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Familienzulagen/Bundeslösung: Stellungnahme des Bundesrates

Medienmitteilung 28. Juni 2000

Familienzulagen/Bundeslösung: Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hat Stellung ge-nommen zu einer Vorlage der Kommission für
so-ziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates, die ein Rahmengesetz
auf Bundesebene für die Familienzulagen vorschlägt. In der Diskussion steht
diesem Modell eine umfassendere Regelung gegenüber, wie sie bei der
Vernehmlassung zum Neuen Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen
vorgelegt wurde. Der Bundesrat begrüsst in seiner Stellungnahme zum
Kommissionsvorschlag eine Bundeslösung, denn damit können bestehende Lücken
geschlossen wer-den. So gibt es heute z.B. nur in zehn Kantonen
Familienzulagen für Selbstständigerwer-bende. Da die Familienzulagen in
gegen 50 Systemen auf Kantonsebene geregelt sind (mit Ausnahme der
Landwirtschaft), bestehen heute zudem grosse Unter-schiede von Kanton zu
Kanton auch bei der Höhe der Leistungen.

Vielfalt der Familienzulagenordnungen mit Lücken und unterschiedlichen
Leis-tungen
Das System der Familienzulagen in der Schweiz ist historisch gewachsen. In
den Dreissigerjahren haben Arbeitgeberverbände in der Westschweiz erste
Familien-aus-gleichskassen errichtet. Von 1943 bis 1965 erliessen alle
Kantone Familienzula-gen-gesetze. Seit 1945 hat der Bund die Kompetenz, die
Familienzulagen gesamt-schwei-zerisch zu regeln. Er hat das aber nur im
Bereich der Landwirtschaft getan, in-dem er 1952 das Bundesgesetz über die
Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG) erliess. Heute existieren in der
Schweiz an die 50 Familienzulagensysteme nebeneinander.

Sämtliche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind entweder einer der über 800
privaten Familienausgleichskassen (FAK) oder jener ihres Kantons
angeschlossen. Alle Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf
Kinderzulagen, die aus-schliess-lich von den Arbeitgeberinnen und
Arbeitgebern finanziert werden: Diese bezahlen auf der Basis der gesamten
Lohnsumme Beiträge und erhalten die von ihnen ausgerichte-ten
Familienzulagen von der FAK vergütet.

Die Beitragssätze sind von Kasse zu Kasse sehr verschieden. In gewissen
Kantonen wird grösseren oder Ge-samtarbeitsverträgen unterstehenden
Betrieben ermöglicht, sich von der Anschluss-pflicht an eine FAK befreien zu
lassen und die gesetzlichen Zulagen aus der eigenen Tasche zu bezahlen.
Daneben gibt es in zehn Kantonen Fa-milienzulagen für
Selbst-ständigerwerbende (AI, AR, GE, GR, LU, SG, SH, SZ, UR, ZG), wobei mit
Ausnahme von AR, GE und GR Einkommensgrenzen angewendet wer-den. Fünf
Kantone richten unter bestimmten Voraussetzungen Familienzulagen auch an
Nichterwerbstätige aus (FR, GE, JU, SH, VS).

Es bestehen von Kanton zu Kanton grosse Unterschiede bei den Leistungen,
beim Kreis der Anspruchsberechtigten sowie bei der Regelung von Fällen, in
denen beide Elternteile Anspruch auf Zulagen haben oder Eltern in Teilzeit
erwerbstätig sind. Der Betrag der Kinderzulage für das erste Kind variiert
zwischen 140 und 210 Franken pro Mo-nat. Für Kinder in Ausbildung werden bis
zu 378 Franken ausgerichtet.

Die parlamentarische Initiative Fankhauser und der Kommissionsentwurf
Nachdem alle bisherigen Bemühungen um eine Vereinheitlichung gescheitert
waren, verlangte 1991 eine parlamentarische Initiative Fankhauser erneut
eine Bundeslösung für die Familienzulagen: Für jedes Kind in der ganzen
Schweiz sollte eine Zulage von mindestens 200 Franken im Monat garantiert
sein.

Der von der Kommission vorgelegte Gesetzesentwurf geht weniger weit als die
parla-mentarische Initiative, die auf eine einheitliche Bundeslösung und
einen gesamt-schweizerischen Lastenausgleich abzielte. Vor allem aufgrund
der gegensätzlichen Auffassungen, die seinerzeit im Vernehmlassungsverfahren
zutage getreten waren, be-schloss die Kommission, lediglich ein Rahmengesetz
vorzulegen. Dieses beschränkt sich darauf, Mindeststandards zu setzen und
belässt den Kantonen ansonsten weitest-gehend ihre Gesetzgebungskompetenz.
Auch soll das Bundesgesetz über die Fami-lienzulagen in der Landwirtschaft
(FLG) bestehen bleiben.

