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Bundesfinanzen: Schweiz im Verhältnis zur EU unterschätztBundesfinanzen: Schweiz im Verhältnis zur EU unterschätztBundesfinanzen: Schweiz im Verhältnis zur EU unterschätztBundesfinanzen: Schweiz im Verhältnis zur EU unterschätzt

Medienmitteilung

Bundesfinanzen: Schweiz im Verhältnis zur EU unterschätzt

Parallel zum wirtschaftlichen Aufschwung beginnt sich in der Schweiz
eine zunehmende Gleichgültigkeit der Bevölkerung gegenüber
Bundeshaushalt und Sparbewusstsein abzuzeichnen. Das geht aus der vom
Eidg. Finanzdepartement in Auftrag gegebenen Umfeldanalyse zur
Finanzpolitik hervor. Nach wie vor werden die Steuerunterschiede
zwischen den Kantonen als stossend empfun-den und weiterhin wird auch
der Steuerstandort Schweiz im europäischen Umfeld unterschätzt.
Geringfügig zugenommen hat das Vertrauen in die Zukunft der AHV.
Abgesehen von der Bekanntheit der Massnahmen zur Be-kämpfung von
Missbräuchen des Bankgeheimnisses hat die Kenntnis präziser Fakten im
Vergleich zu den Vorjahren leicht abgenommen. Generell vertieft hat sich
der Wissensgraben zwischen der Deutsch- und der Westschweiz; in der
Romandie stossen Sachfragen zunehmend auf Desinteresse, und Fakten
werden von Prädispositionen, also von vorbestimmten Einflüssen,
überblendet. Im untersuchten Zeitraum stand die Finanzpolitik nicht im
Brennpunkt einer Abstimmung, hingegen wurden die Steuern im Wahlkampf
thematisiert.

Eine im Auftrag des EFD vom Institut Demoscope durchgeführte und von
Dualis ausgewertete Analyse zu Wissen und Einstellungen der Bevölkerung
zur Finanzpolitik zeigt im Vergleich zum Vorjahr insgesamt stabile
Resultate. Mehr als ein Viertel der Befragten kennt die Höhe der
Bundesschulden genau (27% gegenüber 31% im Vorjahr). Wesentlich
deutlicher vergrössert hat sich die Anzahl jener, die diese Frage nicht
beantworten können oder wollen: gesamtschweizerisch sind es 28%, davon
20% in der Deutschschweiz und 52% in der Westschweiz (gar 60% sind es
bei den Westschweizer Frauen). Dies lässt auf ein wachsendes
Desinteresse am Zustand der Bundesfinanzen schliessen.

Die Schulden von 100 Milliarden Franken kosten den Bund pro Jahr rund
3,5 Milliarden Zinskosten. Vor diesem Hintergrund lehnten letztes Jahr
für den Fall, dass der Staat mit seinen Mitteln nicht auskommt, noch 84%
jede weitere Verschuldung ab und nahmen, wenn nicht Steuererhöhungen
(16%), so doch Leistungskürzungen (42%) in Kauf. Dieses Jahr nehmen 21%
eine weitere Verschuldung in Kauf (1999: 16%), während die Bereitschaft
zu Leistungskürzungen um 10 Prozentpunkte auf 33% gesunken ist. Auch
hier fällt auf, dass in der Westschweiz die relativ grösste Gruppe eine
weitere Verschuldung (32%) jeglichen Sparbemühungen vorzieht (22%),
während es in der Deutschschweiz gerade umgekehrt ist
(Leistungskürzungen: 37%, Verschuldung: 17%).
 Die Bereitschaft zu Abstrichen bei staatlichen Leistungen und zum
Sparen hat abgenommen, jene zur Neuverschuldung ist gestiegen. Dies wird
in der Analyse als signifikante Mentalitätsverschiebung bewertet. Der
wirtschaftliche Aufschwung scheint für viele auch als Signal der
Entwarnung für die Bundesfinanzen zu gelten.

AHV-Vertrauen bei Rentnern gestiegen

Die künftige Finanzierung leistungsfähiger Sozialwerke ist ein
Schwerpunkt auch der Finanzpolitik. Die Frage nach der subjektiven
Einschätzung der künftigen Sicherheit der AHV-Renten wurde einerseits
jenen gestellt, die heute noch nicht im Rentenalter sind. Andererseits
wurden die heutigen Rentenbezüger gefragt, ob sie die AHV auch für
künftige Generationen für gesichert halten. Das Resultat ist leicht
optimistischer als im Vorjahr. Die Frage spaltet die Schweiz aber nach
wie vor in grosse Blöcke von Zweiflern und Optimisten.

