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Bericht der Arbeitsgruppe „Standortstudie“ abgeliefert

PRESSEMITTEILUNG

Bericht der  Arbeitsgruppe „Standortstudie“ abgeliefert

Die im Auftrag des Vorstehers des EFD vom Direktor der Eidg.
Steuerverwaltung (ESTV) im August 2000 eingesetzte Arbeitsgruppe
„Standortstudie“ hat ihren Bericht mit dem Titel „Steuern als
Standortfaktor: Reformbedarf für die Schweiz?“ abgeliefert. Gestützt auf
einen internationalen Vergleich der volkswirtschaftlichen Leistung und
der Steuerbelastung stellt die Arbeitsgruppe fest, welchen grundlegenden
Anforderungen ein wettbewerbsfähiges Steuersystem genügen muss, und
schlägt - nach rein fachlichen Prioritäten abgestufte - Massnahmen zur
Verbesserung des Standorts Schweiz vor.  Die auftragsgemäss konsequent
am volkswirtschaftlichen Erfolg orientierte Sicht des Berichts liefert
wertvolle Entscheidungshilfen. Das Steuersystem hat indessen auch andere
Kriterien zu berücksichtigen, insbesondere die Steuergerechtigkeit und
die finanzpolitische Verkraftbarkeit allfälliger Massnahmen. Die
Herstellung dieses Gleichgewichts ist Aufgabe der politischen
Gesamtwürdigung. EFD und ESTV nehmen deshalb zu den einzelnen
Vorschlägen im Bericht zum jetzigen Zeitpunkt materiell nicht Stellung.

Der internationale Steuerwettbewerb verschärft sich. Das Eidg.
Finanzdepartement und die Eidg. Steuerverwaltung verfolgen die Lage
aufmerksam. Um einen Gesamtüberblick über die steuerliche
Standortqualität der Schweiz zu gewinnen, ist Ende August 2000 im
Auftrag des Departementschefs vom Direktor der Eidg. Steuerverwaltung
eine gemischte Arbeitsgruppe „Standortstudie“ eingesetzt worden. Die
zehnköpfige Arbeitsgruppe setzte sich zusammen aus Vertretern der
Eidgenössischen Steuerverwaltung selbst, kantonaler Steuerverwaltungen
und des Staatssekretariats für Wirtschaft.

Stellungnahme von EFD und ESTV
Die auftragsgemäss konsequent am volkswirtschaftlichen Erfolg
orientierte Sicht der Dinge liefert wertvolle Entscheidungshilfen für
die laufenden Diskussionen um die Verbesserung der steuerlichen
Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandorts. EFD und ESTV möchten
indessen festhalten, dass die rein volkswirtschaftliche Sicht zwar eine
bedeutende, aber nicht die einzig massgebliche ist. Das Steuersystem hat
auch andere Kriterien zu berücksichtigen, insbesondere die
Steuergerechtigkeit mit all ihren Aspekten und die
Haushaltverträglichkeit. Diese Aspekte wurden in der Studie bewusst
nicht ausgeleuchtet. Im Zentrum der Grundlagenarbeit stand demnach nicht
eine politische, sondern eine fachliche Betrachtungsweise. Es wird
Aufgabe der Politik sein, das Thema auch von anderen Seiten her
anzugehen um das Gleichgewicht zwischen dem analytisch Empfohlenen
(Studie), dem staatspolitisch Gebotenen sowie dem finanzpolitisch
Verkraftbaren zu finden. Die Studie liefert einen gehaltvollen Beitrag
sowohl für die Beurteilung des Steuersystems als auch für nachhaltige
Verbesserungen des Wirtschafts- und somit des Arbeitsstandorts. Weil
Entscheide in diesem Zusammenhang der erwähnten, sowohl für die
Akzeptanz (Steuergerechtigkeit) als auch für die Bundesfinanzen
(Finanzleitbild) wichtigen politischen Gesamtbeurteilung bedürfen,
nehmen EFD und ESTV zu den einzelnen konkreten Massnahmen und
Prioritäten nicht Stellung. Im Zusammenhang mit bevorstehenden
Entscheiden und Reformprojekten zur Steuer- und Finanzpolitik werden sie
jedoch zweifellos auf diese wertvolle Arbeit zurückgreifen.

