick auf mögliche
Bewirtschaftungsziele und -massnahmen durchzuführen (= „comprehensive
assessment). Bald einmal wurde ersichtlich, dass es galt effektiv neue
Bewirtschaftungsziele, insbesondere aber völlig neue
Bewirtschaftungsmethoden und -modelle zu entwickeln, da die bisherigen
sich als untauglich erwiesen hatten. Dazu wurden Computermodelle
entwickelt, mit welchen es möglich ist, die Auswirkungen
unterschiedlicher Bewirtschaftungsmassnahmen auf hundert Jahre hinaus
zu simulieren, also gleichsam virtuell die Nutzung von definierten
Walbeständen über hundert Jahre zu verfolgen („implementation
trials“). Als Rahmenbedingungen wurde festgelegt:
1. Die Fangquoten sollen so stabil wie möglich bleiben (sie sind also
relativ niedrig).
2. Bei einer Reduktion der Bestände auf unter 54 % der maximalen
Bestandesgrösse („carrying capacity“) sinkt die Quote automatisch auf
Null (was eine Dezimierung der Bestände verunmöglicht).
3. Durch das Management soll der Bestand in seiner produktivsten
Entwicklungsphase gehalten werden (was maximale „Abschöpfung“
ermöglicht).
Das Bewirtschaftungsmodell („Revised Management Procedure“, RMP)
basiert auf wissenschaftlichen - und regelmässig zu wiederholenden -
Schätzungen der gegenwärtigen Grösse einzelner Walbestände, dem
Ausmass gegenwärtiger Fangtätigkeit (inklusive Beifänge) und der
Berücksichtigung von Fangdaten aus der Vergangenheit. In das
Bewirtschaftungsmodell wurden zahlreiche Unsicherheitsfaktoren
eingebaut wie z. B. diverse mögliche Variationen biologischer
Parameter (Fortpflanzungsrate, Populationsdynamik, Bestandesgrösse,
maximale Bestandesgrösse [„carrying capacity“]) aber auch
Ungenauigkeiten der Fangdaten aus der Vergangenheit, und
unvorhersehbare negative Umwelteinflüsse. Zahlreiche zusätzliche
Vorgaben berücksichtigen Einzelheiten der Aufenthaltsgebiete der
einzelnen Bestände, geographische Eingrenzung der Fangareale,
unregelmässige Verteilung des Fanges von männlichen und weiblichen
Tiere u.a.m. Der Berechnungsmodus für Fangquoten aufgrund dieses
Modells ist überaus vorsichtig und korrigiert sich im Falle einer
eventuellen Nutzung von Beständen aufgrund fortlaufender Dateneingaben
im Interesse der oben genannten Ziele - also im Interesse der Walbe
 stände - ständig selbst. Ausserdem: Falls innerhalb von 5 Jahren
keine neuen, wissenschaftlich ermittelten  Bestandesschätzungen
vorliegen, fällt auch hier die Quote automatisch auf Null.
Zusammenfassend lässt sich sagen:
Die achtjährige intensive Arbeit der besten Fachspezialisten auf
diesem Gebiet hat die Entwicklung der am gründlichsten überprüften
Bewirtschaftungsmassnahme ermöglicht, welche je für eine natürliche
Ressource geschaffen wurde. Die RMP gilt als vorbildhaftes Modell für
die Bewirtschaftung nicht nur aller Meeresressourcen, sondern generell
aller natürlichen Ressourcen. Sie garantiert die nachhaltige Nutzung,
ohne die Bestände auf lange Sicht hinaus zu gefährden.
Bisher sind virtuelle Langzeittests („implementation trials“) erst für
die Zwergwale der Antarktis und des Nordatlantiks durchgeführt worden.
Für alle anderen Walarten und -bestände gilt nach wie vor- und mit
Bestimmtheit noch auf viele Jahre hinaus - auf Basis der RMP eine
Nullquote.
Die RMP ist im Prinzip von der IWC bereits akzeptiert worden. Dennoch
ist sie noch nicht wirksam geworden, weil die IWC sie bloss als Teil
eines umfassenderen Bewirtschaftungsschemas („Revised Management
Scheme“, RMS) betrachtet, das nicht nur wissenschaftliche
Berechnungsmodalitäten beinhaltet, sondern auch  Überwachungs- und
Kontrollmechanismen der Fangaktivitäten festlegen möchte. Die Arbeiten
an diesem Teil des RMS sind noch nicht abgeschlossen und erweisen sich
als überaus schwierig. Annahme des RMS würde es jedoch ermöglichen,
dass die IWC die Kontrolle und die Regelung der Walfangaktivitäten,
die sich heute teilweise ihrer Einflussnahme entzogen haben, wieder
zurückgewinnt.

Thomas Althaus, Bundesamt für Veterinärwesen, Juni 2001

Vgl.	Die Schweiz und das internationale Walfangübereinkommen
	(Hrsg. BVET Juni 1996, Printversion)
http://www.bvet.admin.ch/artenschutz/d/berichte_publikat/walbroschuere
/
	(Internetversion der Walfangbroschüre
http://ourworld.compuserve.com/homepages/iwcoffice/
	(Homepages of the International Whaling Commission)