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Bundesrat zu offenen Fragen betreffend Goldinitiative und Gegenvorschlag „Gold für AHV, Kantone und Stiftung“

PRESSEMITTEILUNG

Bundesrat zu offenen Fragen betreffend Goldinitiative und Gegenvorschlag
„Gold für AHV, Kantone und Stiftung“

Im Hinblick auf die Volksabstimmung zur „Goldinitiative“ der SVP und zum
behördlichen Gegenvorschlag „Gold für AHV, Kantone und Stiftung“ hat der
Bundesrat Stellung zu offenen Fragen genommen. Diese betreffen
einerseits den in der Goldinitiative nicht präzis bezifferten Umfang der
für die Führung der Geld- und Währungspolitik von der Schweizerischen
Nationalbank (SNB) nicht mehr benötigten Währungsreserven. Nach
Auffassung des Bundesrates umfassen diese „Überschussreserven“ in beiden
Fällen (Goldinitiative und Gegenvorschlag) den Gegenwert von 1'300
Tonnen Gold. Die diesbezüglich offen formulierte Goldinitiative kann
aber dazu führen, dass jene Gremien unter politischen Druck geraten,
welche den Umfang der benötigten Reserven definieren müssen. Das kann
die Unabhängigkeit der SNB beeinträchtigen. Andererseits hat der
Bundesrat seine Position für den Fall eines doppelten Neins präzisiert:
Hier schliesst die Landesregierung jegliche Verwendung der
Überschussreserven ohne spezielle Verfassungs- oder Gesetzesgrundlage
aus. Weil die  in Verfassung und Nationalbankgesetz festgelegte
Ausschüttung der SNB-Gewinne an Bund (1/3) und Kantone (2/3) vertraglich
über mehrere Jahre hinweg betragsmässig festgelegt ist, stünden auch die
Erträge nach einem doppelten Nein nicht unmittelbar zur Verfügung.
Schliesslich hat die Landesregierung bekräftigt, dass die Stiftung
Solidarität Schweiz laut Gesetz keine Beiträge für Wiedergutmachungen in
Bezug auf den Zweiten Weltkrieg leisten darf.

Die Volksinitiative "Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds
(Goldinitiative)“ sieht vor, alle Reserven der SNB, welche für geld- und
währungspolitische Zwecke nicht mehr benötigt werden, oder deren Erträge
für die AHV-Finanzierung einzusetzen. Der Gegenvorschlag (Drittelspaket
für AHV, Kantone und Stiftung) will dagegen  den Erlös aus dem Verkauf
der für die Führung der Geld- und Währungspolitik  nicht mehr benötigten
Goldreserven im Umfang von 1'300 Tonnen einem Fonds zuleiten und im Wert
real erhalten. Die Vermögenserträge aus der Bewirtschaftung dieses Fonds
gehen zu je einem Drittel an die AHV, an die Stiftung Solidarität
Schweiz und an die Kantone. Der Gegenvorschlag ist auf 30 Jahre
befristet.
Position des Bundesrates zu drei offenen Fragen

Die Goldinitiative ist zum Teil offen formuliert und überlässt die
Regelung von Einzelheiten dem Gesetzgeber. Auch im Falle eines doppelten
Neins stellen sich Auslegungsfragen. Um im Hinblick auf die Abstimmung
Transparenz zu schaffen, hat der Bundesrat seine Position festgelegt:

