Paket zur Stärkung von Wirtschaftsstandort und Grundversorgung
MEDIENMITTEILUNG
Paket zur Stärkung von Wirtschaftsstandort und Grundversorgung
Der Öffnung der Telecom- und Postmärkte begegnet der Bundesrat mit einem
Paket zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Post und Swisscom. Davon
profitieren der Service public und der Wirtschaftsstandort. Bis im Herbst
werden Gesetzesrevisionen mit folgenden Zielen ausgearbeitet: Der
Bundesrat soll seine Mehrheitsbeteiligung an der Swisscom im Bedarfsfall
verkaufen können, wobei befristete Kontrollrechte für eine
Minderheitsposition vorzusehen sind. Weiter soll die Post die
Grundversorgung aus eigener Kraft mit Hilfe einer Postbank finanzieren
können, die unter branchenüblichen Wettbewerbsbedingungen tätig ist. In
beiden Bereichen werden noch Abklärungen gemacht. Da die Liberalisierung
des Postmarkts und eine Privatisierung im Telecombereich negative
Auswirkungen haben können, sind bei ausgewiesenem Bedarf flankierende
regionalpolitische Massnahmen zu treffen.
Seit der Aufteilung der PTT in zwei selbständige Unternehmen im Jahr 1998
hat sich das wirtschaftliche Umfeld in ihren Branchen national und
international massiv verändert. Im Bereich der Post haben sich die Märkte
geöffnet. Weitere Liberalisierungen sind absehbar. Die Schweiz wird die
Monopolgrenzen senken müssen. Im Telecomsektor hat sich der weltweite
Wettbewerb in letzter Zeit massiv verschärft. Der unerbittliche
Kostendruck und der Zwang zu bedeutenden Investitionen führen zu einem
Konsolidierungsprozess, der sich noch beschleunigt. Will die Swisscom als
selbständiges Unternehmen längerfristig überleben, muss sie
Partnerschaften mit anderen international tätigen Unternehmen schliessen
können. Das verlangt zusätzlichen strategischen Handlungsspielraum.
Aus diesen Gründen sind für den Bundesrat rasche Weichenstellungen nötig,
damit die zwei Unternehmen im Interesse von Bevölkerung und
Volkswirtschaft erfolgreich bleiben können. Beim heutigen
Grundsatzentscheid konnte sich die Landesregierung auf umfangreiche
verwaltungsinterne Vorarbeiten abstützen.
Post: Neue Geschäftsfelder zur Sicherung der Grundversorgung
Die Post muss einerseits Eigenwirtschaftlichkeit erreichen und gleichzeitig
die flächendeckende Grundversorgung ohne staatliche Subventionen
sicherstellen. Andererseits muss sie sich auf den europaweiten Wettbewerb
vorbereiten. Nach Meinung des Bundesrates kann die Weiterentwicklung der
bestehenden Postfinance zu einer Postbank für das Überleben der Post in
einem liberalisierten Umfeld von erheblicher Bedeutung sein. Nur mit einem
umfassenden Angebot ist die Post in der Lage, ihre Kunden zu halten und
den e-Commerce erfolgreich auszubauen. Die Weiterentwicklung von
Postfinance ist eine Möglichkeit für die Sicherstellung der
flächendeckenden Grundversorgung mit einem breit gefächerten
Poststellennetz ohne zusätzliche staatliche Abgeltungen.
Selbstverständlich müssen für die Postbank genau die gleichen
Wettbewerbsbedingungen wie für die übrigen Banken gelten. Das bedeutet die
Gründung einer Aktiengesellschaft, die Unterstellung unter die
Bankengesetzgebung, den Verzicht auf Staatsgarantie sowie Absicherungen
gegen Quersubventionierung aus dem Monopolbereich. Als Entscheidgrundlage
will der Bundesrat eine Beurteilung von ordnungspolitischen Fragen, von
möglichen Auswirkungen auf die Brancheninfrastruktur sowie von
Zusammenarbeitsmodellen zwischen Post und Banken vornehmen lassen. Auch
die Abschaffung der Staatsgarantie auch für den Gesamtkonzern soll
vorgängig geprüft werden. Schliesslich sind die rechtlichen
Voraussetzungen (Revision des Postorganisationsgesetzes und allenfalls der
Bundesverfassung) für die Gründung einer Postbank zu klären.