Die Arbeitsgruppe erhielt den Auftrag, die internationale
Wettbewerbsfähigkeit des Steuersystems Schweiz umfassend zu prüfen,
wobei als Beurteilungskriterium der volkswirtschaftliche Erfolg, im
Wesentlichen mit den Schlüsselgrössen Wachstum und Beschäftigung
definiert, dienen sollte. Die Arbeitsgruppe hatte weiter zu untersuchen,
welche Erwartungen die Investoren haben und welchen steuerlichen
Erfolgsfaktoren besondere Bedeutung im internationalen
Standortwettbewerb zukommt. Schliesslich hatte sie zu evaluieren, bei
welchen steuerlichen Erfolgsfaktoren die Schweiz stark und bei welchen
sie hingegen eher schwach abschneidet. Die Ergebnisse ihrer Analysen
sollte die Arbeitsgruppe in eine Prioritätenliste steuerlicher
Massnahmen im Interesse eines wettbewerbsfähigen Standorts Schweiz
einfliessen lassen.

Die Arbeitsgruppe konzentrierte sich zunächst im Rahmen eines
internationalen Vergleichs mit den als Hauptkonkurrenten zu
bezeichnenden europäischen Länder auf die volkswirtschaftlichen
Ergebnisse und die Entwicklung massgeblicher Kennzahlen der
Steuerbelastung. Aufgrund ihrer Beobachtungen und der im In- und Ausland
gemachten Erfahrungen stellte sie anschliessend fest, welchen
grundlegenden Anforderungen ein wettbewerbsfähiges Steuersystem genügen
muss. Die bei diesen Arbeiten gewonnenen Erkenntnisse dienten der
Arbeitsgruppe dann als Beurteilungsmassstab bei der darauffolgenden
Diskussion über den volkswirtschaftlichen Nutzen einer Vielzahl
möglicher steuerlicher Massnahmen. Das Spektrum erstreckte sich dabei
auf so unterschiedliche Themen wie etwa die wirtschaftliche
Doppelbelastung auf ausgeschütteten Gewinnen, den administrativen
Aufwand der Steuerzahler, die Erbschaftssteuer oder die steuerlichen
Probleme rund um die internationalen Verrechnungspreise.

