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Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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Bericht über Zulässigkeit von Parallelimporten patentgeschützter Waren gutgeheissen.

 

Am Mittwoch hat der Bundesrat den Bericht "Parallelimporte und Patentrecht" gutgeheissen. Der Bericht bildet die Antwort auf eine Anfrage der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates, die im Nachgang zum Bundesgerichtsentscheid i.S. Kodak SA vs. Jumbo-Markt AG vom 7. Dezember 1999 den Bundesrat um eine Stellungnahme zur nun vorherrschenden Rechtslage ersuchte.

Das Bundesgericht befand im ‚Kodak-Entscheid‘, dass es dem Patentinhaber möglich sei, sich gegen Parallelimporte seiner patentgeschützten Güter durch Dritte zu wehren. Im Unterschied zur traditionellen Lehre und Rechtsprechung im Patentrecht setzte das Bundesgericht dem Grundsatz der nationalen Erschöpfung* jedoch Grenzen, indem es erklärte, auf patentrechtliche Einfuhrmonopole sei das Kartellrecht anwendbar. Dennoch wird von verschiedener Seite ein Systemwechsel zur internationalen Erschöpfung** und damit zur Zulässigkeit von Parallelimporten patentgeschützter Güter gefordert.

Varianten einer gesetzlichen Regelung

Der gut 30 Seiten lange Bericht präsentiert und kommentiert u.a. die wesentlichen Varianten für eine gesetzliche Regelung der Problematik ‚Parallelimporte und Patentrecht‘. Die Optionen reichen vom status quo bis hin zur uneingeschränkten Zulassung von Parallelimporten. Dabei wird deutlich, dass die Zulassung von Parallelimporten und die Erschöpfung von Patentrechten eine komplexe und vielschichtige Problematik darstellt. Die Anwort wird nicht nur von erheblicher patentrechtlicher, sondern auch von grosser wettbewerbs- und polizeirechtlicher sowie wirtschafts-, integrations- und innovationspolitischer Bedeutung sein. Zu berücksichtigen sind zudem die internationalen Verpflichtungen der Schweiz und das internationale Umfeld.

Aus einer rein wirtschaftstheoretischen Sichtweise mag die Zulassung von Parallelimporten in nicht regulierten Märkten angezeigt sein. Ob damit die aus Konsumentensicht erwünschten Preisvorteile aber auch langfristig und in staatlich regulierten Märkten (z.B. bei Arzneimitteln) erreicht werden können, ist fraglich. Anstelle von Parallelimporten bieten sich hierfür andere Mittel an, so etwa die vom Bundesgericht aufgezeigte kartellrechtliche Eindämmung von Wettbewerbsbehinderungen oder die Überprüfung der staatlichen Preisregulierung. Ebenfalls in die Gesamtwürdigung miteinzubeziehen ist die volkswirtschaftliche Bedeutung des Patentschutzes in der Schweiz. Unser Land hat weltweit die höchste Patentdichte, und der Schutz des geistigen Eigentums hat für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz eine grosse Bedeutung. Im Übrigen kennt ausser Hong Kong und Argentinien kein anderes Land das Prinzip der internationalen Erschöpfung.

Schlussfolgerung: Befürworten des status quo im Patentrecht

Nach gründlicher Analyse und Abwägung aller Interessen bekennt sich der Bundesrat zum Prinzip der nationalen Erschöpfung im Patentrecht kombiniert mit einem kartellrechtlichen Korrektiv. Er empfiehlt daher, von einer Revision des Patentgesetzes mit Bezug auf die Erschöpfungsproblematik vorderhand abzusehen. Der Bundesrat ist jedoch bereit, noch in dieser Legislaturperiode weitergehende Abklärungen vorzunehmen. Die Ergebnisse sollen es erlauben, zuverlässige Aussagen über die für den Forschungsstandort Schweiz möglicherweise gewichtigen volkswirtschaftlichen Auswirkungen eines Systemwechsels in der Frage der Erschöpfung von Patentrechten zu treffen. Falls das Parlament einen dringenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht, gäbe der Bundesrat einer kartellrechtlichen Lösung den Vorzug. Damit liesse sich die missbräuchliche Behinderung von Parallelimporten gestützt auf Patentrechte verhindern.

 

Bern, 31. Mai 2000

 

Weitere Auskünfte:

Felix Addor, Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, Tel. 031 322 48 02

* Nationale Erschöpfung: Das Schutzrecht im Inland erschöpft sich, wenn die erste Inverkehrbringung der Ware durch den Patentinhaber (bzw. mit seinem Einverständnis) im Inland erfolgt. Wird die Ware nur im Ausland in Verkehr gebracht, so erschöpft sich das Schutzrecht im Inland nicht. Parallelimporte sind daher ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten.

** Internationale Erschöpfung: Das Schutzrecht im Inland erschöpft sich, gleichgültig ob die erste Inverkehrbringung durch den Patentinhaber (bzw. mit seinem Einverständnis) im Inland oder im Ausland erfolgt. Diesfalls dürfte eine im Inland patentierte Ware auch gegen den Willen des Patentinhabers in die Schweiz importiert werden, sobald sie mit seiner Zustimmung in einem beliebigen Drittland in Verkehr gebracht worden ist.