Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

4. IV-Revision vom Bundesrat verabschiedet:Finanzielle Konsolidierung, Modernisierung zugunsten der Behinderten und verstärkte Aufsicht des Bundes

Medienmitteilung      21. Februar 2001

4. IV-Revision vom Bundesrat verabschiedet:
Finanzielle Konsolidierung, Modernisierung zugunsten der Behinderten und
verstärkte Aufsicht des Bundes

Der Bundesrat hat die Botschaft zur 4. IV-Revision verabschiedet. Diese
verfolgt vier Hauptziele : die finanzielle Konsolidierung, gezielte
Anpassungen im Leis-tungsbereich, die Verstärkung der Aufsicht des Bundes
sowie die Verbesserung und die Vereinfachung der Strukturen und der Abläufe.
Bei den Leistungsanpassungen wird die Einführung einer
Assistenzentschädigung das heutige komplizierte und teilweise ungerechte
System von Leistungen für Behinderte ersetzen, die auf Pflege und Betreuung
angewiesen sind. Die 4. IV-Revision ermöglicht langfristig Einsparungen von
232 Millionen Franken jährlich nach Auslaufen sämtlicher Zusatzrenten. Mit
den Zusatzfinanzierungsmassnahmen der 11. AHV-Revision werden
voraussichtlich bis im Jahr 2007 die Schulden der IV getilgt und die
finanziellen Voraussetzungen geschaffen, mittelfristig das finanzielle
Gleichgewicht der IV wieder herzustellen.

Die Invalidenversicherung, die zusammen mit der AHV und den
Ergänzungsleistungen die erste Säule des schweizerischen
Sozialversicherungssystems bildet, stellt das Rückgrat des sozialen Systems
zur Integration von Menschen dar, die aus gesundheitlichen Gründen nicht
mehr oder nur noch teilweise selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen
können. In den vergangenen Jahren hat sich die finanzielle Situation der IV
zunehmend verschlechtert.
Ende 1996 betrugen die Schulden 1,6 Milliarden Franken, 1997 waren es
bereits 2,2 Milliarden Franken. Als rasch greifende Massnahme wurden 1998
Mittel des genügend dotierten Fonds der Erwerbsersatzordnung (EO) in der
Höhe von 2,2 Milliarden Franken in die IV transferiert. Dadurch konnten die
Schul-den der IV abgetragen werden. Bis Ende 1999 allerdings wuchsen die
Schulden er-neut auf 1,5 Milliarden Franken an. Das Kostenwachstum ist vor
allem auf die Zunahme der Zahl der Menschen zurückzuführen, die Anrecht auf
Leistungen der IV haben. Die erforderliche Zusatzfinanzierung der IV soll im
Rahmen der 11. AHV-Revision angegangen werden (Erhöhung der Mehrwertsteuer
um 1% im Jahr 2003 und eine Verlagerung von weiteren 1,5 Milliarden Franken
aus der EO zur IV).

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens
Der Entwurf zur 4. IV-Revision war von Juni bis September 2000 in der
Vernehmlassung. Die Massnahmen zur Erzielung von Mehreinnahmen der IV sind
umstritten. In Frage gestellt wird die Koppelung der Zusatzfinanzierung der
IV mit der Sicherung der AHV im Rahmen der 11. AHV-Revision.
Unterschiedliche Ansichten bestehen auch über die vorgesehene Erhöhung der
Mehrwertsteuer um 1% zugunsten der IV.
Eine bedeutende Mehrheit ist mit den Sanierungsmassnahmen einverstanden. Die
breite Zustimmung zur Aufhebung der Zusatzrenten wird jedoch an die
Bedingung geknüpft, dass eine substantielle Assistenzentschädigung
eingeführt wird. Der Einführung einer Assistenzentschädigung wird
mehrheitlich zugestimmt. Umstritten sind aber deren Ausgestaltung und die
finanziellen Aspekte.
Über die Einführung eines regional strukturierten ärztlichen Dienstes sind
die Meinungen geteilt. Die Idee verstärkter ärztlicher Abklärungen wird
allgemein befürwortet. Mehr als die Hälfte der offiziellen Stellungnahmen
spricht sich jedoch gegen die Einführung eines regional strukturierten
ärztlichen Dienstes aus. Die Schaffung einer Bundesverwaltungsstelle wird
abgelehnt.

