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Stellungnahme des Bundesrates zur Bildung einer neuen Luftfahrtgesellschaft - 1. Oktober 2001

Stellungnahme des Bundesrates zur Bildung einer neuen
Luftfahrtgesellschaft - 1. Oktober 2001

An einer ausserordentlichen Sitzung hat der Bundesrat von den
Entscheiden des Verwaltungsrates der Swissair Kenntnis nehmen müssen. Er
bedauert, dass alle Bemühungen zur Sanierung der Swissair es nicht
ermöglicht haben, diesem traditionsreichen Schweizer Flugunternehmen
eine weitere Zukunft zu gewähren. Der Bundesrat hat gleichzeitig zur
Kenntnis genommen, dass dank einem Angebot der zwei Schweizer
Grossbanken UBS und CS der Weiterbestand einer eigenen schweizerischen
Fluggesellschaft gewährleistet werden kann. Dies ist für den
Wirtschaftsstandort Schweiz von Bedeutung.

In den vergangenen Tagen und Stunden haben die Swissair, die beiden
Schweizer Grossbanken sowie, angesichts des öffentlichen Interesses,
auch der Bundesrat intensiv daran gearbeitet, dass die Anbindung des
Standorts Schweiz ans internationale Flugnetz mittels einer
schweizerischen Airline gesichert werden kann.

Die Lösungsfindung war um so schwieriger, als sich die Tragweite des
wirtschaftlichen Debakels der Swissair-Gruppe erst im Verlaufe des
Wochenendes und des heutigen Tages offenbarte. Diese Situation ist
offensichtlich die Folge der früheren Unternehmensführung; durch die
Attentate vom 11. September 2001 wurde sie markant verschärft und
beschleunigt.

Eine unternehmerische Sanierung der Swissair mit anschliessender
Rekapitalisierung hat sich als nicht realisierbar erwiesen und wäre mit
Kostenfolgen in mehrfacher Milliardenhöhe verbunden gewesen. Einziger
Ausweg für eine unternehmerisch langfristig erfolgversprechende, von der
Schweiz aus international tätige Luftlinie ist eine von privaten
Investoren vorgeschlagene und weitestgehend ohne direkte Bundeshilfe
finanzierte neue Luftfahrtgesellschaft. Ein solches Modell und die
entsprechenden Zusagen liegen vor.

Dieses Modell ist allerdings nur mit drastischen unternehmerischen
Massnahmen realisierbar. Diese werden sich für zahlreiche Beschäftigte,
Gläubiger und Aktionäre nachteilig auswirken. Einerseits ist zu
begrüssen, dass  dank privatwirtschaftlichen Investoren der plötzliche
und ungeordnete Konkurs der Swissair-Group und ihrer
Tochtergesellschaften abgewendet und die Bildung einer neuen
schweizerischen Luftfahrtgesellschaft präsentiert werden. Anderseits
müssen zahlreiche Bereiche der weit verzweigten Tätigkeiten der Gruppe
liquidiert oder verkauft werden, mit einschneidenden Folgen auch für
Teile des Personals. In diesem Sinn appelliert der Bundesrat an die
soziale Gesamtverantwortung der neuen Unternehmensleitung und der
Partner dieser Lösung.

Die von den privaten Investoren geleistete Finanzierung schliesst
Beiträge an den Betrieb der Swissair-Flotte aus und konzentriert sich im
wesentlichen auf die neue Firma. Das hätte zur Folge, dass die Flotte
vorübergehend stillgelegt werden müsste. Um die drohende kurzfristige
Stilllegung der Swissair-Flotte zu verhindern, erwartet der Bundesrat,
dass die Banken und die Swissair die nötigen Massnahmen in die Wege
leiten, damit die Swissair trotz der eingeleiteten Nachlassstundung
weiter fliegen kann, bis die neue Firma in etwa zwei Wochen den
Weiterbetrieb der wichtigsten Linien sicherstellen kann. Eine
Stilllegung hätte sowohl für das Personal als auch für die gesamte
Volkswirtschaft zusätzliche, grosse Nachteile bewirkt.

Weil sich die privaten Investoren bereit erklärt haben, die
Crossair-Aktien im Swissair-Besitz (Anteil von 70,5 % aller
Crossair-Aktien) zu übernehmen, verzichtet der Bundesrat auf eine
Beteiligung am Aktienkapital. Die damit zu lösenden
Liquiditätsbedürfnisse der Swissair-Gruppe erfordern keine Intervention
des Bundes. Die Banken hatten Bund und Kantone eingeladen, sich mit
maximal 30 Prozent an diesem Paketkauf zu beteiligen, jedoch auf
freiwilliger Basis.

Für den Bundesrat ist die getroffene Lösung trotz Rettung des
Kerngeschäfts und dem überwiegenden Teil der Arbeitsplätze der
bedauerliche Abschluss einer traditionsreichen Epoche und einer ehemals
sprichwörtlichen Erfolgsgeschichte. Trotzdem bewertet die
Landesregierung die Bildung einer neuen Gesellschaft allen Härten zum
Trotz als einzige Alternative für einen zukunftsfähigen Neubeginn.

1.10.2001