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Arbeitsgruppe „Standortstudie“ schlägt steuerliche Massnahmen zur Stärkung des

PRESSEROHSTOFF

Arbeitsgruppe „Standortstudie“ schlägt steuerliche Massnahmen zur
Stärkung des Standorts Schweiz vor

I. Die Ausgangslage

Ist das schweizerische Steuersystem international wettbewerbsfähig?
Leistet es einen Beitrag an den volkswirtschaftlichen Erfolg, gemessen
an den Schlüsselgrössen Wachstum und Beschäftigung? Welches sind die
steuerlichen Erfolgsfaktoren im internationalen Wettbewerb? Wo ist die
Schweiz bei den steuerlichen Erfolgsfaktoren stark? Wo ist sie eher
schwach? Das Eidg. Finanzdepartement und die Eidg. Steuerverwaltung sind
an einer regelmässigen Überprüfung solcher Fragen interessiert.

Dies gilt umso mehr, als der internationale Steuerwettbewerb eine
zunehmend wichtige Rolle einnimmt. Um einen Gesamtüberblick über die
steuerliche Standortqualität der Schweiz zu erhalten, ist im Eidg.
Finanzdepartement eine Arbeitsgruppe „Standortstudie“ eingesetzt worden,
deren Schlussbericht mit dem Titel „Steuern als Standortfaktor:
Reformbedarf für die Schweiz?“ nun vorliegt.

II. Zusammensetzung der Arbeitsgruppe und Auftrag

In der Ende August 2000 im Auftrag des Vorstehers des EFD vom Direktor
der Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) eingesetzten gemischten Arbeitsgruppe
waren Vertreter der ESTV selbst, verschiedener kantonaler
Steuerverwaltungen und des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco)
vertreten. Weil sich der Auftrag gleichzeitig auf volkswirtschaftliche
und konkrete steuerliche Fragestellungen erstreckte, wurden bei der
Zusammensetzung der Gruppe sowohl Ökonomen als auch Spezialisten und
Praktiker berücksichtigt, welche von ihrem Tätigkeitsfeld her häufig mit
Fragen des internationalen Steuerwettbewerbs konfrontiert sind.

Mitglieder der Arbeitsgruppe:

- Kurt Dütschler, Chef der Abteilung Steuerstatistik und Dokumentation,
Eidg. Steuerverwaltung, Bern (Vorsitz);
- Peter Balastèr, Leiter des Ressorts Wachstumspolitik und
Strukturreformen, Staatssekretariat für Wirtschaft, Bern;
- Pietro Dell'Era, Stellvertreter des Chefs der Steuerverwaltung des
Kantons Tessin, Bellinzona;
- Angelo Digeronimo, Experte für unternehmungswirtschaftliche
Steuerfragen, Eidg. Steuerverwaltung, Bern;
- Frédéric Gante, Chef Länderdienst IV der Abteilung für internationales
Steuerrecht und Doppelbesteuerungssachen, Eidg. Steuerverwaltung, Bern;
- Daniel Käslin, Chef des Steueramts des Kantons Nidwalden, Stans;
- Jean Raemy, Sektionschef in der Abteilung Revisorat, Hauptabteilung
direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, Eidg.
Steuerverwaltung, Bern;
- Helmut Schnyder, Inspektor in der Abteilung Inspektorat,
Hauptabteilung direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben,
Eidg. Steuerverwaltung, Bern;
- Beat Walker, Sektionschef in der Abteilung Inspektorat, Hauptabteilung
direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, Eidg.
Steuerverwaltung, Bern;
- Andreas Wurster, Projektleiter in der Hauptabteilung
Organisationsentwicklung und Projekte, Steueramt des Kantons St. Gallen,
St. Gallen.

