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EGMR-Entscheid führt zur Überprüfung des Steuerstrafrechts

PRESSEMITTEILUNG

Parlamentarischer Vorstoss

EGMR-Entscheid führt zur Überprüfung des Steuerstrafrechts

Eine umfassende Prüfung des eidgenössischen und kantonalen
Steuerstrafrechts drängt sich auf. Wie der Bundesrat in seiner Antwort
auf eine Interpellation von Nationalrat Pierre Tillmanns (SP/VD)
festhält, sind die Steuergesetze gegebenenfalls den Erfordernissen der
Europäischen Menschenrechtskonvention anzupassen. Grund dafür ist ein
vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gefälltes Urteil,
welches besagt, dass auch ein in einem Steuerstrafverfahren
Angeschuldigter nicht zu seiner Überführung und Bestrafung beitragen
muss. Für das ordentliche Veranlagungsverfahren hat der Entscheid keine
Konsequenzen.

Nationalrat Tillmanns hatte in seiner Interpellation Auskunft darüber
verlangt, wie die Steuerbehörden zukünftig bei der Untersuchung von
Steuerhinterziehungen den Sachverhalt feststellen sollen. Er stützte
sich dabei auf ein Urteil des EGMR vom 3. Mai 2001. Darin wurde die
Auffassung vertreten, in einem gegen einen Schweizer Beschwerdeführer
gerichteten Verfahren wegen Steuerhinterziehung hätten die
Steuerbehörden das dem Angeschuldigten zustehende Recht auf Schweigen
verletzt.

Der Bundesrat hält in seiner Antwort fest, dass der EGMR-Entscheid keine
Auswirkungen auf das ordentliche Veranlagungsverfahren hat. Hier habe
der Steuerzahler eine weitgehende Mitwirkungspflicht. Dies im Gegensatz
zu einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung, in welchem der
Angeschuldigte nicht zu seiner Überführung und Bestrafung beitragen
müsse.

Fehlende Befugnisse bei Steuerhinterziehung

Das geltende Gesetz über die direkte Bundessteuer, so der Bundesrat
weiter, gewähre den Steuerbehörden aber im Verfahren wegen
Steuerhinterziehung keine besonderen Befugnisse zur Untersuchung und
Feststellung des Sachverhaltes. Daher stelle sich die Frage, ob auf
Grund des gefällten Urteils im Steuerstrafverfahren nicht die
Untersuchungs- und Zwangsmittel des Verwaltungsstrafprozesses bzw. des
normalen Strafverfahrens einzuführen seien. Im Zuge einer neuen
Ausgestaltung des Hinterziehungsverfahrens müssten dann allerdings auch
die Zeugnisverweigerungsrechte geregelt werden. Drei Kantone (Aargau,
Bern, St. Gallen) hätten das Dilemma zwischen der Mitwirkungspflicht und
dem Schweigerecht im Steuerstrafrecht zu lösen versucht, indem
entsprechende Fälle von einem Gericht in öffentlichen Hauptverhandlungen
beurteilt werden können.

Wie bereits in der Antwort auf einen früheren parlamentarischen Vorstoss
(Interpellation de Dardel vom 12. September 2001) kommt der Bundesrat
erneut zum Schluss, dass der EGMR-Entscheid eine umfassende Prüfung des
eidgenössischen und kantonalen Steuerstrafrechts erfordert.
Gegebenenfalls seien die Gesetze den Erfordernissen der Europäischen
Menschenrechtskonvention anzupassen.

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsedienst

Auskunft:  Peter Schneeberger, Eidg. Steuerverwaltung, 031 322 74 38

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15.3.2002