Von jenen, die das Rentenalter noch nicht erreicht haben, sind 38%
(Vorjahr: 35%) optimistisch, 48% gehen nicht von gesicherten Renten aus
und 15% äussern sich nicht. Dabei verhalten sich die relativen
Mehrheiten in den beiden untersuchten Sprach-regionen gerade umgekehrt:
knapp die Hälfte der Deutschschweizer zweifelt an gesicherten Renten,
während in der Westschweiz die Zuversicht überwiegt (43%). Am stärksten
zweifelt die jüngere der berufsaktiven Generationen (25-39jährige) an
der AHV-Sicherheit: fast 60% sind skeptisch, ob sie dereinst auf die AHV
zählen können. Ein optimistischeres Bild zeichnen jene, die heute
bereits Rente beziehen. Von ihnen sehen genau die Hälfte die AHV auch
für künftige Generationen als gesichert an. Das ist ein optimistischeres
Signal als 1999 (44%); 39% zweifeln daran, 11% sind insofern skeptisch,
als dass sie der Frage ausweichen.

Anders präsentiert sich - wie schon im Vorjahr - das Vertrauen in die
Pensionskassen: 53% der künftigen Bezüger sind zuversichtlich, nur
gerade 17% zweifeln an der Sicherheit. Dabei ist die Zuversicht in der
Deutschschweiz mit 56% ausgeprägter als in der Westschweiz (43%), wo das
Vertrauen in die staatliche AHV etwa gleich gross ist wie jenes in
private Pensionskassen. Bei den Bezügern sind die Anteile noch
aus-geprägter (59% Zuversicht, 19% Zweifel, 22% keine Antwort bzw.
Unentschlossen-heit). Gegenüber dem Vorjahr hat die “aktive
Verunsicherung” abgenommen (von 25% auf 19%).

Preis-/Leistungsverhältnis des Bundes akzeptiert

Stabil sind die Resultate auch bei den Fragen zu den Steuern geblieben.
Allerdings lässt die häufigere Unentschlossenheit auf eine wachsende
Skepsis schliessen. Das Steuersys-tem und die Höhe der Steuern standen
im Wahlherbst 1999 und bis im Frühjahr 2000 (Zeitpunkt der Befragungen)
im Zentrum häufiger Kritik.

 Gefragt nach der Zufriedenheit mit dem Verhältnis zwischen Steuern und
vom Staat erbrachten Leistungen taxieren 58% das
Preis-/Leistungsverhältnis als annehmbar. 18% (1999: 17%) sind ganz
zufrieden, für 40% (48%) ist die Gegenleistung des Staates gemessen an
den Steuern verhältnismässig. Wie im Vorjahr ist ein Viertel
unzufrieden. Der Verlust an Zufriedenheit (minus 8 Prozentpunkte)
schlägt dabei nicht als wachsende Unzufriedenheit zu Buche, sondern als
wachsende Unentschlossenheit. Auch hier sind zwischen Deutschschweiz
(64% relative Zufriedenheit) und der Westschweiz (40%) bedeutende
Unterschiede feststellbar.

Stossende Steuerunterschiede

Genau wie im Vorjahr sprechen sich 60% der Befragten für einen in der
ganzen Schweiz einheitlichen Steuersatz aus. Von den übrigen 40%
sprachen sich bei vernachlässigbar wenigen Antwortverweigerungen (2%)
27% für Unterschiede in einer festgelegten Bandbreite und 11% für
beliebige Unterschiede aus - diese Differenzierung wurde erstmals
befragt. Hingegen wurde bewusst darauf verzichtet, die Frage mit
Hinweisen auf mögliche Folgen für die Steuerzahlenden oder für die
Intensität des Finanzausgleichs zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden zu
stützen. Die Inter-pretation des Resultats lässt den Schluss zu, dass
Vor- und Nachteile einer einheitlichen (60%) oder unterschiedlichen
Besteuerung (38%) einer intensiven öffentlichen Diskussion bedürfen. Die
Westschweiz befürwortet die Einheitlichkeit stärker (66%) als die
Deutschschweiz (58%).

Wer begrenzte oder beliebige Unterschiede befürwortet, tut dies
vorwiegend, um den Unterschieden zwischen den einzelnen Kantonen
Rechnung zu tragen (62%). Leicht gestiegen ist der Anteil jener, die im
Steuerwettbewerb Anreize für ein tieferes Steuerniveau sehen (28% [nur
15% in der Westschweiz]; 1999: 24%).

Müsste der Bund die Steuern erhöhen würde eine relative Mehrheit (26%)
dies bei der Mehrwertsteuer gutheissen. Nur 17% würden dies bei der
direkten Bundessteuer befürworten. Diese Resultate sind gegenüber dem
Vorjahr stabil, obwohl in der 2000er-Analyse neu auch die Einführung
einer neuen direkten oder einer neuen indirekten Steuer (z.B.
Kapitalgewinnsteuer) zur Auswahl gestellt wurden.