 Die Arbeitsgruppe "Standortstudie" erhielt den Auftrag,

 - die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Steuersystems Schweiz
(direkte und indirekte Steuern aller Ebenen) umfassend zu prüfen.
Explizit nicht zu untersuchen waren andere Standortfaktoren wie
Ausbildung, Arbeitsmarkt, Sprachen, Infrastruktur, Sicherheit,
Rechtsschutz, Wohnqualität, kulturelles Angebot, Soziale Sicherheit,
Währung;

 - als Beurteilungskriterium für die internationale Wettbewerbsfähigkeit
des schweizerischen Steuersystems den volkswirtschaftlichen Erfolg
heranzuziehen. Dieser wird im Wesentlichen mit den Schlüsselgrössen
Wachstum und Beschäftigung definiert;

 - zu prüfen, ob das schweizerische Steuersystem einen Beitrag an den
volkswirtschaftlichen Erfolg leistet, und insbesondere, ob es dazu
beiträgt, dass in der Schweiz
 - die Investoren einen guten Standort für Investitionen erblicken,
 - sich international wettbewerbsfähige Unternehmen entwickeln können,
 - Unternehmen mit Zukunft gute Startmöglichkeiten vorfinden,
 - sich Entscheidzentren international tätiger Konzerne niederlassen,
 - die Wirtschaft von günstigen Finanzierungskosten profitieren kann,
und
 - sich eine Volkswirtschaft mit einem "gesunden" Branchenmix entfalten
kann;

 - zu untersuchen, welche Erwartungen die Investoren haben und welchen
steuerlichen Erfolgsfaktoren besondere Bedeutung im internationalen
Wettbewerb zukommt;

 - zu evaluieren, bei welchen steuerlichen Erfolgsfaktoren die Schweiz
stark, bei welchen sie eher schwach und bei welchen sie möglicherweise
zu stark ist. Letzteres wäre dann möglich, wenn sich herausstellen
sollte, dass unnötige steuerliche Konzessionen (im Sinne von Massnahmen
ohne volkswirtschaftlichen Nutzen) gemacht würden;

- die Ergebnisse ihrer Arbeiten in Stossrichtungen für Reformen
umzusetzen, d.h. in eine Prioritätenliste steuerlicher Massnahmen im
Interesse eines wettbewerbsfähigen Standorts Schweiz einfliessen zu
lassen.

III. Die Tätigkeiten der Arbeitsgruppe

Die Arbeitsgruppe hat im Zeitraum zwischen dem 13. September 2000 und
dem 31. Mai 2001 sechs Plenarsitzungen abgehalten. Daneben wurden zwei
Anhörungen mit Verantwortlichen einer in der internationalen
Steuerberatung tätigen privaten Firma und einer mit der Förderung des
Standorts Schweiz auf europäischen Märkten betrauten öffentlichen
Organisation abgehalten.

Der erste Teil des Berichts ist einer ganzen Reihe volkswirtschaftlicher
und steuerlich/finanzieller Kennzahlen in den neunziger Jahren gewidmet.
Zu den untersuchten volkswirtschaftlichen Kennzahlen zählen das reale
BIP-Wachstum, das kaufkraftbereinigte Pro-Kopf-Einkommen, die
Arbeitslosenquote, der Beschäftigungszuwachs und die Erwerbsquote. Aus
dem Bereich Finanzen und Steuern werden insbesondere die
Staatsverschuldungsquote, die Steuer- und Fiskalquote und deren
Veränderung, die gesetzlichen Steuersätze sowie von der Wissenschaft
entwickelte Ansätze zur Messung der effektiven Steuerbelastung
herangezogen. In den internationalen Vergleich sind neben der Schweiz
deren vier Nachbarländer und Grossbritannien sowie fünf weitere kleinere
europäische Staaten (Niederlande, Belgien, Dänemark, Schweden und
Irland) einbezogen, die sich wie die Schweiz als kleine offene
Volkswirtschaften charakterisieren lassen und/oder häufig als wichtige
Konkurrenten der Schweiz bezeichnet werden.

