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PRESSEDOKUMENTATION Welthandelsorganisation (WTO) Überprüfung der Schweizer Handelspolitik (4. und 6. Dezember 2000)

PRESSEMITTEILUNG / Bern, 6.12.2000

PRESSEDOKUMENTATION 
Welthandelsorganisation (WTO)
Überprüfung der Schweizer Handelspolitik (4. und 6. Dezember 2000) Die Überprüfung der Handelspolitiken durch die Welthandelsorganisation (WTO) hat zum Ziel, die Transparenz der Handelspolitiken und -praktiken der Mitgliedstaaten zu verbessern, zum besseren Verständnis dieser Politiken beizutragen und eine multilaterale Evaluation ihrer Auswirkungen auf das Welthandelssystem zu ermöglichen. Sie wird vom WTO-Organ für die Überprüfung der Handelspolitiken aufgrund zweier Dokumente durchgeführt: einem von der betroffenen Regierung verfassten Überblick über die allgemeine Politik und einem vom WTO-Sekretariat erstellten detaillierten und unabhängigen Bericht. Die beiden Berichte sowie das Protokoll der Debatten werden anschliessend veröffentlicht. Die Handelspolitik der Schweiz war erstmals im Rahmen des GATT im Jahr 1991 und dann wieder 1996 überprüft worden. Dieses Jahr untersucht der WTO-Bericht die wichtigsten Instrumente der Schweizer Handelspolitik, die Entwicklung der internationalen Handelsbeziehungen sowie die internen Politiken, welche einen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft haben. Zum ersten Mal werden die Schweiz und Liechtenstein zusammen überprüft, da die WTO die Mitglieder von Zoll- und Währungsunionen im gleichen Bericht behandelt. Aus den hauptsächlichen Schlussfolgerungen des Berichts des WTO-Sekretariats sind folgende Elemente zu erwähnen:  Der wirtschaftliche Reformprozess, der zu Beginn der 90er-Jahre eingeleitet wurde, wird mit einem gewissen Erfolg weiter geführt. Seit der letzten Überprüfung der Handelspolitik im Jahr 1996 hat das BIP zugelegt: 1998 um 2%, 1999 um 1,9%, und im Jahr 2000 dürfte es um über 3% wachsen. Die Budgetpolitik ist auf einen Abbau des Budgetdefizits ausgerichtet, während die Währungspolitik auf die Bewahrung der Preisstabilität abzielt.  Die Handelsliberalisierung im Rahmen der WTO hat bei den industriellen Erzeugnissen zum Abbau der Schutzzölle um 2,3% geführt. Abgesehen von einer Schutzmassnahme für den Import von Schweinefleisch (Mai - Dezember 1999) hat die Schweiz keine spezifischen Massnahmen wie Antidumping- und Kompensationsmassnahmen oder Kontingentierungen für Textilien und Kleider angewandt.  Seit Beginn der 90er-Jahre widerspiegelt der zunehmende Anteil des Handels am BIP die wachsende Integration der Schweizer Wirtschaft in die Weltwirtschaft. Die Schweiz nutzt ihre komparativen Vorteile immer besser, namentlich mit zunehmenden Exporten von Hochtechnologieprodukten hauptsächlich nach Europa und in die Vereinigten Staaten.  Die Lebenshaltungskosten in der Schweiz sind hoch. Dies ist vor allem auf die hohen Preise der Produkte aus den stark geschützten Sektoren wie Landwirtschaft, Bauwesen, Energie und, bis 1998, Telekommunikation zurückzuführen. Deshalb hat die Schweiz begonnen, sich auf die Produktion von kapitalintensiven Gütern zu spezialisieren, wobei sie von einer guten Infrastruktur, leistungsfähigen Forschungsinstitutionen und einem tiefen Zinsniveau profitiert.  Der Produktionssektor, der einen Drittel des BIP ausmacht und 18% der Stellen anbietet, ist auf den Export ausgerichtet. Abgesehen von Ankurbelungsprogrammen betreibt die Schweiz keine Industriepolitik.  Die Landwirtschaft ist trotz der Reformen der letzten Jahre nach wie vor stark geschützt. Die hohen Preise der Agrarprodukte hängen mit dem hohen Niveau des Schutzes (durchschnittlich 34,3%), der begrenzten Grösse der Betriebe, den schwierigen Produktionsbedingungen sowie mit strukturellen Faktoren zusammen. Die 1993 in Angriff genommenen Reformen führten zu einer Reduktion der Staatsintervention, jedoch ohne spürbaren Rückgang der staatlichen Hilfe. Diese macht noch immer nahezu drei Viertel der Bruttoeinnahmen in der Landwirtschaft aus.  Der Dienstleistungssektor macht zwei Drittel des BIP und rund drei Viertel der Beschäftigung aus. Er ist relativ diversifiziert, mit dem Finanzbereich als wichtigsten Untersektor. Das schweizerische Bankennetz ist international sehr gut integriert und profitiert von der politischen und sozialen Stabilität, einer vorsichtigen Geldmengenpolitik, einem liberalen System der Kapitalbewegungen sowie vom traditionellen Bankgeheimnis. Die Schweiz gehört in der grenzüberschreitenden Portfolioverwaltung weltweit zu den führenden Staaten.  Die Wiederbelebung des Tourismus wurde 1997 durch die hohen Lebenshaltungskosten (Nahrungsmittel, Bauwesen, Energie) und durch die Einschränkungen beim Erwerb von Immobilien abgebremst.  Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes hat die Konkurrenz verschärft und die Preise der internationalen Kommunikation unter die durchschnittlichen OECD-Preise gedrückt. Bei den lokalen Verbindungen sind die Preise zwar bedeutend gesunken, bleiben aber im Vergleich zu anderen Ländern relativ hoch. Im Bericht der Schweizer Regierung wird betont, dass die Schweiz in den letzten vier Jahren insbesondere versuchte, ihre Stellung als offene Volkswirtschaft, als wettbewerbsfähiger Standort für Industrie und den Tertiärsektor, als Wirtschaftsstandort mit einem grossen Potenzial an Wertschöpfung und als innovativer Ausbildungs- und Forschungsstandort zu stärken. Hiezu wird auf die jüngsten Entwicklungen in der Innenpolitik hingewiesen, insbesondere die fortschreitende Landwirtschaftsreform, die Liberalisierung des Telekommunikationssektors (1998), die Anpassung der nationalen technischen Vorschriften an jene der wichtigsten Handelspartner und die Anwendung des neuen Wettbewerbsgesetzes (1996). Im Bereich der Aussenpolitik weist der Bericht auf den Abschluss der sieben bilateralen Verträge mit der EU hin; die weitere Ausweitung des Netzes von Freihandelsverträgen mit Drittländern, um für die Schweizer Exporteure Bedingungen zu erreichen, welche jenen der Konkurrenten namentlich aus der EU entsprechen; die aktive Beteiligung an sektoriellen Initiativen der WTO zur Abschaffung der Zölle (für pharmazeutische Produkte und im Zusammenhang mit der Informationstechnologie); und die Unterstützung der Exporte aus den ärmsten Ländern und aus Entwicklungs- und Transitionsländern durch ein grosszügiges, transparentes und vorhersehbares Allgemeines Präferenzsystem sowie durch technische Unterstützung im Bereich der Handelsförderung. Die Schweizer Regierung legt auch ihre Haltung für eine neue multilaterale Verhandlungsrunde mit folgenden Akzenten dar:  Landwirtschaft: die Schweiz ist bereit, die schrittweise Öffnung der Märkte weiterzuführen und eine zusätzliche Reduktion der internen Unterstützung und der Exportsubventionen anzustreben, ohne dabei die nicht kommerziellen Interessen und den multifunktionellen Charakter der Landwirtschaft zu vernachlässigen.  Dienstleistungen: die Schweiz ist neuen Verhandlungen gegenüber positiv eingestellt, um die Liberalisierung weiter zu führen und die negativen Auswirkungen bestimmter Massnahmen auf den Handel mit Dienstleistungen abzubauen oder abzuschaffen.  Geistiges Eigentum: das Abkommen muss ausgebaut werden mit der Ausweitung des Schutzes der geografischen Herkunftsangaben auch auf andere Nahrungsmittel als Weine und Spirituosen sowie auf spezifische Industrieprodukte, um die wesentlichen Bedürfnisse der betroffenen Produzenten zu erfüllen und den Konsumentinnen und Konsumenten die Echtheit der Produkte zu gewährleisten.  Handelserleichterungen: die WTO muss versuchen, die verschiedenen Verfahren zu integrieren, indem sie einen auf den Grundprinzipien der WTO beruhenden multilateralen Rahmen von Richtlinien, Regeln und Normen erstellt und so zu einer grösseren rechtlichen Sicherheit, einer grösseren Vorhersehbarkeit und einem besseren Marktzugang für die Akteure im Handel beiträgt.  Öffentliches Beschaffungswesen: da die Teilnahme von WTO-Mitgliedern am plurilateralen Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen zur Zeit begrenzt ist, muss unbedingt ein Instrument ausgearbeitet werden, das es allen WTO-Mitgliedern ermöglicht, sich in diesem Bereich zu engagieren.  Investitionen: Handel und Investitionen sind in der Weltwirtschaft grösstenteils nicht mehr voneinander zu trennen. Deshalb muss für internationale Investitionen ein multilateraler rechtlicher Minimalrahmen geschaffen werden, der heute noch fehlt.  Wettbewerb: zahlreiche im Rahmen von Kartellbeschränkungen oder Fusionskontrollen behandelte Fälle haben eine weitreichende internationale Dimension und Auswirkungen in mehreren Ländern. Deshalb ist ein globales Vorgehen mittels eines multilateralen Übereinkommens über den Wettbewerb nötig, um die wettbewerbsfeindlichen Praktiken, welche den Zugang zu den Märkten behindern, abzubauen.  Umwelt: die Schweiz unterstützt die Anerkennung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung und des Umweltschutzes innerhalb der WTO. Ferner ist es wichtig, Konflikte zwischen der WTO und den multilateralen Umweltabkommen, welche Massnahmen mit Auswirkungen auf den Handel enthalten, zu vermeiden.  Entwicklung: die Teilnahme der Entwicklungsländer und der ärmsten Länder am multilateralen Handelssystem muss gestärkt werden. Bei der Aushandlung von neuen Übereinkommen muss die besondere Situation der verschiedenen Gruppen von Entwicklungsländern angemessen berücksichtigt werden. Die WTO steht vor grossen Herausforderungen. Durch die grosse gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit wird die Ausarbeitung von Regeln und Normen auf internationaler Ebene immer unabdingbarer, um die Probleme mit wachsender transnationaler Dimension anzupacken. Nicht nur die Sicherstellung der internen und externen Kohärenz der Aktivitäten der WTO ist nötig, sondern auch die Stärkung des Dialogs auf parlamentarischer Ebene und mit den NGOs, damit die Ziele der gegenwärtigen Handelspolitik auf volles Verständnis stossen. Auskünfte: Mme la Ministre Marie-Gabrielle Ineichen,
Secrétariat d'Etat à l'Economie (seco),
Secteur commerce mondial, tél. 031 322 22 10