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Teilnahme der Schweiz am „Financial Sector Assessment Program“ von IWF und Weltbank 23.10.2001

EFD-ROHSTOFF - 23.10.2001

Teilnahme der Schweiz am „Financial Sector Assessment Program“ von IWF
und Weltbank

Die Sicherstellung der Finanzsystemstabilität zählt zu den Kernmandaten
des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Finanz- und Währungskrisen
in den 90er Jahren haben aufgezeigt, dass der Stellenwert der
Krisenprävention auch für den IWF noch zugenommen hat. Seine 1999
begonnenen regel-mässigen Analysen der Finanzsektoren seiner Mitglieder
im Rahmen des „Financial Sector Assessment Program“ (FSAP) zielen auf
die Förderung der notwendigen rechtlichen und institutionellen
Rahmenbedingungen für effiziente und krisenresistente Finanzsysteme ab.
Die Schweiz unterstützt diese Stossrichtung und hat als eines der ersten
Industrieländer der Durchführung einer solchen
Finanzsektor-Länderevaluation durch den IWF zugestimmt.

1. Hintergrund

Die Aktivitäten des IWF stehen im Zeichen der weltweit gestiegenen
Kapital-mobilität, volatiler Finanzmärkte und der Erschütterungen des
internationalen Finanzsystems des letzten Jahrzehnts. Neben dem
Verfolgen nachhaltiger makroökonomischer Politiken wird heute der
Förderung von soliden regula-torischen Rahmenbedingungen, welche
funktionsfähige und effiziente Finanz-märkte ermöglichen, stärkeres
Gewicht beigemessen. Vor diesem Hintergrund haben sich der IWF und die
Weltbank im April 1999 auf die Durchführung regelmässiger Analysen der
Finanzsektoren ihrer 183 Mitgliedsländer im Rahmen des FSAP verständigt.
Durch bessere Kenntnisse über die Gesundheit des Bankensektors, die
Funktionstüchtigkeit der Zahlungssysteme, den regulatorischen und
institutionellen Rahmen des Finanzsektors, sowie die Verbindungen zur
Geld- und Finanzpolitik soll die wirtschaftspolitische
Überwachungstätigkeit dieser internationalen Finanzinstitutionen
gestärkt werden. Letztlich geht es um die Früherkennung von
regulatorischen Defiziten und von strukturellen Fehlentwicklungen in den
Finanzsektoren. Obwohl das FSAP eine gemeinsame Initiative von IWF und
Weltbank darstellt, werden Industrieländer ausschliesslich vom IWF
geprüft.

Die Schweiz hat dem IWF im Februar 2001 ihre Bereitschaft zur Teilnahme
am FSAP bestätigt. Sie wird somit als erster international bedeutender
Finanzplatz im November 2001 eine Delegation des IWF empfangen. Die
hauptsächlich mit dieser Länder-prüfung befassten Stellen des Bundes
sind die Regulierungs- und Aufsichtsbehörden (Eidg. Bankenkommission,
Bundesamt für Privat-versicherungen, Eidg. Finanzverwaltung, Bundesamt
für Sozialversicherung) sowie die Schweizerische Nationalbank.

Bisherige Teilnehmer am Financial Sector Assessment Program (FSAP)
Das FSAP wurde 1999 - vorerst auf Pilotbasis - mit 12 Ländern in
unterschiedlichen Entwicklungsstadien gestartet. Die folgenden Länder
nahmen an diesem Pilotprojekt teil: El Salvador. Estland, Indien, Iran,
Irland, Kamerun, Kanada, Kasachstan, Kolumbien, Libanon, Südafrika und
Ungarn. Seither haben 12 weitere Länder FSAP-Assessments abgeschlossen.
Zusagen für eine Teilnahme in näherer Zukunft liegen vor für 20 Länder.
Als wichtige internationale Finanzplätze haben auch Luxemburg und
Singapur (FSAPs im Oktober/November 2001) sowie Grossbritannien (Februar
2002) ihre Teilnahme bestätigt. Eine aktualisierte Übersicht über den
Stand der Teilnahme am FSAP ist abrufbar auf der Webseite des IWF unter
www.imf.org/external/np/fsap/2001/review.htm.

2. Merkmale und Inhalte des FSAP

Im Rahmen des FSAP wird der Finanzsektor eines Landes auf seine
spezifi-schen Stärken, Risiken und Herausforderungen hin untersucht.
Dazu kommen drei verschiedene Ansätze parallel zur Anwendung:
? Anhand von makroprudenziellen Analysen soll vorzeitig auf
risikobehaftete Ent-wicklungen und Abweichungen von einem nachhaltigen
Wachstumspfad aufmerksam gemacht werden. Die Kombination von
aggregierten Mikro-indikatoren, welche Schlüsse über die Solvenz,
Verschuldung und Liquidität der verschiedenen Segmente des Finanzsektors
ermöglichen, und von Makroindikatoren wie Zahlungsbilanzdaten,
Volatilität von Wechselkursen und Zinsen, ergibt erste Anhaltspunkte
über die Risiko-Exponiertheit eines Landes.
? Zweitens wird mittels Fragebogen die Konformität mit international
anerkannten Standards und Codes in den Bereichen Geld- und
Finanz-politik, Bankenaufsicht, Versicherungswesen, Wertschriften und
Zahlungs-systeme ermittelt. Die Messung an solchen internationalen
„benchmarks“ dient den einzelnen Ländern als Standortbestimmung und
zeigt gleichzeitig auf, wo noch regulatorischer Handlungsbedarf
vorhanden ist.
? Mit Hilfe von „stress tests“ oder Szenario-Analysen lassen sich
drittens beispielsweise die Auswirkungen von makroökonomischen Schocks
(z.B. die Immobilienkrise Anfang der 90er Jahre) auf den Finanzsektor
modellhaft ermitteln. Auf diese Weise kann Aufschluss über konkrete
Schwachstellen im Finanzsektor gewonnen und auf deren potenzielle Folgen
hingewiesen werden.

