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Agrarbericht 2000: Landwirtschaft auf dem Pfad der Nachhaltigkeit

PRESSEMITTEILUNG / Bern, 21.11.2000

Agrarbericht 2000: Landwirtschaft auf dem Pfad der Nachhaltigkeit

Die Agrarreform der neunziger Jahre hat zu markanten Änderungen in der
Landwirtschaft geführt. Mehr Markt und mehr Ökologie, die
Grundausrichtung der Reform, lassen sich in Zahlen fassen. Trotz
offeneren Grenzen konnten die Marktanteile gehalten werden. Die
Landwirtschaft ist wettbewerbsfähiger geworden. Die
landwirtschaftliche Nutzfläche wurde 1999 zu 95 Prozent mit
umweltschonenden Methoden auf gesamtbetrieblicher Basis
bewirtschaftet. 1993 lag der Anteil bei 18 Prozent. Diese und weitere
Informationen finden sich im ersten Agrarbericht des Bundesamtes für
Landwirtschaft (BLW). Der Bericht gibt Auskunft über die
Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft.
Seit dem 1. Januar 1999 ist das neue Landwirtschaftsgesetz in Kraft.
Es bildet den Rahmen für die nachhaltige Entwicklung in der
Landwirtschaft. Der Bundesrat hat in der Verordnung über die
Beurteilung der Nachhaltigkeit das Bundesamt für Landwirtschaft
beauftragt, jährlich Bericht zu erstatten über die Auswirkungen der
Agrarpolitik unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Mit dem
Agrarbericht 2000 kommt das BLW diesem Auftrag erstmals nach. Der
Bericht zeigt anhand von Indikatoren auf, wie sich die Agrarpolitik
auf die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit „Ökonomie, Soziales,
Ökologie“ auswirkt und welche Entwicklungen stattgefunden haben.
Ökonomie: Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft hat sich verbessert
Die neue Agrarpolitik bietet mehr Spielraum für unternehmerisches
Verhalten am Markt. Der Wegfall von staatlichen Preis und
Absatzgarantien hat Veränderungen auf allen Stufen der
Nahrungsmittelproduktion in Gang gesetzt. Die Landwirtschaftsbetriebe
entwickeln sich hin zu wettbewerbsfähigeren Einheiten. Der
Strukturwandel war in den neunziger Jahren mit rund 2,5 Prozent gleich
hoch wie in den fünfziger und sechziger Jahren. Im Vergleich zu
Deutschland sind Schweizer Haupterwerbsbetriebe im Durchschnitt
deutlich kleiner. Sie bewirtschaften 17 Hektaren, deutsche Betriebe
hingegen 41 Hektaren. Strukturen passen sich auch in den vor und
nachgelagerten Stufen an, zum Beispiel bei den Käsereien, den Mühlen
oder in der Landmaschinenbranche.
Die Landwirtschaft hat einen wesentlichen Beitrag geleistet, dass ihre
Produkte am Markt preislich wettbewerbsfähiger geworden sind. Die
Produzentenpreise lagen 1999 im Durchschnitt 23 Prozent tiefer als
1990/92. Der Milchpreis betrug vor der Reform 1,07 Franken je
Kilogramm, der Preis für Brotgetreide 104 Franken je 100 Kilogramm.
1999 waren die Preise für Milch bei 80 Rappen je Kilogramm und 74
Franken je 100 Kilogramm für Brotgetreide. Der Abstand zu Europa ist
geringer geworden.
Im Unterschied zu den Produzentenpreisen haben die Konsumentenpreise
im gleichen Zeitraum im Durchschnitt um 4 Prozent zugenommen. Eine im
Auftrag des BLW durchgeführte Studie zeigt, dass der Anteil der
Produzenten am Konsumentenfranken zwischen 1988 und 1998 von 37 Rappen
auf 24 Rappen abgenommen hat.

Ausgewählte Indikatoren zur wirtschaftlichen Lage
	1996/98	1999	Veränderung
Endproduktion	Mio. Fr.	8‘003	7‘270	-	 9,2%
Direktzahlungen	Mio. Fr.	2‘061	2‘285	+	10,7%
Selbstversorgungsgrad	%	62	64	+	3,2%
Landw. Einkommen je Betrieb	Fr.	53‘500	53‘800	+	0,5%
Gesamteinkommen je Betrieb	Fr.	71‘500	72‘400	+	1,3%
Eigenkapitalbildung	Fr.	10‘200	13‘200	+	29,5%
Fremdkapitalquote	%	42	41	-	 1,6%