 Als Ergebnis ihrer Arbeiten stellte die Arbeitsgruppe schliesslich eine
Liste der steuerlichen Prioritäten aus Standortsicht vor, mit der
Zuordnung von insgesamt 27 Massnahmen in 5 Prioritätenkategorien.
  Vorschläge der Arbeitsgruppe
 In die Kategorie mit der höchsten Priorität gehören die notwendigen
Massnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen
Steuersystems. Aus Sicht der Arbeitsgruppe sind dies einerseits
? ein Massnahmenpaket „Unternehmensbesteuerung / Investoren“, mit
folgenden Elementen:
- die steuerliche Behandlung von Beteiligungen natürlicher Personen nach
den Regeln des Geschäftsvermögens
- die gleichmässige (und niedrigere) Besteuerung von Dividenden auf
Beteiligungen und Gewinnen auf Beteiligungsveräusserungen
- das Fallenlassen von Sperrfristen für Beteiligungsveräusserungen
- die Aufhebung (oder allmähliche Senkung) der kantonalen Kapitalsteuer
der juristischen Personen
- die Aufhebung oder Milderung der kantonalen Vermögenssteuer der
natürlichen Personen auf Beteiligungen,
und andererseits folgende Massnahmen:
? die Aufhebung der Emissionsabgabe auf Beteiligungsrechten und
Obligationen, die Steuerbefreiung der Eigenkapitalrückzahlung
(Agioreserve); die Anerkennung von F+E-Rücklagen für Eigenentwicklungen
und Forschungsaufträge an Dritte, eine Mehrwertsteuer mit höchstens 2
Sätzen und einem einfacheren Vollzug, die Begrenzung der Gesamtbelastung
der natürlichen Personen (Benchmark) sowie die Verbesserung der
gezielten internationalen Information über die steuerlichen Vorteile der
Schweiz.
Massnahmen, die zwar helfen würden, das Steuersystem konkurrenzfähiger
zu machen, die aber gegenüber den Massnahmen in der höchsten
Prioritätsklasse eher weniger volkswirtschaftlichen Nutzen stiften
würden, werden von der Arbeitsgruppe der 2. Prioritätsklasse zugeordnet.
Es sind dies
? laufende proaktive Revisionen der Umsatzabgabe auf
Wertschriftentransaktionen, die Senkung der Grenzen für den
Beteiligungsabzug bei juristischen Personen, eine einheitliche
Spesenregelung für direkte Steuern und Mehrwertsteuer, die Einführung
der jährlichen Mehrwertsteuer-Abrechnung mit Akontozahlungen, weitere
Ermässigungen für Expatriates mit hohen Einkommen, eine einheitliche und
zeitnahe Globalbeurteilung grenzüberschreitender Verrechnungspreise
sowie eine sachgerechte Besteuerung von Mitarbeiter-Optionen.
Zur 3. Prioritätsklasse zählt die Arbeitsgruppe Massnahmen, bei denen
per Saldo nur ein geringer volkswirtschaftlicher Nutzen gegeben sein
dürfte. Es sind dies:
? die Ausweitung des Meldeverfahrens (an Stelle der Verrechnungssteuer)
auf personenbezogene Gesellschaften, die Einräumung einer Option für die
Gruppenbesteuerung bei den direkten Steuern mit einer Verlustverrechnung
im Konzern sowie die Fixierung einer Zielfiskalquote in der
Bundesverfassung.
Die 4. Kategorie weist eine Besonderheit auf, weil es sich dabei um
Massnahmen, von denen abgesehen werden sollte, handelt. Einerseits
handelt es sich gemäss Arbeitsgruppe um Massnahmen, die keinen direkten
volkswirtschaftlichen Nutzen aufweisen würden oder sogar
standortschädlich wären, andererseits um Massnahmen mit einem gewissen
Nutzen, bei denen aber aus verschiedenen Gründen (z.B. weniger
Wettbewerb oder weniger unternehmerische Flexibilität) die Nachteile
überwiegen dürften. Die Arbeitsgruppe empfiehlt explizit, die folgenden
Massnahmen nicht zu ergreifen:
? eine materielle Steuerharmonisierung, Steuersatzsenkungen zu Gunsten
einer Ausweitung der Bemessungsgrundlagen, eine Entschärfung oder
Verschärfung der Vorschriften über das verdeckte Eigenkapital, eine
Abschwächung der steuerlichen Privilegierung der Vorsorge, die
Einführung einer flächendeckenden Quellensteuer für Arbeitnehmer, die
Abschaffung der direkten Bundessteuer sowie eine formelle Harmonisierung
der Erbschaftssteuer.
Zur 5. Kategorie schliesslich zählt die Arbeitsgruppe Massnahmen, bei
denen eine wohlgemeinte Standortförderung oder eine bewusste
Zurückhaltung heute zu stark ausfallen, und die sich deswegen aus der
Sicht von Alternativen mit einem höheren volkswirtschaftlichen Nutzen
letztlich sogar kontraproduktiv für den Standort Schweiz auswirken. Die
Arbeitsgruppe schlägt hier folgende Massnahmen vor:
? die Aufhebung der vollständigen Befreiung von der direkten
Bundessteuer im Bundesbeschluss zugunsten wirtschaftlicher
Erneuerungsgebiete (Lex Bonny), die Abschaffung der
Arbeitsbeschaffungsreserven sowie eine vermehrte Verschiebung hin zur
Mehrwertsteuer.

Weiteres Vorgehen
Der Bericht der Arbeitsgruppe „Standortstudie“ wurde im EFD und in der
Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) bereits einer ersten Durchsicht
unterzogen. Dabei hat sich gezeigt, dass der Auftrag, die internationale
Wettbewerbsfähigkeit des Steuersystems Schweiz umfassend zu prüfen, den
Beitrag des Steuersystems an den volkswirtschaftlichen Erfolg zu
analysieren und einen Katalog möglicher steuerlicher Massnahmen zur
Stärkung des Standorts Schweiz aufzustellen, erfüllt worden ist. Der
Bericht gibt in geraffter Form einen guten Überblick über die
Zusammenhänge zwischen Steuersystem und Volkswirtschaft. Er liefert
somit eine gute Auslegeordnung über das Steuersystem aus
volkswirtschaftlicher Sicht, was angesichts des sich verschärfenden
internationalen Steuerwettbewerbs einem ausgewiesenen Bedürfnis
entspricht.

Eine der von den Experten als prioritär bewertete Massnahme ist eine
Unternehmenssteuerreform, welche die Sicht der Investoren in das Zentrum
rückt und viele Gemeinsamkeiten mit dem vor kurzem von der
Expertenkommission rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung (ERU)
vorgestellten Konzept aufweist.

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst

Auskunft:
Kurt Dütschler (031 322 73 77), Angelo Digeronimo (031 322 71 58),
Eidgenössische Steuerverwaltung

Der vollständige Bericht „Steuern als Standortfaktor: Reformbedarf für
die Schweiz?“ der Arbeitsgruppe „Standortstudie“ ist auf der Website der
Eidg. Steuerverwaltung http://www.estv.admin.ch abrufbar.

21.9.2001