Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

Die Eidgenössische Bankenkommission wünscht eine Gesetzesänderung bei der Amtshilfe in Börsensachen

Tanja Kocher
+41 31 323 08 57
+41 31 322 69 26
tanja.kocher@ebk.admin.ch
23. Januar 2002, 18 Uhr

PRESSEMITTEILUNG

Die Eidgenössische Bankenkommission wünscht eine Gesetzesänderung bei
der Amtshilfe in Börsensachen

Die schweizerischen Bestimmungen, die die internationale Amtshilfe bei
Insider-delikten und anderen Marktmissbräuchen regeln, erlauben keinen
angemessenen Informationsaustausch zwischen der Eidgenössischen
Bankenkommission (EBK) und den ausländischen Aufsichtsbehörden. Sie
müssen deshalb im Interesse des Fi-nanzplatzes Schweiz geändert werden.
23. Januar 2002 - Das neue Bundesgerichtsurteil im Fall ABB/Elsag Bailey
vom 20. Dezember 2001 verunmöglicht es der EBK, der US-amerikanischen
Börsen- und Markt-aufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission
(SEC) Amtshilfe zu leisten. Aufgrund der derzeit geltenden
Börsengesetzes ist die Rechtssprechung des Bun-des-gerichts für die EBK
sehr wohl nachvollziehbar. Bedauerlicherweise haben sich aber die
Be-fürchtung-en, die die EBK nach dem ersten Urteil in diesem Fall
hegte, be-stätigt: Die ge-setzlichen Bestimmungen, die die
Voraussetzungen zur Zusammenarbeit der EBK mit ausländischen
Auf-sichtsbehörden bei Börsendelikten regeln, haben sich als
un-zweck-mässig erwiesen.
Mit der zunehmenden Internationalisierung der Finanzmärkte, die längst
keine geogra-phischen Grenzen mehr kennen, muss eine entsprechende
Zusammenarbeit unter Auf-sichtsbehörden einhergehen. Die Möglichkeit für
ausländische Finanzintermediäre und ihre Kunden, grenzübeschreitend am
Börsenhandel teilzunehmern, bedingt die Re-chenschaftspflicht vor der
zuständigen Aufsichtsbehörde. Diese erwartet, dass sie rasch
Informationen erhält, wenn sie Transaktionen untersucht, die auf ihren
Märkten abgeschlossen wurden. Zu diesen Informationen gehören
insbesondere die Namen de-rer, die die zweifelhaften Transaktionen
vorgenommen oder von diesen profitiert ha-ben. Die EBK hat dieselben
Bedürfnisse und stellt vergleichbare Gesuche, wenn sie an den Schweizer
Börsen durch ausländische Finanzintermediäre durchgeführ-te
Transaktionen untersucht. Ein internationaler Finanzplatz muss in der
Lage sein, auf in-ternationaler Ebene effizient zu kooperieren.
Gesetzesbestimmungen, die mit diesem Grundsatz un-vereinbar sind, müssen
geändert werden.

Das schweizerische Recht ge-währt einen weltweit einzigartigen
Kundenschutz. Dieser bein-haltet den Anspruch auf rechtliches Gehör und
auf den Er-lass einer Verfügung, die vor Bundesgericht angefochten
werden kann, bevor die Iden-tität des Kunden an die Auf-sichtsbehörde
jenes Staates weitergeleitet werden kann, in dem er tätig war. Die
Be-stimmungen wie sie zur Zeit in der Schweiz in Kraft sind, ver-hindern
nicht nur ein rasch-es Verfahren, sondern verunmöglichen in gewissen
Fällen gar den nötigen Infor-ma-tionsaustausch. Sie hindern somit
ausländische Aufsichtsbe-hörden an der Anwen-dung ihres Rechts bei der
Verfolgung von Verstössen, die in ihre Überwachungskom-pe-tenz fallen.
Wenn der Informationsaustausch unter Börsenauf-sichtsbehörden nicht
ein-mal dann möglich ist, wenn wie im vorliegenden Fall starke
Verdachtsmomente auf eine Insiderstellung der handelnden Personen
vorhanden sind, muss das Gesetz geändert wer-den. Die Anpassung des
Ge-setzes ist im internationalen Kontext unabdingbar. Sie ist
Voraussetzung für den Zu-gang zu den internationalen Finanzmärkten und
liegt im Inte-resse des Finanzplatzes Schweiz und des Rufes des Landes.

Die EBK wird dem Eidgenössischen Finanzdepartement zuhanden von
Bundesrat und Parlament rasch die Änderung des entsprechenden
Gesetzestextes vorschlagen. In Zwischenzeit empfiehlt die EBK der SEC,
den Weg zu beschreiten, den sie vor dem In-krafttreten des
Börsengesetzes gegangen war, nämlich den der Rechtshilfe in
Straf-sachen. Sie selbst wird sich aufs beste bemühen, die bestehenden
gesetzlichen Be-stimmungen so anzuwenden, dass sie den legitimen
Begehren ausländischer Auf-sichtsbehörden nachkommen kann.