Die Evaluation der Finanzsektoren durch IWF und Weltbank ist bereits
regulärer Bestandteil der Überwachungsfunktion dieser Institutionen. Es
ist vorgesehen, dass FSAP-Konsultationen mit einem Mitgliedland etwa
alle fünf Jahre durchgeführt werden. Diese tiefe Kadenz ist bedingt
durch das umfangreiche Mandat eines FSAP-Länderexamens und die Knappheit
von Fachspezialisten, welche zu diesem Zweck auch von anderen nationalen
Aufsichtsbehörden und Zentralbanken freigestellt werden (Element der
„peer review“). In den Zwischenjahren sind jedoch kürzere Besuche von
Delegationen des IWF bzw. der Weltbank zur Klärung spezifischer Fragen
geplant. Es sollen jährlich rund 30 Länder im Rahmen des FSAP geprüft
werden, wobei die Zustimmung der Länder zur FSAP-Teilnahme erforderlich
ist.

Verstärkung der IWF-Aktivitäten im Bereich Finanzmärkte
Die Krisen in Asien, Russland und Brasilien haben auf eindrückliche
Weise die Verflechtungen und gegenseitigen Abhängigkeiten der
internationalen Finanzmärkte aufgezeigt. Eine Fokussierung auf die
nationalen Finanzsektoren ist deshalb für eine auf makro-ökonomische
Stabilität ausgerichtete Organisation wie den IWF von zentraler
Bedeutung. Mit Blick auf die Erfüllung seines Mandats hat sich der
geschäftsführende Direktor Horst Köhler zum Ziel gesetzt, den IWF als
ein „center of excellence“ in Finanzmarktfragen zu etablieren. Drei
Stossrichtungen zur Umsetzung dieser Neuausrichtung sind hervorzuheben:
Erstens werden seit Frühjahr 1999 in verschiedenen Ländern
Finanzsektor-Länderprüfungen durch-geführt (Financial Sector Assessment
Program, FSAP). Zweitens sind die Offshore Financial Center Assessments
zu nennen, welche im Auftrag des Financial Stability Forum (FSF) in
Finanzzentren ohne als hinreichend beurteilte Regulierung und Aufsicht
durchgeführt werden. Als dritte Massnahme wurden organisatorische
Anpassungen innerhalb des IWF in die Wege geleitet. Im Rahmen der
Capital Markets Consultative Group (CMCG) wird der regelmässige
konstruktive Dialog auf einer regulären Basis mit Vertretern von
privaten Finanzinstitutionen gesucht. Zudem hat das IWF-Management im
März 2001 die Bildung einer neuen, eigens für Finanzmarktfragen
zuständigen Abteilung beschlossen (International Capital Markets
Department).

3. Evaluationsprozess und Zeitrahmen

Die FSAP-Konsultationen in der Schweiz werden vom 29. Oktober bis zum
12. November 2001 stattfinden. In diesen zwei Wochen wird eine
IWF-Delegation Gespräche mit den Schweizer Behörden führen sowie rund 30
Treffen mit Vertretern der Finanzbranche abhalten. Einbezogen sind neben
Exponenten der Banken- und Versicherungsbranche auch Revisions- und
Wertschriftenhäuser, die Schweizer Börse und die
Finanzinfrastruktur-Unternehmen. Ebenso werden die Pensionskassen in
ihrer Funktion als institutionelle Anleger befragt. In den Gesprächen
werden in erster Linie die vom IWF von den Behörden mittels Fragebogen
erhobenen umfangreichen Informationen zur Regulierung und Überwachung
des Finanzsektors vertieft.
Resultate werden nach Abschluss des Besuchs des IWF in der Schweiz noch
keine verfügbar sein. Hingegen ist vorgesehen, am Ende der
Konsultationen öffentlich über den Verlauf der Gespräche und die
weiteren Schritte zu informieren.
Anschliessend an die Konsultationen vor Ort wird der IWF eine
detaillierte Bestandesaufnahme und Beurteilung verfassen, die im Rahmen
des alljährlich stattfindenden Länderexamens des IWF (Artikel IV
Konsultationen) mit den Schweizer Behörden diskutiert wird. Dieses
Examen ist für Ende Februar 2002 vorgesehen.
Auf der Basis der Diskussionen im Kontext der Artikel IV Konsultationen
zur Evaluation des Finanzsektors erstellt der IWF ein „Financial System
Stability Assessment“ (FSSA). Dieser Bericht wird eine Darstellung und
Würdigung der Wechselwirkungen von makroökonomischer Entwicklung und
Finanzsektor-stabilität enthalten. Ferner wird darin die Position der
Schweiz im Vergleich zu den wichtigsten inter-national anerkannten
Standards und Prinzipien im Finanzbereich dargelegt. Das FSSA wird dem
IWF-Exekutivrat als Hintergrund-studie zum Länderbericht vorgelegt und
ist Gegenstand der Diskussion im Exekutivrat im Mai 2002. Es ist
vorgesehen, den Schweizer Stabilitätsbericht zusammen mit dem Artikel IV
Länderbericht zu veröffentlichen.

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst

Auskunft: René Weber, Eidg. Finanzverwaltung, Tel.: (031) 324 75 52

Weiterführende Informationen zu aktuellen Medienmitteilungen finden Sie
im "Hot Spot" auf unserer Website: www.efd.admin.ch.

23.10.2001