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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Exploratorisches Gespräch

Mündliche Information
Robert Waldburger, Delegierter für internat. Steuerfragen EFD
Gesprächsleiter (Schweiz)

Exploratorisches Gespräch
Bern, 11. April 2001
Schweiz - EU in Bern zur EU-Zinsenbesteuerung

Anlass

Eine schweizerische Delegation hat heute in Bern mit Vertretern der
Kommission und des Rates der Europäischen Gemeinschaft auf technischer
Ebene ein erstes exploratorisches Gespräch zu Fragen der
grenzüberschreitenden Zinsenbesteuerung geführt. Das Treffen erfolgte im
Rahmen der grundsätzlichen Einigung mit der EU vom 16. März 2001 zur
Aufnahme von exploratorischen Gesprächen über eine Reihe von bilateralen
Themen.

Inhalt

Das Gespräch diente der Darlegung und Präzisierung beidseitiger
rechtlicher und institutioneller Ausgangslagen und Ansatzpunkte.

? Die Vertreter der EU orientierten die schweizerische Delegation über
die Eckwerte der geplanten Richtlinie betreffend der Besteuerung von
Zinserträgen innerhalb der Gemeinschaft und legte ihre Vorstellung auf
den Tisch, wie die Schweiz als Drittstaat mit einem bedeutenden
Finanzplatz am vorgesehenen System der grenzüberschreitenden
Zinsenbesteuerung partizipieren könnte. Es wurde allerdings klar, dass
zur Zeit noch viele offene Fragen mit Bezug auf die Modalitäten, auf den
geographischen Geltungsbereich und auf den konkreten Inhalt der
geplanten, mit Einstimmigkeit zu verabschiedenden EU-Lösung bestehen.
Offen sind zudem die Fragen, wie sich die EU mit ihren Mitgliedstaaten,
deren assoziierten Gebieten und mit Drittstaaten einigt.

? Die Schweizer Delegation anerkannte das Anliegen der EU, dass
Steuersubstrat zu sichern und Umgehungsgeschäfte einer allfälligen neuen
EU-Lösung zu vermeiden seien. Sie bekräftigte den Willen der Schweiz,
konstruktiv nach Lösungen für die Probleme der EU zu suchen, welche ihre
Ursache unter anderem im von der EU gewählten Zahlstellenprinzip haben.
Dies zu gewissen Bedingungen und, angesichts der möglichen
volkswirtschaftlichen Folgen, verbunden mit Gegenforderungen. Massgebend
dafür ist die unvermindert aktuelle Stellungnahme des Bundesrates vom
28. Juni 2000 zu den Beschlüssen des EU-Gipfels von Feira. Demnach kann
es nicht im Interesse der Schweiz liegen, Geschäfte anzuziehen, die
darauf ausgerichtet sind, eine allfällige Regelung der EG zur
Zinsenbesteuerung zu umgehen. Sollte sich deshalb die EG auf den
konkreten Inhalt einer Richtlinie einigen, wäre die Schweiz unter
gewissen Bedingungen und unter Wahrung ihres Bankgeheimnisses bereit,
nach Wegen zu suchen, solche Umgehungen möglichst unattraktiv zu machen.
Dabei steht für den Bundesrat in Ergänzung zur Verrechnungssteuer die
Einführung einer Zahlstellensteuer auf Zinsen ausländischer
Kapitalanlagen im Vordergrund; ein automatisches Meldeverfahren stellt
hingegen für die Schweiz weder kurzfristig noch nach Ablauf der
Übergangszeit keinen gangbaren Weg dar. Weitere für die Erhaltung der
Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz wichtige Bedingungen sind, dass die
assoziierten Gebiete der EU ebenfalls gleichwertige Lösungen treffen und
auch weitere wichtige Finanzmärkte eingebunden werden. Die Schweizer
Delegation wies darauf hin, dass die EU selbst in ihren Beschlüssen von
Feira vom 20. Juni 2000 von Drittstaaten, worunter die Schweiz,
ausdrücklich gleichwertige und nicht gleiche Massnahmen verlange. Zudem
wäre ein Meldeverfahren weder mit der Schweizerischen Rechtsordnung noch
mit ihrem Steuersystem vereinbar.

Lösungsansatz der CH-Delegation

Eine vom Chef des Eidg. Finanzdepartements in Auftrag gegebene und am
28. Februar 2001 der Öffentlichkeit zugänglich gemachte
Machbarkeitsstudie zeigt mögliche Wege auf, wie die Schweiz dem Anliegen
der Europäischen Gemeinschaft entgegenkommen könnte. Eine Partizipation
am automatischen Meldeverfahren von Zinszahlungen kommt dabei nicht in
Frage. Der wegen der geplanten EU-Zinsenbesteuerung von der Union
befürchtete Kapitalabfluss aus der EU in die Schweiz soll hingegen durch
eine Zahlstellensteuer auf ausländischen Zinserträgen verhindert werden.
Ziel wäre es,  auf den schweizerischen Zahlstellen (z.B. Banken)
Zinszahlungen aus ausländischer Quelle an natürliche Personen, die in
der EU wohnen, im gleichen Rahmen zu belasten, wie dies nach
EU-Zinsenbesteuerungsmodell vorgesehen ist. Die Arbeitsgruppe kam nach
Prüfung verschiedener Ansätze zum Schluss, dass eine geographische
Ausdehnung der EU-Zahlstellensteuer auf die Schweiz mittels einer
staatsvertraglichen Abstützung rechtlich und technisch machbar sei und
keiner Änderung der Bundesverfassung  bedarf. Dieses Modell wäre zudem
geeignet, die von der EU formulierten Ziele zu erreichen
(Gleichwertigkeit). Konkret sieht das Modell vor, dass die
schweizerischen Zahlstellen einer identischen steuerlichen Verpflichtung
wie die EU-Zahlstellen unterworfen werden. Die Lücke, welche die Schweiz
im geographischen Anwendungsbereich der EU-Zinsenbesteuerung darstellt,
wäre somit geschlossen. Die Machbarkeitsstudie ist rein technischer Art
und politisch in keiner Weise bindend. Die schweizerische Bereitschaft
zu einer möglichen Zusammenarbeit wurde in der Vergangenheit von den
EU-Kommissionären Monti und Bolkestein ausdrücklich willkommen
geheissen.

Resultat und Follow up

Die Exploration hat in einem konstruktiven Klima statt gefunden.
Erwartungsgemäss liegen die Positionen nach dem ersten technischen
Gespräch noch auseinander, jedoch wurde der von der Schweiz
aufgezeichnete Lösungsansatz mit Interesse aufgenommen.  Ein
Folgetreffen in Brüssel wurde vereinbart.

11. April 2001