? Nicht mehr benötigte Währungsreserven: Der Initiativtext lässt den
Umfang der Überschussreserven sowie die Frage der Substanzerhaltung
offen und spricht lediglich von "für die geld- und währungspolitischen
Zwecke nicht mehr benötigten Währungsreserven oder deren Erträge". Der
Bundesrat vertritt generell die Auffassung, dass die Goldinitiative
(analog zum Gegenvorschlag) einzig den Erlös aus dem Verkauf von 1300
Tonnen Gold umfasst. Die übrigen Reserven werden für die Geld- und
Währungspolitik benötigt. Seit der Aufhebung der Goldbindung des
Frankens und der damit verbundenen Aufwertung der Goldbestände, hält die
Nationalbank ein gesondert ausgewiesenes Vermögen von 1'300 Tonnen Gold
(bzw. dem daraus resultierenden Verkaufserlös), das sie zur Erfüllung
ihres geldpolitischen Auftrags nicht benötigt. Dieses einmalig
entstandene Sondervermögen kann für andere öffentliche Zwecke verwendet
werden.
Im Falle der Annahme der Initiative würde der Bundesrat bei der
gesetzlichen Ausgestaltung an seiner konstanten Auslegung des Umfangs
der Überschussreserven festhalten. Er weist ausdrücklich auf die Risiken
hin, welche aus der Verknüpfung von der Festlegung der geld- und
währungspolitisch notwendigen Reserven der SNB mit einem Thema der
Tagespolitik, der AHV-Finanzierung, ergibt: Spielen auftragsfremde
Über-legungen bei der Festlegung der Reserven mit, geraten die
zuständigen Gremien unter politischen Druck, was die Unabhängigkeit der
SNB  beeinträchtigen kann. Die damit verbundene Einschränkung der
Glaubwürdigkeit könnte es der SNB erschweren, eine wirksame Geld- und
Währungspolitik zu führen. Eine unabhängige und glaubwürdige Notenbank
ist nicht zuletzt für einen stabilen international wettbewerbsfähigen
Finanzplatz Schweiz von Bedeutung.

? Verwendung von Substanz und Erträgen im Falle eines doppelten Neins:
Im Falle eines doppelten Neins würden Goldinitiative und Gegenentwurf
verworfen. Damit hätten sich Volk und Stände gegen die vorgeschlagenen
Verwendungszwecke der Überschussreserven ausgesprochen. Ein solches
Verdikt hätte verschiedene rechtliche und politische Folgen. Nach
Auffassung des Bundesrates
o verbleiben die Überschussreserven in diesem Fall zunächst bei der SNB;
für die Ausgliederung der Überschussreserven wäre die Schaffung einer
entsprechenden Rechtsgrundlage nötig
o erfordert jede vom verfassungsmässigen Verteilschlüssel (Art. 99 BV:
mindestens 2/3 an die Kantone) abweichende Verteilung der
Überschussreserven oder deren Erträge  ebenfalls eine besondere
Bestimmung in der Bundesverfassung
o ist nach den jahrelangen Diskussionen über die Verwendung der
Überschussreserven auch  eine schlüsselgemässe Verteilung  ohne Einbezug
von Parlament beziehungsweise  Volk aus politischen Gründen undenkbar.
Eine Verteilung der Wertsubstanz ohne zusätzliche Rechtsgrundlage, bloss
aufgrund einer Anpassung der Gewinnausschüttungsvereinbarung zwischen
dem EFD und der SNB kommt für den Bundesrat auch deshalb nicht in Frage,
weil bei einem doppelten Nein politische Vorstösse mit neuen
Verwendungsvorschlägen zu erwarten sind. So liegt bereits ein Beschluss
des Nationalrats vor, die Verwendung der über-schüssigen Goldreserven im
Rahmen der 11. AHV-Revision auf dem Gesetzesweg zu regeln
o stehen auch die Erträge nicht unmittelbar für die Gewinnausschüttung
an Bund und Kantone zur Verfügung. Diese (jedoch nicht die separat
ausgewiesenen Verkaufserlöse) fliessen wie bisher in die ordentliche
Erfolgsrechnung der SNB. Weil die SNB gemäss der Vereinbarung mit dem
EFD jeweils während mehrerer Jahre einen konstanten Gewinn ausweist,
werden mit diesen Erträgen zunächst die Rückstellungen der Nationalbank
geäufnet. Eine Anpassung der erst 2002 auf 2,5 Milliarden Franken pro
Jahr erhöhten Ausschüttung würde der Bundesrat somit erst anlässlich
der obligatorischen Überprüfung der Gewinnausschüttungsvereinbarung nach
fünf Jahren oder allenfalls im Falle des Erreichens der festgelegten
Obergrenze vornehmen.

? Doppeltes Ja: Im Falle eines doppelten Ja entscheidet die Stichfrage.
Sollten Goldinitiative und Gegenentwurf beide angenommen werden, beim
Stichentscheid aber eine Vorlage mehr Stände- und die andere mehr
Volksstimmen erzielen, kann keine der Vorlagen in Kraft treten (Art. 139
Abs. 6 Bundesverfassung). Da in diesem eher unwahrscheinlichen Falle die
Stimmenden einer Verteilung des Goldes zugestimmt haben, ist Volk und
Ständen wohl eine neue Verfassungsgrundlage zur Goldverwendung
vorzulegen.