Gemäss Kommissionsvorschlag sollen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
An-spruch auf volle Zulagen haben, auch im Falle einer
Teilzeitbeschäftigung. Der Grund-satz "für jedes Kind eine Zulage" wird so
für unselbstständig Erwerbstätige verwirklicht. Die Familienzu-lagen sol-len
auch an Selbstständige und an Nichterwerbstätige ausge-richtet werden. In
beiden Fällen sollen die Kantone den Anspruch aber davon abhängig machen
können, dass das Einkommen der Betroffenen die Einkommensgrenze für
Kleinbauern nach FLG (30'000 Franken jährlich plus 5000 Franken pro Kind und
Jahr) nicht übersteigt. Die vorgesehene Pflicht für Arbeitgebende, sich
einer Familienaus-gleichskasse anzuschlie-s-sen, bedeutet eine Verstärkung
der Solidarität. Für die Kin-der- und Ausbil-dungszula-gen wird ein
Mindestansatz von 200 bzw. 250 Franken fest-gelegt.

Gegenüber den heutigen Ausgaben von schätzungsweise 4 Milliarden Franken im
Jahr für Familienzulagen würden Mehrausgaben von 600 bis 900 Millionen
Franken entste-hen, je nachdem, ob die Kantone für Selbstständigerwerbende
und Nichterwerbstätige Einkommensgrenzen einführen oder nicht. Die Kantone
haben gemäss Kommissions-vorschlag bei der Regelung der Finanzierung einen
grossen Spielraum. Die Mehrkosten bei den Zulagen für die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer sollen durch Lohnpro-zente finanziert werden, wobei die
Kantone neben Arbeitgeber- auch Arbeitnehmerbei-träge vorsehen können. Die
Mehrkosten bei den Selbstständigerwerbenden und den Nichterwerbstätigen
sollen durch diese Personen selber und/oder durch die öffentliche Hand
getragen werden.

Vorschlag im Rahmen des neuen Finanzausgleichs
Die Regelung der Familienzulagen wurde auch in die Vorschläge zur Neuordnung
des Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen einbezogen, über die 1999
ein Ver-nehmlassungsverfahren durchgeführt wurde. Es wurde ein Entwurf für
eine umfas-sende Bundeslösung unterbreitet, welche für jedes Kind eine
Zulage garantiert und ei-nen gesamtschweizerischen Lastenausgleich
verwirklicht. Um eine kostenneutrale Lö-sung zu erhalten, wurden die Zulagen
bei 175 Franken pro Kind angesetzt. Der Entwurf sieht vor, dass die
Durchführung der Familienzulagen durch die Organe der AHV erfolgt und ein
selbstständiger Ausgleichsfonds gebildet wird.

Bundesrat für bundesrechtliche Regelung
Der Bundesrat befürwortet eine bundesrechtliche Regelung der
Familien-zulagen, sei es als umfassende Lösung (wie im Neuen
Finanzausgleich), sei es in Form eines Rah-mengesetzes. Sie ermöglicht das
Schliessen von Lücken und stellt eine Massnahme dar, um die wirtschaftliche
Lage der Familien zu verbessern und das Ar-mutsrisiko von Familien mit
Kindern zu vermindern. Eine Bundeslösung für die Fami-lienzulagen
ent-spricht auch dem Gesamtkonzept für die Regelung der sozialen Sicher-heit
nach den Grundsätzen des Neuen Finanzausgleichs. Die dort vorgeschlagene
Re-gelung der Familienzulagen geht allerdings weiter und ist umfassender als
der Entwurf der Kom-mission, sieht jedoch einen niedrigeren Mindestansatz
für die Zulagen vor. Der Bundes-rat ist der Meinung, dass die Vor- und
Nachteile der beiden Lösungsvorschläge auf po-litischer Ebene, im Parlament
und mit den Kantonen abgewogen und diskutiert werden müssen.

Für die parlamentarische Initiative Fankhauser wurde am "Runden Tisch" vom
6. April 1998 (Stabilisierungsprogramm 98) ein Moratorium vereinbart. Das
Geschäft soll bis zum Ausgleich des Bundeshaushaltes (Haushaltsziel 2001)
nicht verabschiedet wer-den. Bei Wiederaufnahme der Arbeiten an der
parlamentarischen Initiative werden die Bot-schaft zum Neuen Finanzausgleich
vorliegen und sich die weitere Entwicklung im Bereich der Familienzulagen
besser abschätzen lassen.

 EIDG. DEPARTEMENT DES INNERN
 Presse- und Informationsdienst

Auskünfte: Tel. 031 / 322 91 47
 Jost Herzog, Chef der
 Zentralstelle für Familienfragen
 Bundesamt für Sozialversicherung

Beilagen: - Stellungnahme des Bundesrates
 - Bericht der Nationalratskommission
 - Arten und Ansätze der Familienzulagen

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