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SNB-Goldreserven: Verfassungsartikel und Gesetzesentwurf verabschiedet


PRESSEMITTEILUNG

SNB-Goldreserven: Verfassungsartikel und Gesetzesentwurf verabschiedet

Der Bundesrat hat heute die Verfassungsgrundlage für die Verwendung der
für die Geldpolitik nicht mehr benötigten 1300 Tonnen Gold der
Schweizerischen Nationalbank (SNB) sowie Gesetz und Botschaft für die
Stiftung solidarische Schweiz zu Handen des Parlaments verabschiedet.
Die Stiftung soll die ihr übertragenen Mittel (die Erträge aus der
Bewirtschaftung von 500 Tonnen Gold, maximal aber sieben Milliarden
Franken) zunächst während 30 Jahren ab Inkrafttreten des Gesetzes nutzen
können; die Nutzungsdauer ist verlängerbar. Für den Verfassungsartikel
ist die Zustimmung des Volkes und der Stände erforderlich, das Gesetz
untersteht dem fakultativen Referendum.

Der Bundesrat stellt sich klar und geschlossen hinter die Absicht, die
Stiftung solidarische Schweiz zu gründen. Es ist sein erklärter Wille,
die konkrete Ausgestaltung dieses grossen und wichtigen Erneuerungswerks
schweizerischer Solidarität nun rasch voranzutreiben. Heute hat die
Landesregierung die Gesetzesvorlage samt Botschaft mit den
entsprechenden Anpassungen sowie den Verfassungsartikel gutgeheissen.
Neben kleinen Änderungen im Botschaftstext - insbesondere der Einbezug
des Sportes als mögliches Wirkungsfeld der Stiftung - soll das Gesetz
die Finanzierung der Stiftung zunächst auf 30 Jahre befristen (Art. 23).
Nach Ablauf dieser Frist ist eine Verlängerung möglich.

Weit gefasste Solidarität

In der vorliegenden konkreten Ausgestaltung der Stiftung wird die
Solidarität bewusst offen verstanden und nicht auf einzelne Zielgruppen
beschränkt. Eine Einengung des Wirkungskreises aus heutiger Sicht könnte
Schwerpunkte ausschliessen, die in Zukunft von besonderem Wert sein
können. In erster Linie will sich die Stiftung auf Projekte
konzentrieren, die nachhaltig darauf hinwirken, dass Not, Gewalt und
Armut gar nicht erst entstehen. Damit unterscheidet sie sich von
Rettungs- und Hilfsaktionen, wie sie von zahlreichen kompetenten und
wichtigen Organisationen bereits wahrgenommen werden. Die Stiftung
unterstützt nicht einzelne Personen, sondern Projekte und arbeitet
partnerschaftlich mit deren Trägern zusammen. Auch will sie bereits
Bestehendes nicht ersetzen, sondern Lücken im sozialen Netz schliessen,
für die es sonst keine Finanzierung gäbe.

Beispiele praktizierter Solidarität

Die Offenheit für heute nicht absehbare Bedürfnisse ist eine Stärke, die
dem Stiftungs-Konzept in Fachkreisen hohe Glaubwürdigkeit verleiht.
Andererseits erschwert diese Offenheit naturgemäss die Anschaulichkeit,
weil man das Einsatz-Spektrum nicht auf konkrete Krisen oder
Einzelschicksale reduzieren kann. Dennoch können sinngemässe Beispiele
von Themen für mögliche Projekte genannt werden:
? Soziale und berufliche Eingliederung benachteiligter Familien
(Stichwort „neue Armut").
? Integration von Gewalt-Opfern, häufig Frauen und Kinder, in die
Gesellschaft.
? Bekämpfung armutsbedingter Krankheiten.
? Organisation sportlicher Veranstaltungen, um nach Konflikten
Mannschaften wieder zu friedlichem Wettstreit zusammenzuführen oder um
Kinder weg von der Strasse bringen zu helfen.
? Lehr- und Lernprogramme zur Förderung von Toleranz im Zusammenleben
verschiedener Kulturen, auch im Zusammenhang mit der
Flüchtlings-Problematik.
? Projekte zur Prävention von Genoziden, die dazu beitragen, dass
begangene Verbrechen gegen die Menschlichkeit nie vergessen gehen und
nie wieder geschehen.
? Prävention zunehmender Gewalt auf Pausenplätzen und Städten.
? Aufbau oder Wiederaufbau von Grundausstattungen, ohne die eine
Gesellschaft nicht aus eigener Kraft und in Frieden bestehen kann (zum
Beispiel Schulen,  Gesundheitssysteme, Versorgungsanlagen, Verwaltungen,
Kulturgüter oder Gerichte).

Alle diese Beispiele haben Wirkung in die Zukunft und achten auf die
Verbesserung und Sicherung des Umfelds, in dem Kinder heranwachsen. Über
Projekte im Rahmen des Stiftungszwecks wird ein unabhängiger
Stiftungsrat entscheiden.