Im zweiten Teil des Berichts befasst sich die Arbeitsgruppe zuerst mit
den Begriffen der steuerlichen Standortqualität und
Standortattraktivität. Für die Wirtschaftssubjekte stellen Steuern in
erster Linie zu minimierende Kosten dar. Gleichzeitig sind sie als
Produzenten, Investoren und Konsumenten daran interessiert, dass für das
wirtschaftliche Gedeihen unerlässliche Staatsleistungen wie die ständige
Aufrechterhaltung und Verbesserung der Qualifikation der arbeitenden
Bevölkerung, die Bereitstellung einer leistungsfähigen Infrastruktur,
die Aufrechterhaltung von gesellschaftlicher Stabilität und von
Sicherheit, die Wirtschaftsfreiheit sowie die Eigentumsgarantie
wirkungsvoll funktionieren. Umfang, Qualität und Effektivität der
Staatsleistungen spielen für die Standortqualität somit eine sehr
wichtige Rolle. Insofern werden Steuern durchaus als der Preis für die
effektiv erbrachten staatlichen Gegenleistungen empfunden. Aus dieser
Warte ist denn auch nicht erstaunlich, dass auch sehr mobile
Produktionsfaktoren nicht automatisch immer an den Standort mit den
geringsten Steuern wandern. Weil aber in den europäischen
Industriestaaten staatliches Angebot und öffentliche Infrastruktur
überall zweifellos ein beachtliches Niveau erreichen, kommt aus Sicht
der Unternehmer und Investoren den Steuern, verstanden als Preis für
diese Leistungen, für die Standortwahl tendenziell eine grössere
Bedeutung zu als früher. Besonders bei sehr mobilen Produktionsfaktoren
zeigt die Realität immer wieder, dass die Einräumung einer gegenüber den
Konkurrenten attraktiveren Steuerbelastung dem Kriterium einer
effektiven Standortattraktivität oft am nächsten kommt. Die
Arbeitsgruppe setzt sich in diesem Teil des Berichts deshalb in der Form
von 6 grundlegenden Thesen intensiv mit den Voraussetzungen auseinander,
welche im Interesse eines qualitativ guten und attraktiven
Steuerstandorts Schweiz gegeben sein müssen.

Im dritten Teil, der den grössten Raum im Bericht einnimmt, sind die
Ergebnisse der Diskussionen zu einer Vielzahl steuerlicher Themen
zusammengefasst. Die Arbeitsgruppe befasst sich in diesem Teil
detailliert mit so unterschiedlichen Inhalten wie etwa der
wirtschaftlichen Doppelbelastung auf ausgeschütteten Gewinnen, dem
administrativen Aufwand der Steuerzahler, der Erbschaftssteuer oder den
Problemen rund um die internationalen Verrechnungspreise. Jedes einzelne
Steuersujet wird nach einem vorgegebenen Raster auf dessen
Standortrelevanz hin geprüft. Je nach Ergebnis werden allfällige
Massnahmen bewertet und empfohlen, bei denen zudem allfällige
Zusammenhänge mit anderen Steuerthemen und Massnahmen aufgezeigt werden.
Mit Hilfe der im zweiten Teil des Berichts aufgestellten Thesen, die
ihren Ursprung in Überlegungen zum volkswirtschaftlichen Nutzen der
Ausgestaltung des Steuersystems haben, werden die einzelnen Vorschläge
in eine von 5 Prioritätenkategorien eingeteilt.

Im abschliessenden vierten Teil stellt die Arbeitsgruppe als Ergebnis
ihrer Arbeiten eine Liste der steuerlichen Prioritäten aus Standortsicht
vor, mit der Zuordnung von insgesamt 27 Massnahmen in 5
Prioritätenkategorien.

IV. Zehn Feststellungen und Thesen der Arbeitsgruppe

 Die Bestandesaufnahme mit Hilfe von volkswirtschaftlichen und
steuerlich/finanziellen Kennzahlen, die Auseinandersetzung mit der
neueren ökonomischen Literatur sowie die auf dem Feld gemachten
Erfahrungen führten die Arbeitsgruppe zu den folgenden Feststellungen
und Thesen:

 1. Das Steuersystem ist ein bedeutender Faktor im Standortwettbewerb
unter den Staaten. Je geringer der Vorsprung eines Landes bei anderen
Standortfaktoren (Stabilität, Arbeitsmarkt, Bildung, Infrastruktur,
Staatsfinanzen, eigene Marktgrösse, Investitionssicherheit usw.) ist,
desto stärker ist ein Land auf ein wettbewerbsfähiges Steuersystem
angewiesen. Da viele Konkurrenzländer bei einigen anderen
Standortfaktoren ein der Schweiz mindestens ebenbürtiges Niveau
anbieten, bilden die Steuern für die Schweiz ein unverzichtbares
Wettbewerbselement.
 2. Wesentliche Elemente eines wettbewerbsfähigen Steuersystems sind
eine tiefe Steuerbelastung, die Rationalität des Systems, eine
kontinuierliche einheitliche Praxis, eine hohe Rechtssicherheit, ein
leichter Zugang zu den Steuerbehörden und deren Verlässlichkeit.
 3. Es gibt zwar keine wissenschaftlich erhärteten Beweise dafür, dass
ein tiefes Steuerniveau zwingend volkswirtschaftliches Wachstum
garantiert. Hohe Steuerbelastungen erhöhen aber vor allem für kleine
Länder die Risiken für Wachstum und Beschäftigung. Der Wohlstand der
Schweiz basiert auch auf einem gemessen an den Staatsleistungen
insgesamt moderaten Steuerdruck.
 4. Die Schweiz nimmt unter den verglichenen Konkurrenten bei den
Kennzahlen der Steuerbelastung nach wie vor einen Spitzenplatz ein. Dies
gilt insbesondere für die aggregierte Steuerquote, die
Unternehmenssteuern und die einmalig tiefe Mehrwertsteuer.
 5. Die Schweiz ist zu vielseitig, um nur für eine oder bestimmte
Zielgruppen von Steuerzahlern ein attraktiver Standort sein zu wollen.
Das Schweizer Steuersystem ist deshalb auf Bundesebene so
auszugestalten, dass es den verschiedenen Regionen Raum lässt, sich auf
diejenigen Steuerzahler zu konzentrieren, die für die Volkswirtschaft
dieser Regionen den grössten Nutzen versprechen.
 6. Die Schweiz ist auch zu gross, um als Steueroase oder mit
steuerlicher Lockvogelpolitik langfristig Wettbewerbsvorteile zu halten.
Andererseits ist sie so stark entwickelt, dass eine Strategie „möglichst
geringe Steuerbelastung für alle Kategorien von Steuerpflichtigen“ aus
Standortsicht kurzfristig nicht aufgehen kann; denn eine solche
Strategie wäre einerseits mit untragbaren finanziellen Einbussen und
andererseits mit sehr grossen Mitnahmeeffekten ohne entsprechenden
standortpolitischen Nutzen verbunden.
 7. Ein wettbewerbsfähiges Steuersystem muss die unterschiedliche
Mobilität der Produktionsfaktoren (Finanzkapital, Realkapital,
Arbeitskräfte mit hohen Erwerbseinkommen, übrige Arbeitskräfte, Boden
und Immobilien) nolens volens angemessen berücksichtigen. Hinter allen
real existierenden besonders günstigen Steuerregimes in den
Konkurrenzländern steht denn auch regelmässig dieser ökonomische Zwang.
 8. Das Steuersystem selber muss mit möglichst geringen Kosten
auskommen. Bei den heutigen Steuer- und Fiskalquoten in den europäischen
Sozialstaaten (und damit auch in der Schweiz) können wirklich einfache
Steuergesetze realistischerweise zwar nicht mehr durchgesetzt werden.
Eine geringe Steuerbelastung sowie eine einfache Steuerstruktur mit
wenigen Steuerarten stellen jedoch geeignete Massnahmen zur
Kostensenkung dar, wächst doch der Regulierungsbedarf in aller Regel mit
steigenden Steuerbelastungen.
 9. Den sog. „weichen“ Faktoren des Steuersystems kommt aus der Sicht
der Investoren eine grosse Bedeutung zu. Darunter werden die
„kulturellen“ Inhalte verstanden, die der Tätigkeit der Steuerbehörden
zugrunde liegen, beispielsweise die (juristische, wirtschaftliche und
praktische) Kompetenz, die Unbestechlichkeit, die Verlässlichkeit, die
konstante Praxis und die Voraussehbarkeit, die auf Treu und Glauben
basierenden Vorbescheide an die Steuerzahler sowie die Schnelligkeit.
Diesbezüglich dürfte die Schweiz im internationalen Vergleich gut
abschneiden.
 10. Das Steuersystem muss für die Wirtschaftssubjekte möglichst neutral
sein, in dem Sinne, dass es wirtschaftlich motivierte unternehmerische
Entscheide nicht behindern darf. Ein typisches Beispiel hierfür bilden
Umstrukturierungen von Unternehmen, bei denen das Steuersystem darauf
angelegt sein muss, dass der Umstrukturierungstatbestand für sich keine
nachteiligen steuerlichen Folgen für die beteiligten Unternehmen und
Investoren nach sich zieht.

V. Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe

Gestützt auf die Bestandesaufnahme im ersten Teil des Berichts und auf
die soeben vorgestellten Feststellungen und Thesen im zweiten Teil des
Berichts hat die Arbeitsgruppe aus einer breiten Palette von
Steuerthemen insgesamt 63 Vorschläge aus der Sicht eines
wettbewerbsfähigen Steuersystems für die Schweiz näher geprüft. Unter
diesen sind von der Arbeitsgruppe im dritten Teil des Berichts 27
Massnahmen in eine von 5 Prioritätenkategorien eingeteilt worden,
während die übrigen Vorschläge abgelehnt worden sind. Zu betonen ist,
dass unter den vorgeschlagenen Massnahmen sowohl solche zu finden sind,
welche die Intervention des Gesetzgebers (oder sogar des
Verfassunggebers) verlangen, als auch solche, die auf der Stufe der
Praxis der Steuerbehörden angesiedelt sind. Nachfolgend sind für jede
Prioritätenkategorie die einzelnen Massnahmen stichwortartig
wiedergegeben:

 A. Massnahmen mit höchster Priorität. Dabei geht es um notwendige
Massnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen
Steuersystems.
1. Paket „Unternehmensbesteuerung / Investoren“, mit den folgenden
Elementen:
1.1 Steuerliche Behandlung von Beteiligungen natürlicher Personen nach
den Regeln des Geschäftsvermögens
1.2 Gleichmässige (und niedrigere) Besteuerung von Dividenden auf
Beteiligungen und Gewinnen auf Beteiligungsveräusserungen
1.3 Fallenlassen von Sperrfristen für Beteiligungsveräusserungen
1.4 Aufhebung (oder allmähliche Senkung) der kantonalen Kapitalsteuer
der juristischen Personen
1.5 Aufhebung oder Milderung der kantonalen Vermögenssteuer der
natürlichen Personen auf Beteiligungen
2. Aufhebung der Emissionsabgabe auf Beteiligungsrechten und
Obligationen
3. Steuerbefreiung der Eigenkapitalrückzahlung (Agioreserve)
4. Anerkennung von F+E-Rücklagen für Eigenentwicklungen und
Forschungsaufträge an Dritte, mit Auflösungsfristen
5. Höchstens 2 Sätze und einfacherer Vollzug der Mehrwertsteuer
6. Begrenzung der Gesamtbelastung der natürlichen Personen (Benchmark)
7. Verbesserung der gezielten internationalen Information über
steuerliche Vorteile der Schweiz

 B. Massnahmen in der 2. Prioritätsklasse. Hier finden sich Massnahmen,
die zwar helfen würden, das Steuersystem konkurrenzfähiger zu machen,
die aber gegenüber den Massnahmen in der höchsten Prioritätsklasse eher
weniger volkswirtschaftlichen Nutzen stiften würden.
8. Laufende proaktive Revisionen der Umsatzabgabe auf
Wertschriftentransaktionen
9. Senkung der Grenze für den Beteiligungsabzug bei juristischen
Personen
10. Einheitliche Spesenregelung für direkte Steuern und Mehrwertsteuer
11. Jährliche Mehrwertsteuer-Abrechnung mit Akontozahlungen
12. Weitere Ermässigung für Expatriates mit hohen Einkommen
13. Einheitliche und zeitnahe Globalbeurteilung grenzüberschreitender
Verrechnungspreise
14. Sachgerechte Besteuerung von Mitarbeiter-Optionen

 C. Massnahmen in der 3. Prioritätsklasse. Bei diesen Massnahmen dürfte
per Saldo nur ein geringer Nutzen gegeben sein.
15. Ausweitung des Meldeverfahrens (an Stelle der Verrechnungssteuer)
auf personenbezogene Gesellschaften
16. Einräumung einer Option für die Gruppenbesteuerung bei den direkten
Steuern mit Verlustverrechnung im Konzern
17. Fixierung einer Zielfiskalquote in der Bundesverfassung