Die Stiftung leistet keine Beiträge für Wiedergutmachung

Der Bundesrat tritt schliesslich in aller Deutlichkeit Behauptungen
entgegen, wonach im Zusammenhang mit der Rolle der Schweiz während des
2. Weltkrieges Wiedergutmachungsansprüche an die Stiftung Solidarität
Schweiz geltend gemacht werden könnten. Das Gesetz schliesst solche
eindeutig aus. Der Bundesrat hält dazu fest, dass die Stiftung von
Anfang an als Zeichen für die Zukunft verstanden wurde - aus Dankbarkeit
für das Verschontbleiben des Landes während zweier Weltkriege und in
Fortführung der Tradition, mit wegweisenden Projekten zu humanitärem
Erfolg beizutragen. Der Bundesrat unterstreicht, dass das Profil der
Stiftung Solidarität Schweiz deutlich zeige, dass der Hauptakzent bei
der Prävention und bei der Bekämpfung von Armut, Krankheiten und Gewalt
liegt. Weder wurden Versprechen an die USA gemacht (wie behauptet
wurde), noch gab es andere Druckversuche auf die Schweiz. Für die
künftige Stiftungstätigkeit wird darum ausschliesslich das vom Parlament
beschlossene Stiftungsgesetz massgebend sein.

Position von Bundesrat und Parlament zu Initiative und Gegenvorschlag
Bundesrat und Parlamentsmehrheit empfehlen, die Goldinitiative
abzulehnen. Sie anerkennen zwar ein berechtigtes Anliegen in der
Absicht, einen Beitrag an die Finanzierung der AHV zu leisten. Sie
lehnen die Goldinitiative dennoch ab, weil diese die überschüssigen
Goldreserven der SNB einseitig nur für einen einzigen Zweck einsetzen
will und daneben andere berechtigte Anliegen unberücksichtigt lässt.
Hingegen unterstützen Bundesrat und Parlament den  Gegenvorschlag „Gold
für AHV, Kantone und Stiftung“. Der Gegenvorschlag sieht vor, die
Überschussreserven der Nationalbank im Wert real zu erhalten und ist auf
30 Jahre befristet. Statt eines einzigen Zwecks berücksichtigt er mit je
einem Drittel der Erträge aus der Bewirtschaftung  verschiedene
Anliegen. Er gewährleistet einen Ausgleich zwischen Jung und Alt:
Einerseits kommt mit der AHV ein Drittel der Erträge den Älteren zu;
anderseits werden mit der zukunftsgerichteten Stiftung auch jüngere
Generationen berücksichtigt. Indem 1/3 der Erträge den Kantonen zukommt,
respektiert der Gegenvorschlag  im Sinne des regionalen Ausgleichs auch
die Kantonsansprüche. Schliesslich ermöglicht der Gegenvorschlag die
Schaffung der Stiftung Solidarität Schweiz, einem wegweisenden
Zukunftswerk der Schweiz. Mit dem dritten Drittel der Erträge aus den
Überschussreserven können Projekte für Opfer von Armut und Gewalt
realisiert werden. Unser Land führt so seine humanitäre Tradition fort
und tätigt eine sinnvolle Investition in die Zukunft der Schweiz und der
Welt.
Bei Ablehnung der Goldinitiative und gleichzeitiger Annahme des
Gegenvorschlags werden die Erträge aus dem bereits verkauften Gold ab
dem Abstimmungstag dem Fonds gutgeschrieben. Unmittelbar nach Annahme
des Gegenentwurfs wird zudem das Bundesgesetz über die Stiftung
Solidarität Schweiz im Bundesblatt publiziert. Wird das Referendum nicht
ergriffen, so kann das Stiftungsgesetz in der ersten Hälfte 2003 in
Kraft treten.

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst

Auskunft:
Daniel Eckmann, Kommunikation EFD, Tel 031 322 63 01
 Marianne Widmer, Eidg. Finanzverwaltung, Tel 031 322 54 31

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22.5.2002