Kein finanzrechtlicher, aber ein politischer Zusammenhang
Die Gründung einer Postbank setzt die Erhöhung des Dotationskapitals der
Post um über eine Milliarde Franken voraus. Auch die Refinanzierung der
Pensionskasse durch den Bund erfordert beträchtliche Mittel (ca. 5 Mrd.
Franken). Zwischen der Deckung dieser Finanzbedürfnisse und der Swisscom
-Privatisierung besteht zwar kein finanzrechtlicher, hingegen ein
politischer Zusammenhang: Ein allfälliger Verkauf der Swisscom-Mehrheit
ermöglicht so gesehen den Aufbau der Postbank und die Refinanzierung der
Post.
Der Mittelbedarf zur Finanzierung des Universaldienstes hängt ganz
entscheidend vom Tempo der weiteren Liberalisierungsschritte auf dem
Postmarkt ab. Deshalb will der Bundesrat bei der Vorbereitung des
Gesamtpakets den Fahrplan für die weitere Senkung der Monopolgrenze
miteinbeziehen. Vorsorglich müssen auch andere Massnahmen evaluiert
werden, welche die Finanzierung des Universaldienstes auch bei einer
weiteren Marktöffnung sicherstellen können:
- Leistungsvereinbarung zwischen Bund und Post, wobei die finanziellen
Abgeltungen nicht durch den Bund, sondern durch die Wettbewerber im
Postmarkt finanziert werden. Dies setzt die Lizenzierung der Wettbewerber
und die Erhebung entsprechender Abgaben voraus (Rechtsgrundlage im
Postgesetz vorhanden)
- Wenn die Erweiterung der Geschäftstätigkeit und das Lizenzierungssystem
nicht zum Ziel führen, könnte eine Leistungsvereinbarung nach dem Muster
der SBB ins Auge gefasst werden: Der Bund bestellt bei der Post gewisse
Grundversorgungsdienste, die über das rein unternehmerisch vertretbare
Mass hinausgehen, und leistet dafür eine finanzielle Abgeltung
(Subvention)
Schrittweise Senkung der Monopolgrenze absehbar
Die Postgesetzgebung und die strategischen Ziele des Bundesrates
verpflichten die Post, eigenwirtschaftlich zu sein und gleichzeitig die
flächendeckende Grundversorgung ohne staatliche Subventionen
sicherzustellen. Diesen Auftrag konnte die Post bisher gut erfüllen. Nicht
zuletzt deshalb, weil sie über einen wesentlich grösseren Monopolbereich
(bis 2 kg für Pakete) als die meisten anderen europäischen Länder (350 g)
verfügt. Angesichts der internationalen Entwicklung wird die Schweiz in
den kommenden Jahren aber den Postmarkt erheblich öffnen müssen. In der EU
wird für 2003 bereits die Senkung der Monopolgrenze auf 50 Gramm
diskutiert. Dies wird den Wettbewerbsdruck auf die Post massiv erhöhen.
Die Finanzierung des defizitären Poststellennetzes würde ohne
Gegenmassnahmen nicht sichergestellt.
Swisscom: Allianzfähigkeit durch Verzicht auf Bundes-Mehrheit
Die Mehrheitsbeteiligung des Bundes schränkt den strategischen
Handlungsspielraum der Swisscom ein. Während die Schweiz für das
Unternehmen zu klein ist, ist das Unternehmen als Nischenplayer zu gross
und zu wenig spezialisiert. Um im harten internationalen Wettbewerb
langfristig bestehen zu können (z. B. Investitionen in
Zukunftstechnologien, neue Märkte), muss die Swisscom allianzfähig werden.
Die heutige Mehrheitsbeteiligung verunmöglicht dies, weil die dem
Bundesrat für einen allfälligen Verkauf zur Verfügung stehenden 15 Prozent
des Aktienkapitals für eine enge Partnerschaft nicht ausreichen.
