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Benachteiligung der Behinderten abbauen

Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Volksinitiative "Gleiche Rechte für Behinderte" und zum Gleichstellungsgesetz

Die Benachteiligungen der Behinderten soll mit gezielten Massnahmen im Bereich des öffentlichen Verkehrs, der Bauten und der Dienstleistungen beseitigt oder zumindest verringert werden. Der Bund will sich mit 300 Millionen Franken an den Kosten im Verkehrsbereich beteiligen. Dies sieht der Bundesrat in der Botschaft zum Gleichstellungsgesetz für Behinderte vor, die er am Montag verabschiedet hat.

Das Behindertengleichstellungsgesetz setzt den Verfassungsauftrag um, Massnahmen zu treffen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Menschen mit Behinderungen. Es ist zugleich ein indirekter Gegenentwurf zu der am 14. Juni 1999 eingereichten Volksinitiative "Gleiche Rechte für Behinderte". Gesetz und Volksinitiative verfolgen das gleiche Ziel auf unterschiedlichem Weg. Der Bundesrat erachtet den Erlass eines Gesetzes als den besseren Weg. Die Volksinitiative will auf Verfassungsebene das Recht der Behinderten auf Zugang zu Bauten und auf Inspruchnahme von Leistungen gewährleisten. Die Umsetzung von direkt auf der Verfassung basierenden Rechtsansprüchen in einem derart komplexen Bereich wäre aber sehr schwierig und mit nicht absehbaren Kostenfolgen verbunden. Demgegenüber können im Gesetz die Bereiche, wo Massnahmen erforderlich sind, genau bezeichnet, das Ausmass dieser Massnahmen definiert, der Grundsatz der Verhältnismässigkeit konkretisiert und der Zeitplan für die erforderlichen Anpassungen festgelegt werden.

Klar umschriebener Geltungsbereich

Das Behindertengleichstellungsgesetz, dessen Konzept und Stossrichtung in der Vernehmlassung mehrheitlich gut aufgenommen worden ist, verpflichtet Bund, Kantone und Gemeinden, ihre öffentlich zugänglichen Bauten und Anlagen sowie ihre Leistungen behindertengerecht zu errichten bzw. zu erbringen. Auch öffentlich zugängliche Bauten und Anlagen von Privaten müssen behindertengerecht sein. Zudem gilt das Diskriminierungsverbot nicht nur im Verhältnis zwischen Staat und Behinderten, sondern auch für Private, die ihre Dienstleistungen öffentlich anbieten.

Das Behindertengleichstellungsgesetz gilt namentlich für

  • öffentlich zugängliche Bauten und Anlagen wie Geschäfte, Banken, Restaurants, Hotels, Veranstaltungsräume, Museen, Bibliotheken, Parkanlagen, Bäder und Sportstadien;
  • den öffentlichen Verkehr, wozu Bahnhöfe, Haltestellen, Schiffsanlegestellen, Flugplätze sowie Anlagen (Kommunikationssysteme, Billettausgabe) und Fahrzeuge (Züge, Busse, Seilbahnen, Schiffe, Flugzeuge) gehören;
  • Wohngebäude mit mehr als acht Wohnheinheiten;
  • Gebäude mit mehr als 50 Arbeitsplätzen.

Der Zugang zu diesen Bauten, Einrichtungen des öffentlichen Verkehrs und Dienstleistungen der öffentlichen Gemeinwesen muss behindertengerecht gestaltet sein. Diese Verpflichtung gilt für Bauten, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes bewilligt oder umfassend erneuert werden. Im öffentlichen Verkehr müssen bestehende Bauten und Anlagen sowie Fahrzeuge hingegen bis spätestens 20 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes angepasst sein; für Kommunikationssysteme und Billette gilt eine Uebergangsfrist von 10 Jahren. Schliesslich stellt das Gesetz die Behinderten im Steuerrecht besser und beseitigt Benachteiligungen in den Bereichen Strassenverkehr und Fernmeldewesen.

Ein wichtiges Element des Gesetzes ist das Beschwerde- und Klagerecht, das es Behinderten erlaubt, ihre Rechte besser durchzusetzen. Damit wird die Vollzugskontrolle des Gesetzes zu einem wesentlichen Teil durch die Betroffenen selbst erfolgen. Das Gesetz konkretisiert ferner das Verhältnismässigkeitsprinzip: Massnahmen sollen nur angeordnet werden, wenn der wirtschaftliche Aufwand vertretbar ist, sie nicht den Interessen des Umweltschutzes oder des Natur- und Heimatschutzes zuwiderlaufen und die Verkehrs- und Betriebssicherheit nicht beeinträchtigen. Diese Instrumente sollen ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Interessen gewährleisten.

 

Vorbildlicher Arbeitgeber – angepasste Grundschulung

Der Bund soll bei seiner Beschäftigungspolitik eine Vorreiterrolle spielen und die Anstellung von Behinderten fördern. Der Bundesrat muss zudem Vorschriften über die behindertengerechte Gestaltung der Einrichtungen des öffentlichen Verkehrs erlassen. Er kann ferner Programme und Informationskampagnen für die bessere Integration der Behinderten in die Gesellschaft durchführen. Die Kantone müssen ihrerseits dafür sorgen, dass behinderte Kinder und Jugendliche eine Grundschulung erhalten, die ihren besonderen Bedürfnissen angepasst ist. Seh- und Hörbehinderte sollen in der Grundschule die Blindenschrift bzw. die Gebärdensprache lernen können.

Bern, 11. Dezember 2000

 

Für weitere Auskünfte:

Béatrice Aubert, Bundesamt für Justiz, 031 322 41 69

Dieter Biedermann, Bundesamt für Justiz, 031 322 47 50