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Erziehung ausgedient oder neu entdeckt?

3003 Bern, 18. März 2000

Medieninformation

Frühjahrstagung 2000 der Militärischen Führungsschule in Zürich

"Erziehung - ausgedient oder neu entdeckt?"

Die Militärische Führungsschule widmete ihre diesjährige Frühjahrstagung in
Zürich dem Thema "Erziehung - ausgedient oder neu entdeckt?". Die
Solothurner Regierungsrätin Ruth Gisi, der Freiburger Universitätsprofessor
Fritz Oser und der Chef Heer, Korpskommandant Jacques Dousse, beleuchteten
die Erziehungsfrage aus politischer, wissenschaftlicher und militärischer
Sicht.

Vielfach tun sich Entscheidungsträger in Bildungsinstitutionen schwer mit
dem Erziehungsbegriff. Eltern, Lehrpersonen und militärische Führungskräfte
sind verunsichert, ob man überhaupt noch erziehen darf, kann oder gar wieder
erziehen muss. Deshalb lautete das Thema der diesjährigen Frühjahrstagung
der Militärischen Führungsschule (MFS) an der ETH Zürich "Erziehung -
ausgedient oder neu entdeckt".

In einer Milizarmee stützt sich die militärische immer auf die zivile
Erziehung. Aus diesem Grund beleuchteten Regierungsrätin Ruth Gisi,
Erziehungsdirektorin des Kantons Solothurn, Fritz Oser, Professor an der
Universität Freiburg, und Korpskommandant Jacques Dousse, Chef Heer, die
Erziehungsfrage aus politischer, wissenschaftlicher und militärischer Sicht.
Tagungsleiter war Prof. Dr. Rudolf Steiger, Vizedirektor und Dozent für
Menschenführung an der MFS, die von Divisionär Hansruedi Ostertag geführt
wird.

Frage nach der erzieherischen Legitimation stellt sich immer neu
"Die Einflussmöglichkeiten und Einflussnahmen des Staates enden
selbstverständlich nicht mit der obligatorischen Schulzeit", ist Ruth Gisi,
seit 1997 Regierungsrätin des Kantons Solothurn und Vorsteherin des
Erziehungsdepartementes, überzeugt. Die in der Verfassung normierten
staatlichen und damit gesamtgesellschaftlichen Ziele bräuchten, sollten sie
im Alltag Realität werden und bleiben, immer wieder entsprechendes
Engagement.  Auch für den Staat stelle sich die Frage nach der
erzieherischen Legitimation immer wieder neu. Laut Gisi sind die Grenzen der
staatlichen Erziehungsberechtigung zumindest doppelter Natur. Erstens müsse
das Kind, der Jugendliche oder Erwachsene nicht als Objekt, sondern als
Subjekt ernst genommen werden. "Zweitens ist die Erziehungsberechtigung
abhängig vom zugrundeliegenden Staatskonzept." Die Regierungsrätin ist der
Ansicht, dass die Eltern nur einen Teil der Erziehungsarbeit leisten können
und müssen, dass auch Staat, Wirtschaft und Gesellschaft gefordert sind.
Entlastend sei das Wissen, dass Erziehung immer auch - und mit
fortschreitendem Alter zunehmend - Selbsterziehung des Individuum bedeute.

Subtiler Umgang mit Fehlern
Fritz Oser ist seit 1981 Professor für Pädagogik und Pädagogische
Psychologie, Direktor des Pädagogischen Institutes und seit 1998 Präsident
des Departementes Erziehungswissenschaften der Universität Freiburg. Einer
seiner Forschungsschwerpunkte betrifft die Frage, ob Menschen aus Fehlern
lernen. Oser ist der Überzeugung, dass ein subtiler Umgang mit Fehlern dazu
führen kann, dass der gleiche Fehler nicht ein zweites Mal gemacht wird,
dass der Mensch gleichsam ein inneres Warnsystem aufbaut. Das sogenannt
negative Wissen - die Erkenntnis, was etwas nicht ist oder wie etwas nicht
funktioniert - des Menschen komme genau dann zum Tragen, wenn er wiederholt
in ähnliche Situationen gerate. Als Hypothese nimmt der Referent an, dass in
militärischen Ausbildungssystemen zwar positives Wissen aufgebaut und
transferiert, das negative Wissen jedoch nicht im gleichen Masse ermöglicht
wird.

Die Persönlichkeit des Soldaten in die Gruppe integrieren
Gemäss Korpskommandant Jacques Dousse, seit 1997 Chef Heer der Schweizer
Armee, muss militärische Erziehung das Ziel verfolgen, den Menschen und sein
Wissen und Können an die Anforderungen des militärischen Lebens anzupassen.
Sie müsse mit Vorbildern und Üben dafür sorgen, dass Haltung und Benehmen
des Armeeangehörigen mit dessen Funktion übereinstimmen. Denn Dousse ist der
Meinung, dass Erziehung nicht auf Zwang basieren darf. "Wir müssen unsere
Soldaten davon überzeugen, dass die militärischen Formen lediglich Mittel
zur Umsetzung der militärischen Erziehung sind." Es gehe darum, die
Persönlichkeit des Soldaten in die Gruppe zu integrieren, und nicht, aus der
"zivilen" eine "militärische" Persönlichkeit zu formen. Die Kenntnisse auf
den neusten Stand bringen, die Methoden verfeinern, die Erzieher
entsprechend bilden und die Empfänger überzeugen, könnte laut dem
Korpskommandanten der militärischen Erziehung von morgen zum Erfolg
verhelfen.

 EIDGENÖSSISCHES DEPARTEMENT FÜR VERTEIDIGUNG,  BEVÖLKERUNGSSCHUTZ UND SPORT
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