Kompetenz für Aktienverkauf bei Bundesrat
Der Bundesrat will die Vorarbeiten für eine Änderung des
Telekommunikationsunternehmungs-Gesetzes (TUG) an die Hand nehmen. Die
gesetzliche Verankerung der Mehrheitsbeteiligung des Bundes soll
aufgehoben und die Kompetenz zum Aktienverkauf an den Bundesrat delegiert
werden. Damit könnte er im Bedarfsfall schnell handeln und der Swisscom
ohne aufwendige Prozeduren Allianzen ermöglichen. Weiter soll das Gesetz
um spezielle, befristete Kontrollrechte ergänzt werden, die dem Bund auch
bei einer Minderheitsbeteiligung die Wahrung wichtiger Rechte erlaubt.
Damit kann er sich insbesondere im Falle einer Übernahme der Swisscom
durch andere Gesellschaften ein Vetorecht sichern. Dies ist von grosser
Bedeutung, weil für den Bundesrat die volkswirtschaftlichen Interessen
(technologisches know-how, wertschöpfungsintensive Arbeitsplätze) von
grosser Wichtigkeit sind. Nicht ausser Acht zu lassen ist, dass mit der
heutigen Mehrheitsbeteiligung des Bundes bei der Swisscom auch Risiken
verbunden sind.
Die Abgabe der Aktienmehrheit würde die landesweite Grundversorgung nicht
gefährden. Der sogenannte Service Public (vgl. Infoblatt) wird im
Fernmeldegesetz abgesichert. Eine Konzessionärin kann zur Erbringung der
entsprechenden Leistungen gesetzlich verpflichtet werden.
Flankierende Massnahmen für Randregionen
Sowohl die Privatisierung der Swisscom wie die weitere Liberalisierung des
Postmarktes können auch negative Auswirkungen auf einzelne
Bevölkerungsteile und Regionen haben (Stellenabbau, Auswirkungen auf
Randregionen, usw.) Deshalb sollen gezielte flankierende Massnahmen
besonders betroffene Regionen bei der Bewältigung einer schwierigen
Übergangphase unterstützen. Diese Massnahmen stützen sich auf das
bestehende regionalpolitische Instrumentarium und auf einen
Bedarfsnachweis. Die Finanzierung erfolgt auf dem ordentlichen Budgetweg.
Andererseits bietet die Liberalisierung auch Chancen für neue
Arbeitsplätze.
Zusätzlich bereitet der Bundesrat eine aus den Erträgen der SNB
-Goldreserven finanzierte Weiterbildungsoffensive im Informatik- und
Telekommunikationsbereich vor. Mit konkreten und situationsgerechten
Massnahmen verfolgt der Bundesrat das Ziel, die Chancen der
Liberalisierung zu nutzen und deren Risiken zu verringern.
Rasches Vorgehen
Der Bundesrat will angesichts der zeitlichen und inhaltlichen Priorität
rasche Entscheide auf Stufe Regierung und Parlament ermöglichen. Alle
erforderlichen Rechtsgrundlagen sollen in einem Gesamtpaket vorgelegt
werden. In diesem Sinn wurden UVEK und EFD beauftragt, bis im Herbst das
"Gesamtpaket Post/Swisscom" mit der skizzierten Stossrichtung zu
erarbeiten. Ziel ist es, den Botschaftsentwurf noch dieses Jahr in eine
konferenzielle Vernehmlassung zu geben.
Bern, 13. Juni 2000
UVEK Eidgenössisches Departement für
Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation
Presse- und Informationsdienst
EFD Eidgenössisches Finanzdepartement
Presse- und Informationsdienst
Auskünfte:
Hans Werder, Generalsekretär UVEK, Tel. 031 322 55 06
Peter Siegenthaler, Direktor Eidg. Finanzverwaltung, Tel. 031 322 60 51
Beilagen:
Fact sheet: Service public entspricht rechtlichem Auftrag
(http://www.uvek.admin.ch/doku/presse/2000/d/00061303.html)
Beilage 1: Service public: Gesetzliche Grundlagen (PDF-File, 23 KB)
(http://www.uvek.admin.ch/doku/presse/2000/d/00061304.pdf)
Beilage 2: Telecom: Stand der Liberalisierung in Europa (PDF-File, 9 KB)
(http://www.uvek.admin.ch/doku/presse/2000/d/00061305.pdf)
Beilage 3: Postbank in Europa (PDF-File, 8 KB)
(http://www.uvek.admin.ch/doku/presse/2000/d/00061306.pdf)