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Bundesrat verabschiedet Botschaft zur 2. Teilrevision des KVG

Medienmitteilung  18. September 2000

Bundesrat verabschiedet Botschaft zur 2. Teilrevision des KVG

Der Bundesrat hat seine Botschaft zur zweiten Teilrevision des
Krankenversicherungsgesetzes (KVG) verabschiedet, welche sich auf die
Neuordnung der Spitalfinanzierung konzentriert. Demnach sollen sich die
soziale Krankenversicherung und die Kantone die Vergütung der nach KVG
obligatorischen Leistungen bei einem Spitalaufenthalt je zur Hälfte teilen.
Diese Regelung gilt für jene Spitäler, die auf der Spitalliste des
Wohnkantons der versicherten Person aufgeführt sind und soll Anwendung
finden für alle Versicherten, unabhängig von deren Versicherungsdeckung.
Zwar haben die Reformen kurzfristig erhebliche Mehrkosten für die Kantone
zur Folge. Längerfristig ist dadurch eine kosteneindämmende Wirkung zu
erwarten. Verzichtet hat der Bundesrat auf den im vergangenen Sommer einem
Vernehmlassungsverfahren unterzogenen Vorschlag zur Aufhebung des
Kontrahierungszwangs zwischen Versicherern und Leistungserbringern.
Stattdessen sollen die Versicherer verpflichtet werden, in der ganzen
Schweiz besondere Versicherungsformen mit einer eingeschränkten Wahl der
Leistungserbringer anzubieten.

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) steht im Zeichen der drei Ziele
Schliessung von Lücken im Leistungskatalog, Stärkung der Solidarität
zwischen den Versicherten und Kosteneindämmung. Das erste Ziel, die
Schliessung von Lücken im Leistungskatalog, ist heute weitgehend erreicht.
Nicht vollständig erreicht werden konnte das Ziel der Stärkung der
Solidarität: In Bezug auf die stationäre Versorgung ging das Gesetz davon
aus, dass die Krankenversi-cherung nur einen Teil der Kosten zu übernehmen
hat und die Kantone wegen ihrer Zuständigkeit für die Versorgung ebenfalls
einen finanziellen Beitrag leisten sollten. Auch nach Inkrafttreten des
neuen Gesetzes hielt der Rückgang der Kantonsbeiträge an die
Spitalfinanzierung an. Damit wurde ein Aspekt der sozialen Abfederung des
Systems geschwächt. Ebenfalls nicht im gewünschten Ausmass er-reicht werden
konnte das Ziel der Kosteneindämmung: 1999 betrug die Kostensteigerung in
der obligatorischen Krankenpflegeversicherung immer noch 4,1 Prozent.

 Neue Regelung der Spitalfinanzierung
Seit Inkrafttreten des Gesetzes war zwischen Kantonen und
Krankenversicherern umstritten, welchen Beitrag die obligatorische
Krankenpflegeversicherung an medizi-nisch indizierte ausserkantonale
Spitalbehandlungen zu leisten hat. In zwei Grund-satzurteilen hat das
Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) im Dezember 1997 entschieden, dass
die Kantone bei einem ausserkantonalen Spitalaufenthalt unabhängig von der
Art der Abteilung eines öffentlichen oder öf-fentlich subventionierten
Spitals einen Beitrag leisten müssen. Gleichzeitig entschied das Gericht,
dass bei einem nicht subventionierten Spital diese Ausgleichspflicht nicht
zur Anwendung kommen könne. Nicht ausgesprochen hat sich das EVG zur Frage,
ob die Kantone auch bei innerkantonaler Behandlung einen Beitrag an die
Behandlung von zusatz-versicherten Patientinnen und Patienten zu leisten
haben. Mit der Teilrevision sollen die nach Inkrafttreten des neuen
Krankenversiche-rungsgesetzes aufgetretenen Unklarheiten einer dauerhaften
Lösung zugeführt werden, dies insbesondere auch nachdem Ende dieses Jahres
ein Abkommen von 1998 zwischen Kantonen und Versicherern ausläuft, welches
die Finanzierung der Spitalbehandlung von halbprivat oder privat
Versicherten regelte. Das neue Finanzierungssystem bewirkt, dass Kosten
nicht mehr auf Finanzierungspartner verschoben werden können; daher sind
fortan soziale Krankenversicherung und Kantone gleichermassen an einer
Kontrolle der Spitalbehandlungskosten interessiert.

