Schweizer Wappen

CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

Homepage
Mail
Suche

Botschaft zur Volksinitiative „für eine Kapitalgewinnsteuer“

PRESSEMITTEILUNG

Botschaft zur Volksinitiative „für eine Kapitalgewinnsteuer“

Der Bundesrat hat heute die Botschaft zur Volksinitiative „für eine
Kapitalgewinnsteuer“ zuhanden des Parlaments verabschiedet. Das
Initiativ-komitee will die im geltenden Recht verankerte Steuerfreiheit
der Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen aufheben. Der
Bundesrat lehnt die mit der Volksinitiative geforderte
Kapi-talgewinnsteuer ohne Gegenvorschlag ab. Eine solche Steuer würde
nicht nur u.a. mit der Vermögenssteuer kollidieren, sie wäre auch
finanziell vergleichsweise unergiebig und sowohl für Steuerpflichtige
wie für Steuerbehörden administrativ sehr auf-wändig. Der Bundesrat
fasst dagegen im Rahmen einer gleichzeitigen Reform des
Unternehmungs-steuerrechts Alternativen zur Einführung einer allgemeinen
Kapitalgewinnsteuer ins Auge. Zu diesem Zweck soll die am 31. Januar
2000 eingesetzte Expertenkommission rechts-formneutrale
Unternehmensbesteuerung u.a. auch die Einführung einer
Beteili-gungsge-winnsteuer vertieft prüfen.

Ziele der Initiative

Am 5. November 1999 reichte der Schweizerische Gewerkschaftsbund mit
104‘407 gültigen Unterschriften die in Form eines ausgearbeiteten
Entwurfs abgefasste Volksinitiative „für eine Kapitalgewinnsteuer“ ein.
Danach soll der Bund die heute steuerfreien Kapitalgewinne auf
beweg-lichem Privatvermögen mit einer besonderen Steuer erfassen. Das
Initiativkomitee bezweckt nach eigenen Angaben mit der Initiative,
private Kapitalgewinne aus Gründen der Steuergerechtigkeit gleich zu
behandeln wie Lohnein-kommen und Liegenschaftsgewinne. Ausserdem sind
für die Initiantinnen und Initianten folgende Argumente wesentlich: die
Schweiz sei praktisch das einzige Industrieland ohne
Kapitalge-winnsteuer; das Phänomen der Millionäre ohne steuerbares
Ein-kommen führe bei Bürgerinnen und Bürgern zu Verbitterung über solche
Steuerschlupflöcher und legale Steuerumgehungen; die Erhebung der
Kapitalgewinnsteuer sei heute im Vergleich zu früher dank EDV
zweckmässiger und leichter zu bewerkstelligen; eine Kapitalgewinnsteuer
werfe einen Ertrag von mindestens 400 bis 1000 Millionen Franken pro
Jahr ab.

Auswirkungen der Initiative

Die von den Initiantinnen und Initianten angesprochene
Steuergerechtigkeit ist ein ernst zu neh-mendes Anliegen. Die Initiative
leidet indessen an schweren Mängeln. Die Hauptmängel der
vor-geschlagenen allgemeinen Kapitalgewinnsteuer liegen in der fehlenden
Praktikabilität für Steuer-pflichtige und Steuerbehörden, den
entsprechenden negativen Erfahrungen der Kantone sowie in der
vergleichsweise geringen Ergiebigkeit einer solchen Steuer.

Der internationale Vergleich einer einzigen Steuerart ist, solange er
nicht in einer Gesamtsicht des Steuersystems erfolgt, nur beschränkt
aussagekräftig. So gilt in der Schweiz, im Unterschied zu vielen
Staaten, das System der wirtschaftlichen Doppelbelastung. Sodann kennen
zahlreiche ausländische Staaten keine Vermögenssteuer für
Privatpersonen. Demgegenüber erheben alle Kantone eine allgemeine
Vermögenssteuer. Im Jahre 1997 beliefen sich die Einnahmen aus der
Vermögenssteuer gesamtschweizerisch auf über 3 Milliarden Franken. Der
Bund könnte jedoch mangels Kompetenz Mehrbelastungen zufolge einer
allfälligen Kapitalgewinn-steuer nicht durch eine entsprechende
Anpassung der Vermögenssteuer kompensieren.

Beim Problem der so genannten einkommenssteuerfreien Vermögensmillionäre
handelt es sich um gelegentlich vorkommende Fälle, die meistens auf den
Abzug von Verlusten, Schuldzinsen und Liegenschaftsunterhaltskosten
zurückzuführen sind. Sodann kann trotz Reineinkommen von null Franken
die Grundstückgewinnsteuer geschuldet sein. Nicht zu übersehen ist
schliesslich, dass rund zwei Drittel der Einnahmen aus der direkten
Bundessteuer von nur rund elf Prozent aller Steuerpflichtigen
aufgebracht werden.

