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Finanzpolitik: Handlungsspielraum in engen Grenzen

PRESSEMITTEILUNG

Finanzpolitik: Handlungsspielraum in engen Grenzen

Der Bundesrat hat den Zusatzbericht zur Schuldenbremse zu Handen des
Parlaments verabschiedet. Dieser wurde anlässlich der Budgetdebatte im
Nationalrat am 28. November 2000 angekündigt. Er zeigt nebst einer
Lageanalyse die Folgen verschiedener Szenarien auf die längerfristige
Finanzpolitik auf. Kumulieren sich nachlassende Ausgabendisziplin und
forcierter Steuerabbau, so drohen trotz Aufschwung Fehlbeträge in
Milliardenhöhe. Nur wenn Bundesrat und Parlament weiterhin an einer
nachhaltigen Finanzpolitik festhalten, können Haushaltsziel und
Schuldenbremse realisiert werden. Auch ein guter Rechnungsabschluss 2000
darf nicht von der finanzpolitischen Realität und von der langfristigen
Verantwortung ablenken. Vor dem Hintergrund der nun vorliegenden
finanzpolitischen Gesamtschau wird der Bundesrat demnächst auch das
sistierte Steuerpaket (mit Erleichterungen für Familien) ins Parlament
geben.

Das Haushaltsziel 2001, das Finanzleitbild und die Vorlage für die
Schuldenbremse bestimmen die Finanzpolitik des Bundesrates. Eine
nachhaltige Finanzpolitik soll sicherstellen, dass der Bundeshaushalt
über einen Konjunkturzyklus hinweg ausgeglichen ist. Die absolute
Verschuldung (2001: 104 Mrd; Zinslast: 3,9 Mrd) soll stabilisiert, die
Verschuldungsquote bei fortgesetztem Wirtschaftswachstum reduziert
werden.

Ohne nachhaltige Finanzpolitik Fehlbeträge in Milliardenhöhe

Verschiedene Entwicklungen und Beschlüsse haben seit der Verabschiedung
des Finanzplans vom 2. Oktober 2000 gezeigt, dass sich Tendenzen zur
Verfehlung der finanzpolitischen Ziele abzeichnen, und dass je nach
finanzpolitischem Verhalten Fehlbeträge bis in Milliardenhöhe drohen.
Diese mögliche Gefährdung hat drei hauptsächliche Ursachen:
1. nachlassende Ausgabendisziplin
2. forcierte Steuererleichterungen
3. Streichung des Bundesanteils an der Mehrwertsteuer (MWST) für die
AHV/IV im Rahmen der Beratungen zur 11. AHV-Revision.

Der Bundesrat hat am 28. November 2000 im Rahmen der Budgetdebatte in
Aussicht gestellt, eine umfassende Auslegeordnung zur Finanzpolitik
vorzulegen und das
Steuerpaket 2001 vorderhand zu sistieren. Mit einer solchen Gesamtschau
wollte er verhindern, dass die verbesserte Finanzlage und ein sehr gutes
Rechnungsergebnis für das Jahr 2000 zu erneuten Fehlentwicklungen mit
langfristigen Auswirkungen auf den finanzpolitischen Handlungsspielraum
künftiger Generationen führen. Ohne Gegenmassnahmen besteht laut
Bundesrat die Gefahr, dass dieselben Fehler wiederholt werden, die in
den 80er Jahren den Grundstein für die desolate Bundesfinanzlage in den
90er Jahren legten.

Die Gesamtschau (in Form eines Zusatzberichtes zur Schuldenbremse) liegt
nun vor und soll dem Bundesrat und dem Parlament ermöglichen, den
finanzpolitischen Handlungsspielraum und die  damit verbundene
längerfristige Verantwortung für den Bundeshaushalt aufgrund von
quantifizierten Szenarien abschätzen zu können. Der Bericht soll zudem
ermöglichen, die Diskussion über die Schuldenbremse sowie Vorlagen mit
bedeutenden finanziellen Konsequenzen im Lichte finanzpolitischer
Zusammenhänge und aktueller Daten zu führen. In der Würdigung hält der
Bundesrat fest, dass das Parlament mit seinen Entscheiden zum
Voranschlag 2001 in der Dezember-Session seiner finanzpolitischen
Verantwortung gerecht geworden sei (insbesondere bezüglich Umsatzstempel
und Bundesanteil am Demografieprozent bei der AHV-Finanzierung). Nicht
zuletzt dank dieser Beschlüsse seien die wichtigsten Kriterien für eine
nachhaltige Finanzpolitik einigermassen berücksichtigt, sofern die
Disziplin anhalte.