 D. Massnahmen, von denen abgesehen werden sollte. Die Begründungen für
die Aufnahme in diese Kategorie sind vielfältig. Einerseits handelt es
sich um Massnahmen, die keinen direkten volkswirtschaftlichen Nutzen
aufweisen würden oder sogar standortschädlich wären, andererseits um
Massnahmen mit einem gewissen Nutzen, bei denen aber aus verschiedenen
Gründen (z.B. weniger Wettbewerb oder weniger unternehmerische
Flexibilität) die Nachteile überwiegen dürften. Weil es darum geht, die
folgenden Massnahmen nicht zu ergreifen, hätte diese ganze Kategorie von
Massnahmen zwar auch einfach weggelassen werden können, doch hat sich
die Arbeitsgruppe aus Gründen der Transparenz für ihre explizite
Aufnahme in die Prioritätenliste entschieden
18. Materielle Steuerharmonisierung
19. Steuersatzsenkungen zu Gunsten einer Ausweitung der
Bemessungsgrundlagen
20. Entschärfung / Verschärfung der Vorschriften über das verdeckte
Eigenkapital
21. Abschwächung der steuerlichen Privilegierung der Vorsorge
22. Flächendeckende Quellensteuer für Arbeitnehmer
23. Abschaffung der direkten Bundessteuer
24. Formelle Harmonisierung der Erbschaftssteuer

 E. Massnahmen mit Kompensationscharakter. Hier geht es um Massnahmen,
bei denen eine wohlgemeinte Standortförderung oder eine bewusste
Zurückhaltung heute zu stark ausfallen, und die sich deswegen aus der
Sicht von Alternativen mit einem höheren volkswirtschaftlichen Nutzen
letztlich sogar kontraproduktiv für den Standort Schweiz auswirken.
25. Aufhebung der vollständigen Befreiung von der direkten Bundessteuer
im Bundesbeschluss zugunsten wirtschaftlicher Erneuerungsgebiete (Lex
Bonny)
26. Abschaffung der Arbeitsbeschaffungsreserven
27. Verschiebung hin zur Mehrwertsteuer

VI. Weiteres Vorgehen

Der Bericht der Arbeitsgruppe „Standortstudie“ wurde im EFD und in der
ESTV bereits einer ersten Durchsicht unterzogen. Dabei hat sich gezeigt
, dass der Auftrag, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des
Steuersystems Schweiz umfassend zu prüfen, den Beitrag des Steuersystems
an den volkswirtschaftlichen Erfolg zu analysieren und eine
Prioritätenliste steuerlicher Massnahmen im Interesse eines
wettbewerbsfähigen Standorts Schweiz aufzustellen, erfüllt worden ist.
Der Bericht gibt in geraffter Form einen guten Überblick über die
Zusammenhänge zwischen Steuersystem und Volkswirtschaft. Er liefert
somit eine gute Auslegeordnung über das Steuersystem aus
volkswirtschaftlicher Sicht, was angesichts des sich verschärfenden
internationalen Steuerwettbewerbs einem ausgewiesenen Bedürfnis
entspricht. Der sehr breite Gegenstand der Untersuchung bringt leider
mit sich, dass wichtige Fragen nicht vertieft werden konnten.
Insbesondere fehlen Detailvergleiche über die tatsächliche Steuerpraxis
anderer Länder in für den Standortwettbewerb besonders sensiblen
Bereichen. Hier einen verlässlichen Überblick zu gewinnen, erweist sich
jedoch als sehr schwierig, hat doch jedes Land seine (meist nicht
publizierten) Spezialitäten.

Die Autoren haben bewusst darauf verzichtet, zu bereits im
Gesetzgebungsprozess stehenden Vorlagen Stellung zu nehmen. Interessant
ist ebenfalls, dass sie als eine prioritäre Massnahme eine
Unternehmenssteuerreform vorschlagen, welche die Sicht der Investoren in
das Zentrum rückt und viele Gemeinsamkeiten mit dem vor kurzem von der
Expertenkommission rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung (ERU)
vorgestellten Konzept aufweist.

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst

Auskunft: Kurt Dütschler (031 322 73 77), Angelo Digeronimo (031 322 71
58), Eidgenössische Steuerverwaltung

Der vollständige Bericht „Steuern als Standortfaktor: Reformbedarf für
die Schweiz?“ der Arbeitsgruppe „Standortstudie“ ist auf
http://www.estv.admin.ch abrufbar.

21.9.2001