Eindämmung der Gesamtkosten statt Kostenverlagerung
Der Anteil der Kantone an der Finanzierung der Spitäler ist seit Anfang der
90er-Jahre rückläufig. Der von den Kantonen finanzierte Anteil von 35,5
Prozent im Jahre 1991 sank 1998 auf 29,7 Prozent. Damit vermieden die
öffentlichen Haushalte 1998 Ausgaben im Umfang von rund 1,4 Milliarden
Franken an der Finanzierung der Spitäler. Mit der vorliegenden Teilrevision
soll diesem schleichenden Rückzug der öffentlichen Hand aus der
Spitalfinanzierung Einhalt geboten werden, um eine weitergehende Verlagerung
der Finanzlast auf die Krankenversicherung und die damit verbundene Erhöhung
der Kopfprämien zu verhindern. Aus diesem Grund schlägt der Bundesrat den
Wechsel zu einem System mit je hälftigen Finanzierungsanteilen vor. Im
Zentrum soll nicht mehr die Verschiebung der Kosten auf die anderen
beteiligten Partner, sondern die Ein-dämmung der Gesamtkosten stehen.

 Finanzierung von Leistungen statt Kostendeckung
Mit der vorliegenden Teilrevision soll vollständig vom Prinzip der
Kosten-deckung abgerückt und zur Finanzierung von Leistungen übergegangen
werden. Die Teilrevi-sion sieht vor, dass alle im Spital erbrachten
Leistungen, das heisst sowohl stationäre als auch teilstationäre, zu deren
Erbringung eine Spitalinfrastruktur erforderlich ist, dem gleichen
Finanzierungsregime unterstellt werden. Gleichzeitig soll die
Planungspflicht der Kantone vom stationären auf den teilstationären Bereich
ausgeweitet werden. Das aus dem vormaligen Kranken- und
Unfallversicherungsgesetz (KUVG) übernommene Prinzip der Deckung der
anrechenbaren Betriebskosten steht mit einem auf Kosteneindämmung
ausgerichteten System im Widerspruch - zumeist werden heute die ge-samten
Betriebsdefizite der öffentlichen Spitäler von der öffentlichen Hand
getra-gen. Solche Rahmenbedingungen bilden wenig Anreiz zu
betriebswirtschaftlichem Denken.

Aufhebung des Kontrahierungszwangs
Aufgrund eines parlamentarischen Vorstosses hat der Bundesrat einen
Vorschlag zur Aufhe-bung des Kontrahierungszwanges in Vernehmlassung
gegeben. Das Modell sah vor, die Krankenversicherer von ihrer Pflicht zu
befreien, mit allen Leistungserbringenden im ambulanten Bereich zusammen zu
arbeiten. Aus den Stellungnahmen wurde deut-lich, dass viele Beteiligte
grundsätzlich eine Stärkung des Wettbewerbsgedankens im KVG und somit auch
die Idee einer Aufhebung des Kontrahierungszwanges befür-worten, das
vorge-schlagene Modell jedoch mit Skepsis betrachten oder dieses gar für
untauglich und un-prak-tikabel halten. Ein alternatives, akzeptableres
Modell zeichnete sich aufgrund der Stellungnahmen aller-dings nicht ab. Der
Bundesrat sieht deshalb davon ab, im Rahmen dieser Teilrevision das
wettbewerbliche Vertragsmodell im ambulanten Bereich vorzu-schlagen. Er
schlägt aber vor, den Kontrahierungszwang für diejenige Leistungserbringer
aufzuheben, welche das 65. Altersjahr alter überschritten haben. Diese
Teilaufhebung des Kontrahierungszwangs rechtfertigt sich, weil mit
zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass ein
Leistungserbringer nicht mehr mit der medizinischen Entwicklung Schritt
halten kann, und damit die Qualität der Leistungserbringung gefährdet werden
kann.

Weil der Bundesrat in der Förderung von besonderen Versicherungsformen wie
Hausarztmodellen oder HMOs ein Instrument zur Kosteneindämmung sieht,
schlägt er  indessen vor, dass die Versicherer verpflichtet werden, in der
ganzen Schweiz besondere Versicherungsformen mit einer eingeschränkten Wahl
der Leistungserbringer anzubieten. So wird sichergestellt, dass jeder und
jede Versicherte die Möglichkeit hat, ein solches Versicherungsmodell zu
wählen.

EIDG. DEPARTEMENT DES INNERN
Presse- und Informationsdienst

Auskünfte:  Tel. 031 / 322 90 04
 Fritz Britt, Vizedirektor
 Hauptabteilung Kranken- und Unfallversicherung
 Bundesamt für Sozialversicherung

Beilage:  - Übersicht «Verschiebung der Finanzlasten (geschätzte
Grössenordnung)»
 - Botschaft des Bundesrates
 - Vernehmlassungsbericht

Verschiebung der Finanzlasten

 Kantone KVG VVG/
private Vers.

Spitalkosten insgesamt 4'300 3'700 3'100

Lastenverschiebung
Beitrag an Investitionen -400 +400
Beitrag an teilstationäre Behandlung +250 -250
Beitrag an privat-/halbprivat Versicherte +1'200  -1'200
je hälftige Leistungsfinanzierung je nach Kanton