Ruf als Steuerstandort schlechter als die Wirklichkeit

Die Steuerbelastung in der Schweiz wird schlechter eingestuft als sie
wirklich ist. Obwohl der Steuerstandort Schweiz zu den
Kommunikations-Schwerpunkten des EFD gehörte, hat sich der objektive
Wissensstand im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert. 54% sehen die
Schweiz im Vergleich zur durchschnittlichen Steuerbelastung in der EU
nicht im Vorteil: die grösste Gruppe (32%) stuft die Steuerbelastung in
der Schweiz höher ein, 22% setzen Schweiz und EU-Schnitt gleich. Nur 27%
kennen Relationen (Fiskalquote Schweiz 1999  = 35,1%; EU-Schnitt 1999
gemäss OECD = 43,3%). Eine dramatische Fehleinschätzung der Lage ist in
der Westschweiz festzustellen: hier wissen nur 14% um den günstigeren
Steuerstandort Schweiz. Ähnlich präsentiert sich das Bild beim Vergleich
mit den Nachbarländern: Jeder Dritte vermutet tiefere Steuern in den
Nachbarstaaten, obwohl die Schweiz durchwegs eine tiefere Fiskalquote
aufweist. Je ein Viertel sehen den Vergleich ausgeglichen bzw. die
Schweiz im Vorteil. Auch hier wird die Lage der Schweiz in der
Westschweiz massiv unterschätzt: nur 11% geben die richtige Antwort, in
der Deutschschweiz sind es dreimal mehr. Zum Vergleich: die Fiskalquote
in der Schweiz betrug 1999 35,1%, in Frankreich 45,2%.

In diesem Kontext seien noch zwei Resultate erwähnt, die nicht  zur vom
EFD in Auftrag gegebenen Analyse gehören, sondern vom Institut Demoscope
in einer eigenen Umfrage erhoben werden: 44% glauben, dass ein
EU-Beitritt für natürliche Personen eher höhere Steuern zur Folge hätte
(Deutschschweiz: 50%; Westschweiz: 23%). Die Auswirkungen auf die
Unternehmen werden noch optimistischer eingeschätzt: 39% tendieren eher
zu einer Mehrbelastung (Deutschschweiz: 44%; Westschweiz: 23%). Dabei
handelt es sich um eine Einschätzungsfrage. Die Auswirkungen eines
EU-Beitritts auf die Steuern können nicht präzis beziffert und
zugeordnet werden. Im Integrations-bericht werden allerdings
Kostenfolgen in der Grössenordnung von 3-4 Milliarden Franken pro Jahr
erwartet, was auf ein tendenziell höheres Steuerniveau schliessen lässt.

Über zwei Drittel für Bankgeheimnis

Das Bankgeheimnis soll gemäss einer massiven Mehrheit (68%, 1999:73%)
beibehalten werden. Die etwas tiefere  Zustimmung zum Bankgeheimnis
lässt nicht den Umkehr-schluss zu, dieses würde verstärkt abgelehnt. Wie
schon 1999 lehnen auch 2000 bloss 19% das Bankgeheimnis ab, hingegen
nimmt die Zahl der Unentschlossenen leicht zu. Gegenüber dem Vorjahr
skeptischer ist die Westschweiz (2000: 63% Zustimmung gegenüber 70% in
der Deutschschweiz, 1999 war das Verhältnis nahezu ausgeglichen). Die
Befragung fand im Vorfeld der OECD-Berichterstattung statt. Signifikant
verbessert hat sich der Wissensstand bezüglich der Grenzen des
Bankgeheimnisses. 63% der Befragten wissen, dass der diesbezügliche
Schutz der Privatsphäre in der Schweiz dann aufgehoben wird, wenn
Straftatbestände wie Diebstahl, Steuerbetrug oder Geld-wäscherei im
Spiel sind. 1999 waren darüber 60% noch nicht im Bild.

Zur EFD-Umfrage

Das EFD erhebt regelmässig den Wissensstand der Bevölkerung über
Kennzahlen der Finanzpolitik und über Zusammenhänge. Zur Klärung von
subjektiven Einschätzungen werden  auch ungestützte Fragen zu
Einstellungen gestellt. Beides wird über mehrere Jahre hinweg
verglichen. Der Mehrjahresvergleich soll primär Aufschluss über die
Entwicklung des Wissensstandes bei verschiedenen Zielgruppen geben. Die
repräsentative demoskopische Analyse wurde im Auftrag des EFD im
März/April im Feld erhoben und im Mai/Juni von Dualis ausgewertet. Es
wurden 1'031 Personen in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz
nach Sprachregion, Alter, Geschlecht, Bildung und Psychographie erfasst.
Das Tessin ist nicht berücksichtigt, weil frühere Resultate die
Anforderungen an die Repräsentativität nicht erfüllt hatten. Die Umfrage
ist auf der Internetseite des EFD publiziert ( http://www.efd.admin.ch
).

Auskunft:
Daniel Eckmann, Delegierter für Kommunikation EFD, 031 322 63 01 - für
Interessierte werden bei Bedarf die Resultate am Dienstag, 18. Juli 2000
um 10.30 Uhr im Zimmer 30, Bernerhof - Bundesgasse 3,  3003 Bern
zusätzlich erläutert.

Hinweis:
Alle erwähnten Interpretationen stehen im Einklang mit der Auswertung.

Eidg. Finanzdepartement
18.07.2000