EIDG. BANKENKOMMISSION

 Zusätzliche - technische - Informationen zuhanden der Redaktionen

1. Nach Artikel 38 des Börsengesetzes unterliegt der
Informationsaustausch zwischen der EBK und einer ausländischen
Börsenaufsichtsbehörde drei Grundvoraussetzungen: Die aus-län-dische
Behörde muss an das Amtsgeheimnis gebunden sein
(Vertraulich-keitsprin-zip), sie darf die Informationen nur zum Zweck
der Überwachung verwenden (Speziali-tätsprinzip) und sie darf die
Informationen nicht ohne vorgängige Zustimmung der EBK weiterleiten
(Prinzip der langen Hand).

Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel
(SR 954.1)
Art. 38 Amtshilfe
1 Die Aufsichtsbehörde kann zur Durchsetzung dieses Gesetzes
ausländische Auf-sichtsbehörden über Börsen und Effektenhändler um
Auskünfte und Unterlagen ersu-chen.
2 Sie darf ausländischen Aufsichtsbehörden über Börsen und
Effektenhändler nicht öf-fentlich zugängliche Auskünfte und sachbezogene
Unterlagen nur übermitteln, sofern diese Behörden:
a.
solche Informationen ausschliesslich zur direkten Beaufsichtigung der
Börsen und des Effektenhandels verwenden;
b.
an das Amts- oder Berufsgeheimnis gebunden sind; und
c.
diese Informationen nicht ohne vorgängige Zustimmung der schweizerischen
Aufsichtsbehörde oder aufgrund einer generellen Ermächtigung in einem
Staats-vertrag an zuständige Behörden und an Organe, die mit im
öffentlichen Interes-se liegenden Aufsichtsaufgaben betraut sind,
weiterleiten. Die Weiterleitung von Informationen an Strafbehörden ist
unzulässig, wenn die Rechtshilfe in Straf-sachen ausgeschlossen wäre.
Die Aufsichtsbehörde entscheidet im Einverneh-men mit dem Bundesamt für
Justiz1.
3 Soweit die von der Aufsichtsbehörde zu übermittelnden Informationen
einzelne Kun-den von Effektenhändlern betreffen, ist das
Verwaltungsverfahrensgesetz2 anwendbar. Die Übermittlung von
Informationen über Personen, die offensichtlich nicht in die zu
un-tersuchende Angelegenheit verwickelt sind, ist unzulässig.

2. Im vorliegendem Fall hatte die SEC Informationen über den Kauf von in
den USA ko-tierten Elsag Bailey-Titeln erbeten, der über eine Schweizer
Bank im Vorfeld der Über-nah-me dieser Gesellschaft durch die ABB im
Herbst 1998 erfolgte. Gleich nach der An-kün-digung des
Übernahmeangebots war der Kurs der Aktien der Elsag Bailey
be-trächt-lich gestiegen. Der Kunde, der von den Transaktionen
profitiert hatte, rekurrierte beim Bundesgericht gegen den Entscheid der
EBK, der SEC Amtshilfe zu leisten. Mit Urteil vom 1. Mai 2000 (126 II
126) hiess das Bundesgericht die Verwaltungsgerichts-be-schwerde mit der
Begründung gut, dass die SEC nicht ausreichend Garantie dafür bie-te,
die Informationen nur im Sinne des Schweizer Rechts zu verwenden.

3. In der Folge nahm die EBK auf höchstem Niveau Verhandlungen mit der
SEC auf, um die vom Bundesgericht geforderten Zusicherungen zu erhalten.
Sie ging sogar so-weit, einen in dieser Frage versierten US-Anwalt zu
beauftragen, die Position der Schweiz bei der Aushandlung des neuen
Abkommens zu vertreten. Die EBK erliess da-raufhin eine weitere
Verfügung zugunsten der SEC, gegen die erneut rekurriert wurde. Auch
diese Beschwerde hiess das Bundesgericht am 20. Dezember 2001 (2a.349/
2001) gut, weil es die Zusicherungen der SEC nach wie vor für ungenügend
erach-tete. Im wieteren ist es der Ansicht, dass die in der Verfassung
vorgesehene Öffentlich-keit der US-amerikanischen Gerichtsverfahren
zumindest solange nicht mit den gesetz-lichen Amtshilfebestimmungen bei
Börsengeschäften vereinbar ist, wie sich die SEC nicht für eine
Beschränkung der Verfahrensöffentlichkeit einsetzt. Dasselbe gilt für
die Pra-xis der SEC, in einem sogenannten „litigation release“
Informationen über die Par-teien zu veröffentlichen,  die sie vor
Gericht lädt.

Mitteilung an die Redaktionen
. Für weitere Informationen wenden Sie sich an Tanja Kocher, Leiterin
Kommuni-kation (+41 31 323 08 57)
. Wünschen Sie in Zukunft unsere Medienmitteilungen raschestmöglich zu
erhalten, akkreditieren Sie sich bitte unter
www.ebk.admin.ch/d/aktuell/default.htm

23.1.2002