Die Indikatoren zur wirtschaftlichen Lage zeigen, dass die
Einkommenssituation der Betriebe in den letzten Jahren stabil
geblieben ist. Die höheren Direktzahlungen, die Anstrengungen der
Betriebe zur Kostensenkung und der Strukturwandel sind Gründe für
diese Situation. Die einzelbetrieblichen Einkommen wurden von der
Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft und Landtechnik in Tänikon (FAT)
mit einer neuen Methode berechnet. Die Ergebnisse von 3‘500
Referenzbetrieben werden gewichtet und bilden so die wirtschaftliche
Situation von 55'000 Landwirtschaftsbetrieben ab. Dies entspricht über
90 Prozent der Fläche und der Produktion und erlaubt damit
repräsentative Aussagen über die gesamte Landwirtschaft. Mit den
Massnahmen des Landwirtschaftsgesetzes wird angestrebt, dass
nachhaltig wirtschaftende und ökonomisch leistungsfähige Betriebe im
Durchschnitt mehrerer Jahre ein mit der übrigen erwerbstätigen
Bevölkerung vergleichbares Einkommen erzielen können.
Mit der Trennung von Preis und Einkommenspolitik engagiert sich der
Staat weniger im Marktbereich und gilt die gemeinwirtschaftlichen und
ökologischen Leistungen mit Direktzahlungen ab. Eine im Auftrag des
BLW durchgeführte Studie beziffert den Nutzen der ökologischen
Leistungen für die Gesellschaft auf zwei Milliarden Franken pro Jahr.
Die Direktzahlungen machen im Durchschnitt 20 Prozent der Einnahmen
der Betriebe aus, in der Talregion sind es 14 Prozent, in der
Hügelregion 22 Prozent und in der Bergregion 36 Prozent. Insgesamt
kamen 1999 63 Prozent der Direktzahlungen der Berg und Hügelregion
zugute.
Die Ausgaben für Landwirtschaft und Ernährung sind bis 1996 gestiegen.
Seither haben sie sich auf einem Niveau von annähernd vier Milliarden
Franken stabilisiert. In der Ausgabenstruktur gab es in den neunziger
Jahren markante Änderungen. So sind die finanziellen Mittel für die
Massnahmen im Bereich Produktion und Absatz um rund 400 Millionen
Franken zurückgegangen, für Direktzahlungen wurden 1,5 Milliarden
Franken mehr ausgegeben.
Soziales: Indikatoren werden erarbeitet
Eine durch das BLW eingesetzte Arbeitsgruppe trug Informationen über
die soziale Sicherheit und die Nutzung sozialer Dienste in der
Landwirtschaft zusammen. Der entsprechende Bericht wurde im Juni 2000
veröffentlicht. Die ETH-Zürich erarbeitet im Auftrag des BLW ein
Konzept, um die soziale Situation mit geeigneten Indikatoren verfolgen
zu können. Dazu liegt ein erster Zwischenbericht vor.
Die landwirtschaftliche Bevölkerung nimmt die Sozialdienste im
Vergleich zur übrigen Bevölkerung wenig in Anspruch. Gründe dafür sind
Hemmnisse bei der Inanspruchnahme sozialer Leistungen, Besonderheiten
im bäuerlichen Betrieb und die staatlichen Rahmenbedingungen. Der
Strukturwandel wickelt sich nach wie vor weitgehend im Rahmen des
Generationenwechsels ab.
Ökologie: Anstrengungen zeigen Wirkung
Die Anreizstrategie mit den ökologischen Direktzahlungen und die
Anstrengungen im Bereich Bildung, Forschung und Beratung zeigen
Wirkung. Die ökologischen Leistungen der Landwirtschaft haben stark
zugenommen und der Einsatz potentiell umweltbelastender Stoffe ist
zurückgegangen. Wie sich diese positiven Entwicklungen auf die Boden
oder Wasserqualität, auf das Tierwohl oder die Artenvielfalt auswirken
werden, ist Gegenstand laufender Evaluationsprojekte. Da die
Zusammenhänge im ökologischen Bereich komplex sind und Ursache und
Wirkung nicht immer eindeutig identifiziert werden können, sind
Auswirkungen oft erst nach Jahren zu beobachten.
Ausgewählte Indikatoren zu ökologischen Leistungen
	1993	1999
- IP/Ökologischer Leistungsnachweis 	LN1	18%	95%
- Biobetriebe	Anzahl	1‘228	4‘744
- Ökologische Ausgleichsflächen 	ha	49‘500	88‘500
- Tiere mit Auslauf im Freien 	GVE2	91‘412	 538‘667
- Tiere in besonders tierfreundlichen Ställen 	GVE2	---	  225‘434
________
1 Landwirtschaftliche Nutzfläche
2 Grossvieheinheiten

Ausgewählte Indikatoren zur Umweltbelastung
- Abnahme der Stickstoffbelastung	- 25% seit 1985
- Phosphorüberschüsse	- 11'000 t seit 1990
- Pflanzenschutzmittel (Verkauf) 	- 30% seit 1990
- Methan pro kg Milch 	- 26% seit 1980

1999 wurden in der Schweiz 7,3 Prozent der landwirtschaftlichen
Nutzfläche nach Regeln des Biolandbaus bewirtschaftet. Die Schweiz
nimmt bei der umweltschonenden Bewirtschaftung auf der Basis des
Gesamtbetriebs und bei der Entwicklung des Biolandbaus weltweit eine
Spitzenstellung ein.
Agrarreform: Bisherige Ergebnisse sind erfreulich
Die Agrarreform der neunziger Jahre hat zu einer Verbesserung der
Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und zu Innovationen im
Marktbereich geführt. Ökologische Leistungen haben stark zugenommen
und von der Landwirtschaft verursachte Umweltbelastungen sind
zurückgegangen. Der Strukturwandel wickelt sich nach wie vor
weitgehend im Rahmen des Generationenwechsels ab. Die Landwirtschaft
befindet sich auf dem Pfad der Nachhaltigkeit.
Der Agrarbericht ist auf dem Internet unter der Adresse
www.blw.admin.ch zu finden. Auskünfte: Michel Pellaux, stellvertretender Direktor, Tel. 031 / 322 25 02, Natel 079 / 211 61 26
Werner Harder, Direktionsstab, Tel. 031 / 322 25 34