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Teilnahme an "Schengen" und "Dublin" liegt im Sicherheitsinteresse der Schweiz

Der Bundesrat beantwortet parlamentarische Vorstösse

Eine Teilnahme an "Schengen/Dublin" liegt im Sicherheitsinteresse der Schweiz. Dies hält der Bundesrat am Mittwoch bei der Beantwortung von fünf parlamentarischen Vorstössen fest. Der Einbezug der Schweiz in das Schengener Sicherheitsdispositiv ("Schengen") und in die Asyl- und Migrationspolitik der EU ("Dublin") würde, wie er in seiner Begründung ausführt, verhindern, dass unser Land zu einem Einfallstor für die illegale Migration in Europa wird. Zugleich würde der Gefahr vorgebeugt, dass die Schweiz zu einer Drehscheibe der grenzüberschreitenden und der organisierten Kriminalität oder des internationalen Terrorismus verkommt.

Ende März 2001 wurden fünf parlamentarische Vorstösse zu "Schengen/Dublin" eingereicht: die gleich lautenden Interpellationen Merz und FDP-Fraktion "Schengen. Gewinn für die innere Sicherheit der Schweiz?"; die Interpellation Bühlmann "Schengen-Integration und Kontrolle im rückwärtigen Grenzraum"; die Einfache Anfrage De Dardel "Schengener und Dubliner Abkommen. Vor- und Nachteile für die Schweiz"; das Postulat Teuscher "Schengen-Integration der Schweiz". In seinen Antworten auf diese parlamentarischen Vorstösse führt der Bundesrat aus, wie er die innere Sicherheit der Schweiz durch eine engere Zusammenarbeit mit der EU zu optimieren gedenkt.

Vorteile überwiegen

Der Bundesrat strebt bereits seit Längerem eine Optimierung der inneren Sicherheit unseres Landes an. Neben Massnahmen im Innern ist dazu aber auch eine Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit erforderlich. Mit dem Aufbau eines europäischen Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts wird die Europäische Union zum wichtigsten Partner. Eine enge Kooperation mit der EU liegt daher im schweizerischen Sicherheitsinteresse.

Kern des europäischen Sicherheitsraumes sind der Schengener Acquis und das Dubliner Erstasylabkommen. Der "Schengener Acquis" umfasst u.a. eine Verbesserung der grenzüberschreitenden Polizeizusammenarbeit, eine Verstärkung der Zusammenarbeit der Justizbehörden, die Verstärkung der Grenzkontrollen an den Aussengrenzen, das sogenannte "Schengener Informationssystem" (SIS) sowie eine gemeinsame Visa- und Asylpolitik. Dieses System hätte für die Schweiz gewichtige Vorteile; denn

  • Die Möglichkeiten der bi- und multilateralen Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten im Bereich Polizei und Justiz sind kaum mehr ausbaufähig. Die Schweiz ist in diesen Bereichen auf eine verstärkte Kooperation mit der EU angewiesen, wenn sie die Sicherheitsfragen im internationalen Verbund optimal angehen und nicht zu einer Insel für kriminelle Aktivitäten in Europa werden will.
  • Vor dem Hintergrund der zunehmenden grenzüberschreitenden Kriminalität stellt der heute begrenzte Informationsaustausch zwischen der Schweiz und den EU-Mitgliedstaaten ein erhebliches Defizit für unser Land dar. Der Zugang zum SIS erlaubt eine europaweite Fahndung nach Personen und Objekten über elektronische Datenbanken. Das SIS wird von Experten als bedeutsames und unverzichtbares Instrument in der Verbrechensbekämpfung bezeichnet. Ein Zugang zum System brächte der Schweiz bedeutende Vorteile.
  • Eine Beteiligung der Schweiz an der Asyl- und Migrationspolitik der EU würde verhindern, dass die Schweiz zum Ausweichgebiet für die illegale Migration wird. Eine Beteiligung an den vereinheitlichten Visa- und Aufenthaltsbestimmungen der EU wäre zudem vorteilhaft für den Tourismus und den Geschäftsreiseverkehr.
  • "Schengen" schreibt einen ausgebauten Datenschutz vor, der dem schweizerischen Standard entsprechen sollte. Die Schweiz wird darauf achten, dass der Schengener Standard ihren Anforderungen gerecht wird.

Die Schengener Vertragsstaaten haben bisher kategorisch ausgeschlossen, interessierten Drittstaaten partiellen Zugang zum Schengener Gesamtkonzept zu gewähren. Die Schweiz könnte daher den "Schengener Acquis" – wie Norwegen und Island – nur in seiner Gesamtheit übernehmen. Sie könnte bei der Weiterentwicklung des "Acquis" mitarbeiten, aber nicht formell mitentscheiden.

Neue Kontrollphilosophie

Das EJPD ist bereits seit 1999 zusammen mit dem Grenzwachtkorps und der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polzeidirektoren daran, im Rahmen der Überprüfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweiz (USIS) eine Opitimierung der Personenkontrollen an der Grenze zu erarbeiten. Die traditionellen Kontrollen an den Grenztoren beschränken sich heute zwar auf Stichproben, die einen kleinen Prozentsatz der Grenzübertritte erfassen, zeigen aber qualitativ und quantitativ bemerkenswerte Ergebnisse. Das GWK hat bereits in den letzten Jahren aus Gründen ungenügender Ressourcen mit Erfolg den statischen Dienst an den Grenztoren zugunsten einer mobilen Raumüberwachung abgebaut. Ein solcher Wechsel der Kontrollphilosophie kommt den Anforderungen von Schengen an eine Aufhebung der Grenzkontrollen entgegen. Wie der Wegfall der Kontrollen an der Grenzlinie aufgefangen werden kann, bleibt im Rahmen von USIS zu prüfen. Im Vordergrund stehen dabei mobile Kontrollen im Landesinnern. Die Schengener Regeln verpflichten die Vertragsstaaten weder zu einem Abbau noch zu einem Ausbau der polizeilichen Kontrollen im rückwärtigen Grenzraum oder im Landesinnern und auch nicht zu anderen spezifischen Massnahmen wie z.B. zur Einführung einer allgemeinen Ausweispflicht. Der Entscheid darüber liegt nach wie vor in der Souveränität der einzelnen Vertragsstaaten.

Bern, 30. Mai 2001

Weitere Informationen:

Hanspeter Pfenninger, Bundesamt für Justiz, Tel. 031/322 41 85