Finanzielle Konsolidierung
Die 4. IV-Revision enthält nun Massnahmen, die die Ausgabenseite entlasten.
Dazu ge-hören die Aufhebung der Zusatzrente für den Ehepartner oder die
Ehepartnerin (mit Be-sitzstand für Personen, welche bereits im Zeitpunkt des
Inkrafttretens der Revision eine Zusatzrente bezogen haben), die Aufhebung
der Härtefallrente und gleichzeitig die Schaffung eines Anspruchs auf
Ergänzungsleistungen (EL) für Bezügerinnen und Bezü-ger von Viertelsrenten,
eine  verstärkte Kostensteuerung sowie eine gesetzliche Grundlage für die
Finanzierung wissenschaftlicher Aus-wertungen.

Gezielte Anpassungen im Leistungsbereich
Mit der Einführung einer Assistenzentschädigung als Ersatz der bisherigen
Hilflosenent-schädigung, der Pflegebeiträge für Minderjährige und der
Beiträge an die Kosten der Hauspflege sind gezielte Leistungsanpassungen im
Hinblick auf eine erhöhte Autonomie von behinderten Menschen vorgesehen. Die
Assistenzentschädigung soll dazu beitra-gen, dass Behinderte mit einem
längerdauernden, regelmässigen Bedarf an Betreuung oder Pflege die dadurch
entstehenden Kosten mindestens teilweise decken können. Der Bundesrat
schlägt eine Verdoppelung der heutigen Ansätze der Hilflosenentschädigung
für zu Hause lebende Menschen mit Behinderungen vor. Neu sollen auch
Menschen mit psychischen oder leichten geistigen Behinderungen, die zu Hause
leben und auf eine Begleitung von Drittpersonen im Alltag angewiesen sind,
einen Anspruch auf eine Assistenzentschädigung erhalten. Für minderjährige
Versicherte, welche eine besonders intensive Pflege benötigen, sieht der
Bundesrat zudem einen dreistufigen Intensivpflegezuschlag vor.
Im Weiteren soll ein zeitgerechtes, transparentes und
zivilstandsunabhängiges Taggeld-system das überholte Taggeldsystem der IV
ersetzen. Und schliesslich soll die IV in Zu-kunft die invaliditätsbedingten
Mehrkosten im Bereich der beruflichen Weiterbildung - unabhängig von der Art
des Berufsfeldes - unter klar definierten Voraussetzungen über-nehmen. Damit
wird die Grundlage dafür geschaffen, dass Menschen mit Behinderun-gen für
ihre berufliche Weiterentwicklung die gleichen Möglichkeiten wie nicht
behin-derten Menschen offen stehen.

Verstärkung der Aufsicht durch den Bund
Das geltende System der Überprüfung der ärztlichen Angaben durch die
IV-Stellen reicht nicht aus, um die starke Zunahme der IV-Rentenbezügerinnen
und -bezüger in den Griff zu bekommen. Hinzu kommen die seit Jahren
bestehenden erheblichen kanto-nalen Unterschiede in Bezug auf die
Wahrscheinlichkeit für eine Person, im Erwerbsal-ter invalid im Sinne des
Gesetzes zu werden und eine Rente zu beziehen. Seitens des Parlaments war
bereits in der Revisionsvorlage, die im Juni 1999 vom Volk abgelehnt wurde -
hauptsächlich wegen der umstrittenen Aufhebung der Viertelsrente -  das
Anliegen zur Schaffung regionaler ärztlicher Dienste eingebracht worden.

Der Bundesrat sieht diese Massnahme auch im neuen Revisionsprojekt vor. Wie
die IV-Stellen sollen die ärztlichen Dienste unmittelbar der fachlichen
Aufsicht des Bundesamts für Sozialversi-cherung (BSV) unterstellt sein. Ziel
ist die Bildung mehrerer Regionen, in welchen je-weils eine IV-Stelle mit
der Verwaltung des ärztlichen Dienstes beauftragt wird. Diese regional
strukturierten ärztlichen Dienste unterstützen die IV-Stellen indem sie die
medi-zinischen Anspruchsvoraussetzungen für IV-Leistungen beurteilen,
insbesondere im Bereich der beruflichen Massnahmen und der Renten. Wenn
nötig, können die ärztli-chen Dienste ärztliche Untersuchungen bei
Versicherten vornehmen. Mit dieser Mass-nahme soll eine gesamtschweizerisch
möglichst einheitliche, qualitativ verbesserte und speditive Beurteilung der
Leistungsgesuche erreicht werden.