Unterschiedliche Perspektiven je nach Szenario

Das Grundszenario „Fortsetzung einer nachhaltigen Finanzpolitik“
entspricht dem bewilligten Voranschlag für das Jahr 2001 und
berücksichtigt die jüngsten Entscheide von Parlament und Bundesrat. Es
sieht kumulierte Überschüsse für die Jahre 2001-2004 von rund 3
Milliarden Franken vor. Gegen Ende des Planungshorizontes wäre das
Kriterium der Schuldenbremse erfüllt.

Das Szenario „Abnehmende Ausgabendisziplin“ geht von einer Realisierung
der bereits bekannten und weiteren, sich abzeichnenden Mehrbelastungen
aus. Das Ausgabenwachstum würde auf über 5,5 Prozent pro Jahr steigen
und damit deutlich über dem Wirtschaftswachstum liegen. Berücksichtigt
ist u.a. eine Ausgabenerhöhung, die mit der Nichtgewährung des
Bundesanteils an der MWST-Erhöhung für die 11. AHV-Revision verbunden
wäre. Neue Defizite von über 1,5 Milliarden im Jahr 2004 wären die
Folge. Die Kriterien der Schuldenbremse würden nicht erfüllt.

Ausserordentlich guter Rechnungsabschluss 2000
Die Rechnung 2000 wird deutlich besser als budgetiert abschliessen.
Obschon die endgültigen Zahlen noch nicht vorliegen, kann man schon
heute feststellen, dass die Abweichung der Rechnung vom Voranschlag zu
rund zwei Dritteln auf die Unterschätzung der Einnahmen aus der
Verrechnungssteuer, der direkten Bundessteuer und der Stempelsteuer
zurückzuführen ist. Statt des budgetierten Defizits von 1,8 Milliarden
zeichnet sich ein Überschuss von mehreren Milliarden Franken ab.
Angesichts der deutlich höheren Einnahmen für das Jahr 2000 stellt sich
die Frage, ob die Einnahmenschätzungen auch für die Jahre 2001-2004 nach
oben zu revidieren sind. Auf eine solche Korrektur wird verzichtet. Denn
einerseits basieren die Einnahmenschätzungen für die Jahre 2001-2004
bereits auf neueren Annahmen. Und anderseits lässt sich die
Verlangsamung des Einnahmenwachstums im Voranschlagsjahr 2001 zusätzlich
durch den Rückgang der wirtschaftlichen Wachstumsdynamik sowie das bei
der schwierig prognostizierbaren Verrechnungssteuer nach wie vor gültige
Zweijahresmuster erklären. Dennoch wird das EFD im 1. Quartal 2001 die
heutigen Schätzverfahren und die Möglichkeiten zu ihrer Verbesserung
wissenschaftlich untersuchen lassen.

Das Szenario  „Forcierte Steuerleichterungen“ basiert auf der Annahme
von Steuerleichterungen, die über das Steuerpaket des Bundesrates hinaus
gehen. Zahlenmässig erfasst sind lediglich Auswirkungen im Ausmass von
400 Millionen Franken pro Jahr, die sich aus dem Fusionsgesetz und der
Aufhebung der Emissionsabgabe auf Obligationen ergeben würden. Die
Folgen daraus können sich massiv verschlimmern, wenn weitere Forderungen
nach Steuersenkungen in der Höhe von mehreren Milliarden mit
einberechnet werden. Solche massiven Steuerausfälle könnten auf der
Ausgabenseite kaum kompensiert werden, wie der misslungene Versuch, die
Ausgaben im Voranschlag 2001 um 500 Millionen Franken zu kürzen,
deutlich gezeigt hat. Folge wären erneute Defizite.

