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Besteuerung von Zinserträgen: Stellungnahme des Bundesrates

Besteuerung von Zinserträgen: Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hat von den Ergebnissen des ausserordentlichen
ECOFIN-Ministerrates und des Europäischen Rates von Santa Maria da Feira
vom 18./20. Juni 2000 zur Frage der Besteuerung von Zinserträgen
Kenntnis genommen. Demnach hat sich die EU zum Ziel gesetzt, die
Besteuerung von Zinserträgen spätestens ab 2010 durch ein automatisches
Meldeverfahren sicherzustellen. Die geplante Richtlinie will sie
spätestens Ende 2002 verabschieden, sobald seitens gewisser
Drittstaaten, darunter die Schweiz, hinreichende Zusicherungen bezüglich
gleichwertiger Maßnahmen vorliegen. Damit hat die EU ihre Lösung dieser
Frage wesentlich von der Mithilfe von Drittstaaten abhängig gemacht.

In einer ersten Beurteilung hält der Bundesrat fest, dass die vom
Ministerrat erzielte Einigung politischer Natur ist, deren konkrete
Umsetzung noch in wesentlichen Punkten offen ist. Diese betreffen
insbesondere den Einbezug der abhängigen oder assoziierten Gebiete, die
Ausgestaltung des Meldeverfahrens, die Höhe des Quellensteuersatzes und
die Verteilung der Steuereinnahmen. Der Bundesrat stellt fest, dass die
EU mit Drittstaaten "gleichwertige" Lösungen erzielen will und somit
anerkennt, dass das Ziel einer effektiven Besteuerung von Zinserträgen
mit koexistierenden Modellen auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden
kann.

Der Bundesrat teilt die Ansicht der EU, dass Kapitalerträge angemessen
zu besteuern sind. Deshalb kennt die Schweiz schon seit vielen Jahren
ein System der Quellenbesteuerung (Verrechnungssteuer), das zusammen mit
einer moderaten Einkommensbesteuerung eine effektive Besteuerung von
Kapitalerträgen sichert und gleichzeitig mit dem Bankgeheimnis die
Privatsphäre des Bürgers angemessen schützt. Für den Bundesrat kann es
nicht im Interesse der Schweiz liegen, Geschäfte anzuziehen, die darauf
ausgerichtet sind, eine allfällige neue EU-Regelung zu umgehen. Sollte
sich deshalb die EU auf den konkreten Inhalt einer Richtlinie einigen,
wäre die Schweiz bereit, unter Wahrung ihres Bankgeheimnisses nach Wegen
zu suchen, solche Umgehungen möglichst unattraktiv zu machen. Dabei
steht in Ergänzung zur Verrechnungssteuer die Prüfung einer
Zahlstellensteuer auf Zinsen ausländischer Kapitalanlagen im
Vordergrund; ein automatisches Meldeverfahren stellt hingegen für die
Schweiz keinen gangbaren Weg dar.

Die Bereitschaft der Schweiz, nach Lösungen zu suchen, setzt allerdings
auch voraus, dass das von der EU eingeführte System eine effektive und
umfassende Besteuerung der Zinserträge von EU-Bürgern gewährleistet.
Dieses sollte daher neben den EU-Ländern mit ihren angegliederten
Gebieten auch für die wichtigsten Finanzzentren ausserhalb der EU
gelten. Schliesslich müssten, der Ausgewogenheit wegen auch andere
hängige Fragen, die unser bilaterales Verhältnis mit der EU betreffen,
gleichzeitig gelöst werden.

Der Bundesrat wird nach Vorliegen des bereinigten Richtlinienentwurfs
eine erneute Lageanalyse vornehmen. Bei seiner Beurteilung wird er der
Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes und
Wirtschaftsstandorts Schweiz grösste Bedeutung beimessen.

Eidgenössisches Finanzdepartement  28. Juni 2000