Im Vergleich zu heute ist mit jährlichen Mehrausgaben von ca. 20 Millionen
Franken zulasten der Versicherung zu rechnen. Langfristig erhofft man sich
jedoch, dass das Wachstum der Ausgaben im Bereich der IV-Renten eingedämmt
wird.

Als weitere Massnahme zur Verstärkung der Aufsicht des Bundes sollen  die
Geschäfts-prüfungen bei den IV-Stellen neu jährlich stattfinden. Bis Ende
1999 erfolgten diese Ge-schäftsprüfungen in der Regel im Abstand von fünf
Jahren. Seit Anfang 2000 werden sie im Abstand von drei Jahren durchgeführt.
Die Folge dieser verstärkten Aufsicht des Bundes ist eine bessere Gewähr für
rechtlich einwandfreie und gesamtschweizerisch einheitliche Entscheide.

Struktur und Verfahren verbessern und vereinfachen
Tarifstreitigkeiten zwischen der IV und Leistungserbringerinnen
und -erbringern sollen neu durch kantonale Schiedsgerichte beurteilt werden.
Weiter soll die  Zusammenarbeit zwischen IV-Stellen, den
Durchführungsorganen der Arbeitslosenversicherung und den kantonalen
Durchführungsstellen , welche für die Förderung der beruflichen
Eingliederung zu-ständig sind, verbessert werden. Ziel dieser Zusammenarbeit
ist eine möglichst rasche und unbürokratische Wiedereingliederung
erwerbsloser Personen in den Arbeitspro-zess.

Finanzielle Auswirkungen
In den ersten 15 Jahren werden die Ausgaben der IV im Durchschnitt um 55
Millionen Franken pro Jahr vermindert. Nach Auslaufen sämtlicher
Zusatzrenten bringt die Revision für die IV Einsparungen von 232 Millionen
Franken jährlich . Langfristig erge-ben sich - unter zusätzlicher
Berücksichtigung der finanziellen Auswirkungen der Revisi-onsmassnahmen auf
die AHV und die EL - für den Bund insgesamt Einsparungen von 86 Millionen
Franken und für die Kantone von 14 Millionen Franken pro Jahr.
Mit den Zusatzfinanzierungsmassnahmen der 11. AHV-Revision und den
Massnahmen der 4. IV-Revision wird es gelingen, die Schulden der IV
voraussichtlich bis zum Jahr 2007 vollständig abzubauen und das
Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben wieder herzu-stellen.
EIDG. DEPARTREMENT DES INNERN
      Presse- und Informationsdienst

Auskünfte:     Tel. 031 322 91 32
      Beatrice Breitenmoser, Vizedirektorin
      Abteilung Invalidenversicherung
      Bundesamt für Sozialversicherung

Beilagen:
- Tabelle IV-Finanzhaushalt mit 11. AHV-Revision
- Tabelle IV-Finanzhaushalt mit 11. AHV-Revision und 4. IV-Revision
- Tabelle  Assistenzentschädigung
- Tabelle IV-Taggeldsystem
- Tabelle Einnahmen und Ausgaben der IV bis 1999
- Tabelle Entwicklung der Ausgaben der IV bis 1999 (Beiträge/Minimalrenten)

Hinweise:
Botschaft und Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG) sowie der
Bericht über die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens werden den
Bundeshausmedien voraussichtlich am Freitag, 23. Februar 2001, abgegeben.
Die Botschaft steht voraussichtlich bis 23. Februar 2001 im Internet zur
Verfügung unter www.bsv.admin.ch

Die Unterlagen zur Vernehmlassung (Juni 2000) und die Faktenblätter (Mai
2000) sind erhältlich unter
d: http://www.bsv.admin.ch/iv/aktuell/d/index.htm
f: http://www.ofas.admin.ch/iv/aktuell/f/index.htm
i:http://www.ufas.admin.ch/iv/aktuell/i/index.htm

Medienmitteilungen des BSV sowie weitere Informationen finden Sie im
Internet unter www.bsv.admin.ch