Das Gesetz regelt auch die Arbeitsweise der Stiftung: Die
Stiftungsorgane werden durch den Stiftungsrat, seine Ausschüsse und die
Geschäftsstelle gebildet. Der Stiftungsrat erstellt alle vier Jahre ein
schwerpunktsetzendes Tätigkeitsprogramm, das die Grundlage der
Projektausschreibung bildet. Er verleiht auch den Solidaritätspreis und
entscheidet, ob Soforthilfe gewährt wird.

Hintergrund und Idee

Die Schweiz blickt auf über 150 Jahre Demokratie und Frieden zurück. Die
Solidarität nach innen und aussen hat in der Geschichte des Landes stets
eine prägende Rolle gespielt. Grosszügige Gesten nationaler und
internationaler Solidarität, die der Schweiz und ihrem Ruf hohes Ansehen
eingetragen haben, sind etwa die AHV oder die Mitwirkung beim
Internationalen Komitee vom Roten Kreuz. Die Stiftung solidarische
Schweiz setzt diese Tradition in neuer Form würdig fort. Angesichts
wachsender Armut und Gewalt im In- und Ausland  ist die Verwirklichung
dieses solidarischen Zukunftswerks für den Bundesrat eine moralisch
wichtige und sachlich gebotene Antwort.

Not muss nicht nur dort gelindert werden, wo sie aktuell und augenfällig
ist. Es braucht auch Massnahmen, die im übertragenen Sinn Brände nicht
erst löschen, sondern verhindern, dass (neue) Brände überhaupt
entstehen. Prävention kann dort ansetzen, wo unzulängliche Strukturen zu
neuem Leid oder zum Vergessen führen. Leid  nicht oder nicht mehr
entstehen zu lassen ist ein zentraler Gedanke der Stiftung solidarische
Schweiz. Diese Form der Prävention wirkt langfristig und nachhaltig,
auch wenn sie weniger spektakulär ist, als aktuelle Aktionen im
Blickfeld der Weltöffentlichkeit.

Aus grundsätzlichen Erwägungen ist der Bundesrat zur Überzeugung
gekommen, dass kommende Generationen selber beurteilen sollen, ob die
heute als richtig und nötig erachteten Prioritäten weiterhin Gültigkeit
haben. In der Befristung sieht der Bundesrat zudem einen Anreiz für die
Stiftung, ihre Mittel vorbildlich einzusetzen.

Bestandteil der Vorlage ist der Verfassungsartikel über die Verwendung
des Erlöses aus dem Verkauf von 1300 Tonnen Gold der Schweizerischen
Nationalbank. Es handelt sich dabei um eine Übergangsbestimmung zum Art.
99 der Bundesverfassung (Geld- und Währungspolitik). Über die Verwendung
der übrigen 800 Tonnen Goldreserven wird in wenigen Wochen eine
Vernehmlassung eröffnet. Die Zeitpläne erlauben die parlamentarische
Behandlung ab diesem und im nächsten Jahr, so dass eine Abstimmung ab
Mitte 2001 möglich wäre.

Zweck, Aufgaben und Leistungen der Stiftung

Art. 2, Zweck:

1 Die Stiftung will Solidarität im In- und Ausland stärken.
2 Sie will die Ursachen von Armut, Not und Gewalt bekämpfen und deren
Folgen lindern.
3 Sie will die Betroffenen bei der Gestaltung einer menschenwürdigen
Zukunft unterstützen.

Art. 3, Aufgaben:

1 Die Stiftung hat folgende Hauptaufgaben:
a. Sie trägt zur Verhütung der Ursachen und zur Linderung der Folgen von
Armut und Ausgrenzung bei. Sie fördert Integration und befähigt die
betroffenen Personen zur Eigenverantwortung.
b. Sie trägt zur Verhütung der Ursachen und zur Linderung der Folgen von
Gewalt, Menschenrechtsverletzung und Völkermord bei. Sie fördert das
einvernehmliche Zusammenleben und unterstützt Verständigung und
Versöhnung.
c. Sie hilft beim Aufbau von Strukturen einer funktionsfähigen und
demokratischen Gesellschaft.
2 Bei ihrer Tätigkeit achtet die Stiftung insbesondere darauf, den
Kindern und Jugendlichen Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten zu
eröffnen.

Art. 4, Leistungen

1 Die Stiftung:
a. unterstützt Projekte von staatlichen und nicht-staatlichen
Institutionen und Organisationen; sie leistet keine Einzelhilfe.
b. leistet in ausserordentlichen Notsituationen Soforthilfe, wenn diese
nicht anderweitig gewährleistet wird.
c. verleiht periodisch einer oder mehreren Institutionen oder
Organisationen den Solidaritätspreis als Anerkennung für besondere
Leistungen im Sinne des Stiftungszweckes.
2 Es besteht kein Rechtsanspruch auf Leistungen der Stiftung.

? Der vollständige Gesetzestext sowie die Botschaft sind abrufbar unter
www.efd.admin.ch o

EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst

Auskunft: Daniel Eckmann, Delegierter für Kommunikation EFD, Tel. 031 /
322.63.01

17.5.2000