Das Szenario  „Worst Case“ geht von einer Kumulation der Szenarien 1 und
2 aus. Es beinhaltet eine abnehmende Ausgabendisziplin (inkl. die
Abschaffung des Bundesanteils auf künftigen MWST-Prozenten für die AHV
und IV) verbunden mit forcierten Steuererleichterungen. Weitere
Verschlechterungen sind denkbar und können, wie in der Vergangenheit,
auch für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden. Dies führt bezogen auf
den Zeitraum 2001-2004 zu einer Verschlechterung der kumulierten
Rechnungsergebnisse um über 7 Milliarden Franken. Statt mit einem
Überschuss von 1,2 Milliarden im Jahr 2004 gemäss Grundszenario wäre mit
einem Defizit von über 2,3 Milliarden zu rechnen. Es ist offensichtlich,
dass ein solches Szenario drastische finanzpolitische Konsequenzen
hätte.

Bedeutung der AHV für den Bundeshaushalt

Ein besonderes Kapitel ist der Bedeutung der AHV für die Entwicklung des
Bundeshaushaltes gewidmet. Der Bundesanteil am bestehenden
Demografieprozent bleibt zwar auf Grund der parlamentarischen Beratungen
in der Wintersession erhalten. Bereits liegen jedoch im Rahmen der
Beratung der 11. AHV-Revision der vorberatenden nationalrätlichen
Kommission weitere Anträge vor, welche dem Bund seine Anteile an den
zukünftigen MWST-Prozenten für die AHV und IV entziehen wollen. Dies
hätte schwer wiegende Auswirkungen für den Bundeshaushalt. Als
Konsequenz müsste allenfalls eine weitere separate Erhöhung der
Mehrwertsteuer zur Sicherung des Bundesanteils in Erwägung gezogen
werden.

Der Zusatzbericht macht deutlich, dass die sich abzeichnenden
konjunkturbedingten Überschüsse zwingend für eine Schuldenreduktion
einzusetzen sind. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Schuldenbremse
als zentrales institutionelles Instrument das Haushaltsziel 2001
ablösen. Die Schuldenbremse verhindert die Entstehung struktureller
Defizite an der Wurzel und bietet damit Schutz vor einem erneuten
Abgleiten in eine unheilvolle Defizitspirale, wie das die Schweiz in
jüngster Vergangenheit erfahren musste.

Die Schuldenbremse
Die Schuldenbremse soll den Bundeshaushalt vor strukturellen
Ungleichgewichten bewahren und damit verhindern, dass die Schulden des
Bundes wie in der Vergangenheit ansteigen. Dieses neue Instrument soll
auf Verfassungsstufe die Übergangsbestimmung zum Haushaltziel 2001
ablösen. Mit der Schuldenbremse wird kein Abbau der Bundesschulden und
damit des Fehlbetrages in der Bilanz anvisiert. Im Vordergrund steht das
Ziel, diese Grössen möglichst zu stabilisieren. Das Kernstück der
Schuldenbremse ist eine Ausgabenregel: Über einen Konjunkturzyklus
hinweg dürfen die Ausgaben nicht grösser sein als die Einnahmen. Der
Höchstbetrag für die Ausgaben wird an die Höhe der Einnahmen gebunden,
allerdings korrigiert um einen Faktor, welcher die konjunkturelle Lage
berücksichtigt: Wächst die Wirtschaft überdurchschnittlich, liegt der
Ausgabenplafonds unter den Einnahmen, und der Bund erwirtschaftet einen
Überschuss. Umgekehrt lässt die Formel in Zeiten tiefen Wachstums ein
Defizit zu: Die Ausgaben dürfen die Einnahmen übersteigen. Über einen
ganzen
Konjunkturzyklus ist die Rechnung somit ausgeglichen. In
ausserordentlichen Situationen wie in schweren Rezessionen, bei
Naturkatastrophen oder anderen besonderen Ereignissen (wie z.B. im
Asylwesen) kann die Ausgabenregel mit einem qualifizierten Mehr in
beiden Räten ausser Kraft gesetzt werden.

Der Bericht wird nun den zuständigen parlamentarischen Kommissionen
zugestellt. Die Finanzkommission des Ständerates tagt am 15./16. Januar,
die Finanzkommission des Nationalrates am 18. Januar. Damit steht der
Bericht den Eidg. Räten rechtzeitig für die Beratungen der Botschaft zur
Schuldenbremse wie auch anderer finanzpolitisch gewichtiger Vorlagen
(insbesondere Steuerpaket 2001, 11. AHV-Revision) zur Verfügung.

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst

Auskunft: Peter Saurer, Eidg. Finanzverwaltung, 031 322 60 09

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10.1.2001