Die Durchführungsschwierigkeiten einer allgemeinen Kapitalgewinnsteuer
lägen u.a. darin, dass die Steuerpflichtigen sämtliche Anschaffungs- und
Veräusserungswerte von in- und ausländischen Titeln aufzuzeichnen
hätten. Die entsprechenden Belege wären je nach Ausgestaltung einer
Kapitalgewinnsteuer während mehrerer Jahre aufzubewahren. Auch hätten
die Steuerpflichtigen über sämtliche Bestandesveränderungen und die bei
Realisierung erzielten Gewinne und Verluste abzurechnen. Bei
Beteiligungspapieren würde die Festsetzung des für die Ermittlung des
Gewinns bedeutsamen Einstandswertes oft auf grosse Hindernisse für
Steuerpflichtige und Steuerbehörden stossen, insbesondere im Fall von
Änderungen in der Kapitalstruktur zufolge Kapitaleinzahlungen, Ausübung
oder Verkauf von Bezugsrechten, Zuteilung von Gratisaktien,
Aktienumwandlungen, Aktiensplits etc..

Weitere Fragen wirft auch die mit der Initiative vorgeschlagene
Möglichkeit der Erhebung einer Quellensteuer auf. Das Problem liegt
darin, dass bei Kapitalerträgen die Quellensteuer auf dem ganzen Ertrag
erhoben wird, während eine Kapitalgewinn-steuer die Differenz zwischen
Erlös und Gestehungskosten erfasst. Ein Quellensteuersystem setzt
voraus, dass die zum Abzug der Quellensteuer Verpflichteten stets
Kenntnis von den Gestehungskosten haben, was nicht durch-wegs zutreffen
dürfte. Andererseits hätte eine Quellensteuer auf dem Verkaufserlös je
nach Kon-stella-tion die Besteuerung der investierten Substanz zur
Folge. Auch müsste mit einer ver-mehr-ten Verlagerung des
Wertschriftenhandels ins Ausland gerechnet werden. Mit einer
statt-dessen ein-ge-führten Meldepflicht schliesslich wäre das
Bankgeheimnis tangiert, womit der schweizeri-sche Finanzplatz ebenfalls
einen nicht zu unterschätzenden Vorteil verlieren würde.

Das Ertragspotenzial einer im Sinne der Initiative ausgestalteten
Kapitalgewinnsteuer kann auf-grund von Vergleichen mit dem Ausland sowie
von Hochrech-nungen zurückliegender kanto-naler Ergebnisse in guten
Börsenzeiten auf höchstens 100 bis 400 Millionen Franken geschätzt
werden.

Ablehnung der Initiative ohne Gegenvorschlag

Der Bundesrat lehnt die mit der Volksinitiative geforderte
Kapitalgewinnsteuer ohne Gegenvor-schlag ab. Eine solche Steuer würde
u.a. mit der Vermögenssteuer kollidieren, wäre finanziell
ver-gleichsweise unergiebig und administrativ aufwändig. Die Konferenz
der Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren der Kantone sowie die
Konferenz Staatlicher Steuerbeamter stimmten dem Bot-schaftsentwurf zu.
Entsprechend dem Finanzleitbild vom 4. Oktober 1999 und den Beschlüssen
vom 13. März 2000 zu dessen Umsetzung fasst jedoch der Bundesrat
Korrekturen an der gel-ten-den Steuerfreiheit der privaten
Kapitalgewinne im Rahmen einer gleichzeitigen Reform des
Unter-nehmungssteuer-rechts ins Auge; dabei will er u.a. auch die
Einführung einer Beteiligungs-ge-winnsteuer unter Milde-rung der
wirtschaftlichen Doppelbelastung prüfen. Er hat zu diesem Zweck am 31.
Januar 2000 die Expertenkommission rechtsformneutrale
Unternehmensbesteue-rung eingesetzt. Für das vor-geschlagene Vorgehen  -
die Beteiligungsgewinnsteuer nicht als einen indirekten Gegenvorschlag
zur Initiative in die Botschaft zu integrieren -  sprechen zeitliche
Gründe. Es ist nicht möglich, die notwendigen Abklärungen bis zur
Verabschiedung der Botschaft über die Initiative abzuschliessen.

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst

Auskunft:
Niklaus Sommerer, Eidg. Steuerverwaltung, 031 / 322 73 69
Hans-Jürg Neuhaus, Eidg. Steuerverwaltung, 031 / 322 74 21

 Weiterführende Informationen zu aktuellen Medienmitteilungen finden Sie
im "Hot Spot" auf unserer Website: www.efd.admin.ch.

25.10.2000